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ENERGIE/035: Kuba - Saubere Energien als Chance für die Zukunft (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 14. Februar 2012

Kuba: Saubere Energien als Chance für die Zukunft - Fortschritte trotz Finanzengpässen

von Patricia Grogg

Luis Bérriz hält eine komplette Umstellung auf Ökostrom für möglich - Bild: © Jorge Luis Baños/IPS

Luis Bérriz hält eine komplette Umstellung auf Ökostrom für möglich
Bild: © Jorge Luis Baños/IPS

Havanna, 14. Februar (IPS) - Bereits vor mehr als zehn Jahren hat Solarstrom den Alltag in mehreren kubanischen Bergdörfern verändert. Inzwischen gibt es andere erneuerbare Stromquellen, die sich als die besten Optionen für eine nachhaltige Energieversorgung des Inselstaates herausgestellt haben.

"Wenn die verfügbaren sauberen Energien auf der Welt unsere Konsumbedürfnisse übersteigen, warum sollten wir dann weiter die schmutzigen nutzen?" fragte Luis Bérriz, der Leiter von Cubasolar, einer Nichtregierungsorganisation, die sich für die Erzeugung erneuerbarer Energien einsetzt. Nach seinen Berechnungen entspricht die Energie durch Sonneneinstrahlung in Kuba der Menge von 50 Millionen Tonnen Erdöl pro Tag.

"Wenn wir die 1.000 Kilometer lange Nationalstraße mit Solarpanelen pflastern würden, könnten wir den gesamten Strom erzeugen, der zurzeit verbraucht wird. Und das alles ohne fossile Brennstoffe und ohne auch nur einen Quadratmeter Ackerland in Anspruch nehmen zu müssen", erklärte der Experte im Gespräch mit IPS. Niemand können die Sonne blockieren, sie gehöre allen, fügte er hinzu.


Klimawandel durch alternative Energien umkehren

In den Ohren von Bérriz klingt Anpassung an die Folgen des von anderen verursachten Klimawandels viel zu sehr nach "Konformismus". Die Industrieländer sind für 75 Prozent der weltweiten klimaschädlichen Treibhausgase verantwortlich.

Der Wissenschaftler plädiert daher dafür, vollständig auf saubere Energien umzusteigen. Dazu müsse man genug Know-how und neue Technologien entwickeln, um die Ressourcen zu nutzen, die in den jeweiligen Weltregionen zur Verfügung stünden. Neben der Ausbildung von Fachleuten gelte es ein öffentliches Bewusstsein für "faire und solidarische" Solarenergie zu schärfen.

Aus Wind-, Wasserkraft- und aus Zuckerrohr gewonnene Energie trug 2010 178,1 Gigawatt-Stunden zur der nationalen Elektrizitätsversorgung bei. Dies entspricht einer für vier Tage ausreichenden Strommenge, für deren Erzeugung ansonsten 46.000 Tonnen Öl nötig wären. Nach offiziellen Statistiken, die das Cubasolar-Magazin 'Energía y tú' veröffentlicht hat, sind in dem Karibikstaat derzeit 9.624 Solarpanelen, 8.677 Windräder, 6.447 Solarwärme-, 554 Biogas- und 173 Wasserkraftanlagen sowie vier Windenergieparks in Betrieb.


Programm zur Modernisierung der Wirtschaft

Experten werten es als gutes Zeichen, dass die Regierung stärker erneuerbare Energien nutzen will. Dies ist in einem 300-Punkte-Programm zur Modernisierung der Wirtschaft festgelegt, das im vergangenen April vorgestellt wurde. Bérriz ist davon überzeugt, dass Kuba alle Voraussetzungen dafür hat, bei dem Einsatz erneuerbarer Energien voranzukommen.

Die offiziellen Pläne sehen vor, die Windmühlenfabriken wiederzubeleben, die Herstellung von Hydraulikturbinen zu fördern und sich auf die Produktion von Solarpanelen im großen Stil zu verlegen, wie dies bereits in einem Programm zur Elektrifizierung ländlicher Regionen festgelegt wurde, das seit zehn Jahren umgesetzt wird. "Schneller kommen wir bei der industriellen Entwicklung nicht voran, da die finanziellen Möglichkeiten des Landes begrenzt sind", räumte Bérriz ein.

Andere Experten sind der Ansicht, dass Kuba einen speziellen Fördermechanismus benötigt, um die Einführung alternativer Generatoren zu beschleunigen und eine nachhaltige Energieentwicklung anzustoßen, die den Staat nicht übermäßig belastet. Man hofft, dass dadurch auch ausländische Investoren angezogen werden.

Der Wissenschaftler Carlo Moreno, der dem Cubasolar-Vorstand angehört, sieht in diesem Zusammenhang die Landkooperativen auf der Insel als Nische, die noch erschlossen werden müsse. Neben der Produktion und dem Verkauf von Lebensmitteln sieht er erneuerbare Energiequellen als weiteren Wirtschaftszweig.


Viele lateinamerikanische Staaten fördern erneuerbare Energien

In mehreren lateinamerikanischen Staaten, darunter Argentinien, Brasilien, die Dominikanische Republik, El Salvador, Mexiko und Nicaragua gelten bereits gesetzliche Bestimmungen, die finanzielle Zuschüsse für die Entwicklung umweltfreundlicher Energien vorsehen.

Laut Studien der Weltbank produziert die Region lediglich sechs Prozent der globalen Treibhausgasemissionen beziehungsweise 13 Prozent, wenn die Auswirkungen von Landwirtschaft und Entwaldung einbezogen werden. Dieser relativ geringe Anteil wird auf die verbreitete Nutzung von Wasserkraft zurückgeführt.

Ede Ijjasz-Vásquez, der Weltbank-Direktor für nachhaltige Entwicklung in Lateinamerika und der Karibik, erwartet in den nächsten 25 Jahren jedoch Veränderungen durch die zunehmende Industrieproduktion und einem größeren Verkehrsaufgebot. Wenn sich der bisherige Trend fortsetze, würden die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 in der Region um 33 Prozent pro Kopf ansteigen, erklärte er. Der globale Durchschnitt liege bei 24 Prozent. (Ende/IPS/ck/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Februar 2012