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CHEMIE/025: REACH-Review der EU-Kommission zu positiv? (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände
EU-Koordination

EU-News - Mittwoch, 06. Februar 2013 / Chemie & Nanotechnologie

REACH-Review der EU-Kommission zu positiv?



Die Europäische Kommission hat am Dienstag einen überwiegend positiven Rückblick auf die ersten fünf Jahre Gültigkeit der EU-Chemikalienverordnung REACH veröffentlicht. Chemikalien seien sicherer geworden, REACH stelle einen Motor für das Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie dar. Umweltverbände kritisieren den Review, weil er zu spät komme und zudem zu wenig Problembereiche untersuche.

"Durch leichteren Zugang zu Informationen über chemische Stoffe auf dem Markt und gezieltere Maßnahmen zum Risikomanagement sind die Risiken durch Stoffe, die im Rahmen von REACH erfasst sind, entscheidend gesunken", schreibt die EU-Kommission. Die Industrie sei außerdem kontinuierlich auf der Suche nach Ersatz für die gefährlicheren Substanzen. Inzwischen habe die Europäische Umweltagentur (ECHA) 30.601 Dossiers von Unternehmen registriert; darin sind die Anwendungen und Eigenschaften von 7.884 chemischen Stoffen beschrieben. Um die Kosten für die kleineren und mittleren Unternehmen zu verringern, will die EU-Kommission vorschlagen, die Registrierungsgebühren zu senken.

Das Europäische Umweltbüro (EEB) kritisierte, dass der Bericht acht Monate später als angekündigt veröffentlicht wurde und dass er statt fünf Problembereichen nur drei analysiert. Die Funktionsweise der ECHA sei nur oberflächlich untersucht worden. Das EEB selbst hatte zusammen mit der Umweltrechtsorganisation Client Earth im Oktober (EU-News 19.10.2012)[1] einen kritischen Blick auf fünf Jahre ECHA geworfen und der Behörde mangelnde Transparenz und übergroße Industriefreundlichkeit bescheinigt. In dem Review der EU-Kommission würden zwar Probleme angesprochen - beispielsweise die mangelnde Qualität der von Unternehmen eingereichten Dossiers - allerdings gebe es keinerlei Lösungsvorschläge. Auch werde nicht genug dafür getan, gefährliche Chemikalien durch ungefährliche Alternativen zu ersetzen. Bei der Überprüfung der Umsetzung von REACH schlage die EU-Kommission einen zusätzlichen "risikobasierten Ansatz" für die Identifizierung von besonders besorgniserregenden Substanzen vor. Das EEB hält dies für einen Verstoß gegen die Regeln von REACH und befürchtet, dass dies den Registrierungsprozess dieser gefährlichen Chemikalien weiter verlangsamen wird. Zurzeit seien nur 138 sehr gefährliche Stoffe identifiziert - dabei gebe es bereits bis zu 1.500 auf dem Markt. In diesem Tempo müssten die VerbraucherInnen wohl bis 2060 warten, bis alle Stoffe auf der Kandidatenliste für ein Verbot stünden. Auch bei Nanomaterialien sei die REACH-Verordnung weiterhin ungenügend, so das EEB.

Deutsche Umweltbehörden hatten vor kurzem Änderungen von REACH vorgeschlagen, um die Sicherheit von Nanomaterialien besser zu gewährleisten (EU-News 31.01.2013)[2]. Die EU-Kommission selbst kam bei ihrer Überprüfung zu dem Schluss, dass zwar einige Anpassungen der REACH-Verordnung erforderlich sind, aber keine größere Überarbeitung nötig sei. Die wichtigsten Ergebnisse laut EU-Kommission:

  • "Die Umsetzung von REACH kann verbessert werden, indem die Qualität des Registrierungsdossiers erhöht sowie die Verwendung von Sicherheitsdatenblättern als zentrales Risikomanagementinstrument weiterentwickelt wird und Fragen in Verbindung mit der Kostenteilung innerhalb der Foren zum Austausch von Stoffinformationen (Substance Information Exchange Forums - SIEF) geklärt werden.
  • Es ist Spielraum für die Verringerung der finanziellen und administrativen Belastung der KMU vorhanden, um die Verhältnismäßigkeit der Rechtsvorschriften zu gewährleisten und sie bei der Erfüllung all ihrer Verpflichtungen aus der REACH-Verordnung zu unterstützen.
  • Es gibt keine nennenswerten Überschneidungen mit anderen EU-Rechtsvorschriften.
  • Erhebliche Anstrengungen zur Entwicklung von Alternativen zu Tierversuchen wurden und werden unternommen: Seit 2007 hat die Kommission insgesamt 330 Mio. EUR zur Finanzierung der Forschung in diesem Bereich zur Verfügung gestellt.
  • Die Durchsetzung könnte verbessert werden. Da dies in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, wird den Mitgliedstaaten in der Überprüfung empfohlen, die Koordinierung untereinander zu verstärken.
  • Obwohl der Bericht einige Anpassungen in den Rechtsvorschriften als erforderlich erachtet, möchte die Kommission rechtliche Stabilität und Vorhersehbarkeit für die europäischen Unternehmen sicherstellen. Derzeit werden keine Änderungen an den wichtigsten REACH-Bestimmungen vorgeschlagen."

Die EU-Kommission will in den kommenden Monaten eine Konferenz zum Überprüfungsprozess organisieren. [jg]

Pressemitteilung der EU-Kommission
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-13-85_de.htm

MEMO/13/60 (Fünf Jahre REACH - Fragen und Antworten; englisch)
http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-13-60_en.htm

Gesamtbericht zu REACH (deutsch)
http://ec.europa.eu/environment/chemicals/reach/pdf/reach_2013_de.pdf
und zugehöriges Arbeitspapier (englisch)
http://ec.europa.eu/environment/chemicals/reach/pdf/swd_2013_en.pdf

Reaktion EEB
http://www.eeb.org/EEB/index.cfm/news-events/news/reach-review-too-little-too-late/

Reaktion Greenpeace
http://www.greenpeace.org/eu-unit/Global/eu-unit/reports-briefings/2013/20130201%20BR%20REACH%20review.pdf

[1] http://www.eu-koordination.de/umweltnews/news/chemie/1746-ngo-kritik-echa-ist-nicht-transparent-genug
[2] http://www.eu-koordination.de/umweltnews/news/chemie/1919-nano-und-reach-hintergrundpapier-zur-deutschen-position

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Quelle:
EU-News, 06.02.2013
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Februar 2013