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GLOBAL/012: UN-Biodiversitätskonferenz droht an deutscher Pharmalobby zu scheitern (FUE)


Forum Umwelt & Entwicklung

Gemeinsame Pressemitteilung von BUND, DNR, EED, Forum Umwelt & Entwicklung, Global Nature Fund, Greenpeace, IFAW, NABU, World Future Council - Nagoya, 26.10.2010

UN-Biodiversitätskonferenz droht an deutscher Pharmalobby zu scheitern


Die UN-Biodiversitätskonferenz im japanischen Nagoya hängt am seidenen Faden und droht zu scheitern. Viele der Teilnehmer sprechen schon von einem zweiten Kopenhagen. Nun müssen die anreisenden Minister den Verhandlungen neues Leben einhauchen. Weitreichende Kompromissbereitschaft ist gefragt, wenn es bei den Schlüsselthemen, einer fairen Regelung zur Nutzung genetischer Ressourcen zum Stopp der Biopiraterie sowie der Finanzierung des Biodiversitätsschutzes vorangehen soll.

"Insbesondere Deutschland steht auf der Bremse, blockiert die Verhandlungen und hat sich dadurch international isoliert. Von der Vorreiterrolle, die Deutschland so gerne für sich beansprucht, ist hier nichts zu sehen", sagt Jürgen Maier vom Forum Umwelt und Entwicklung. Das wird Deutschland aber nur gelingen, wenn es beim Protokoll zum Stopp der Biopiraterie auch einen Schritt auf die Entwicklungsländer zugeht. Vom erfolgreichen Abschluss dieses Protokolls hängen alle anderen Beschlüsse ab, es wird sonst keinen weitreichenden Artenschutz geben, das haben die Entwicklungsländer deutlich gemacht.

In den Biopiraterieverhandlungen wird die Zeit immer knapper. Inzwischen hat die EU ihre Blockadehaltung verstärkt. Sie wendet sich gegen effektive Instrumente, um Biopiraterie in den EU-Staaten tatsächlich verfolgen zu können. "Die EU kämpft hier nicht für ein Protokoll, das Biopiraterie wirksam bekämpft, sondern für die Interessen der europäischen Wirtschaft an den genetischen Ressourcen der Entwicklungsländer", sagt Michael Frein vom Evangelischen Entwicklungsdienst (EED).

Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): "Bundeskanzlerin Angela Merkel darf nicht zulassen, dass ihre Politik von den FDP-Ministern Brüderle und Rösler im Interesse einzelner deutscher Pharmakonzerne unterlaufen wird, welche sich kostenlos die natürlichen genetischen Ressourcen anderer Länder aneignen wollen. Oder will Merkel aus Angst vor dem Koalitionspartner und der Pharmalobby nach einer erfolgreichen deutschen Präsidentschaft für die Konvention über die biologische Vielfalt nun für das Scheitern des Biodiversitätsgipfels in Nagoya verantwortlich sein? Wenn die UN-Biodiversitätskonferenz an deutscher Klientelpolitik der FDP scheitert, wäre das ein irreparabler Schaden für die gesamte Weltgemeinschaft."

Auch stellen die Entwicklungsländer zu recht immer wieder die Frage, wie sie die diskutierten weitreichenden Schutzziele eigentlich finanzieren sollen. "Die Europäer müssen in Nagoya zusätzliche Mittel in Aussicht stellen, sonst wird die 2020-Strategie zum Stopp des Artensterbens keine Chance haben. Deutschland hat hier bereits erste Schritte gemacht, jetzt müssen vor allem die anderen EU-Regierungen nachlegen" sagt NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.

"Dabei wäre es doppelt wirksam, den Anteil der umweltschädlichen Subventionen für Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität umzuwidmen. Die großen Finanzlücken für die notwendigen weltweiten Schutzmaßnahmen könnten durch die Umwidmung bereits eines geringen Prozentsatzes der weltweiten jährlichen umweltschädlichen Subventionen von etwa 500 Milliarden US Dollar weitgehend gedeckt werden", sagt Generalsekretär Helmut Röscheisen vom Deutschen Naturschutzring.

Deutschland kann noch dazu beitragen die Verhandlung zum Ziel zu führen und unsere Lebensgrundlage, die biologische Vielfalt, sichern. Dafür muss sich die Bundesregierung jetzt einsetzen. "Die Konferenz startete bereits mit der alarmierenden Bilanz, weltweit wurde das Ziel den Verlust der biologischen Vielfalt bis 2010 einzudämmen, komplett verfehlt", so Peter Püschel vom International Fund for Animal Welfare (IFAW). "Aber nur wenn es uns gelingt bis 2020 den dramatischen Verlust der Artenvielfalt zu stoppen wird es eine lebenswerte Zukunft für Mensch und Natur geben. Die Regierungen haben die ökonomische, ökologische und ethische Verantwortung hier in Nagoya dafür die Weichen zu stellen."


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Quelle:
Pressemitteilung, 26.10.2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Oktober 2010