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ATOM/038: Warnung vor globaler Katastrophe in Fukushima (Strahlentelex)


Strahlentelex mit ElektrosmogReport
Unabhängiger Informationsdienst zu Radioaktivität, Strahlung und Gesundheit
Nr. 610-611 / 26. Jahrgang, 7. Juni 2012

Folgen von Fukushima
Warnung vor globaler Katastrophe in Fukushima

von Thomas Dersee



Ein weiteres Erdbeben kann eine weitere nukleare Katastrophe in Fukushima auslösen, mit weltweiten Folgen, die jahrzehntelang kaum in den Griff zu bekommen wären

Atomwissenschaftler und Politiker wie der US-Senator Ron Wyden, ein führendes Mitglied des US-Energie-Ausschusses, warnen vor hohen Risiken, die in Fukushima noch immer bestehen. In einem Brief an den japanischen Botschafter, den US-Energieminister, an Außenministerin Hillary Clinton und an die nukleare Aufsichtsbehörde warnte der Senator vor weiteren, noch größeren Gefahren in Fukushima. Es dauere zu lange, die gefährlichen AtomBrennstäbe aus dem Abklingbecken des Reaktors 4 zu entfernen, die USA solle helfen.

Im Zentrum der Bedenken steht Reaktor 4 von Fukushima Dai-ichi. Zur Zeit des Erdbebens war dieser zwar heruntergefahren und die nuklearen Brennstäbe lagern bis heute außerhalb des Reaktorgefäßes in einem Abklingbecken, in dem sie gekühlt und isoliert sein sollten. Das besondere konstruktive Problem dieses Abklingbeckens besteht darin, daß es in einem oberen Stockwerk der Anlage, in luftiger Höhe in einem durch das Erdbeben im März 2011 stark beschädigten Gebäude hängt. Das Kühlsystem ist bereits mehrfach ausgefallen und das Becken muß durch eine Hilfskonstruktion gestützt werden. Sollte die Kühlung längere Zeit versagen, zum Beispiel weil das Becken durch ein weiteres Beben beschädigt wird, können die Stäbe Feuer fangen und ihr radioaktives Inventar freisetzen. Wenn die Einheit 4 von einem Erdbeben der Stärke 7,0 getroffen wird, gebe es eine 70-prozentige Wahrscheinlichkeit, daß die gesamte Struktur des Abklingbeckens kollabieren würde, heißt es. Dann würde die 85fache Menge an Cäsium-137 abgegeben werden, die in Tschernobyl freigesetzt wurde, schätzt die amerikanische Nationale Strahlenschutzkommission.

Der Spitzendiplomat und ehemalige Botschafter Japans in der Schweiz Murata Mitsuhei erklärte, wenn das Abklingbecken im Reaktor 4 mit seinen 1.535 eingelagerten Brennstäben zusammenbrechen würde, träfe das auch ein gemeinsames Abklingbecken für die abgebrannten Brennstäbe, das 50 Meter vom Reaktor 4 entfernt liegt. Hier befinden sich weitere 6.375 Brennstäbe. Dies, so Murata Mitsuhei, "würde sicherlich eine globale Katastrophe bewirken, wie wir sie niemals zuvor erlebt haben, es würde uns alle für Jahrhunderte betreffen". Abgesehen von der dann wohl unausweichlichen Evakuierung der Millionenstadt Tokyo erwarten Experten einen gewaltigen, weltweiten Anstieg der Radioaktivität. Der Grund für diese ungewöhnlich große Menge an Brennstäben ist, daß in Japan die abgebrannten Brennstäbe meist bei den jeweiligen AKWs gelagert sind und sie sich in Fukushima bereits seit 1973 angesammelt haben. Denn auch Japan hat wie alle anderen Staaten kein tragfähiges Konzept für den Umgang mit dem radioaktiven Müll.

Die inzwischen verstaatlichte Betreiberfirma Tepco selbst gibt an, eine Analyse des Abklingbeckens im Reaktor 4 durchgeführt zu haben. Obwohl das Gefäß keine Verstärkung brauche, habe man bereits angefangen, die Struktur zu verstärken. Die Sicherheitsmarge sei nun um 20 Prozent erhöht. Zudem arbeite man daran, die Brennstäbe so schnell wie möglich zu entfernen. Wenn alles wie geplant vorangehe, könne man damit 2014 beginnen. Eines der weiteren Probleme besteht darin, daß der dafür notwendige Kran über dem Becken bei dem großen Beben im März 2011 herabgestürzt und nicht einsatzfähig ist.

Dem US-Senator Wyden reicht dieser Zeitplan nicht. Er trage ein außergewöhnliches und anhaltendes Risiko in sich, denn bis zu zehn Jahre seien vorgesehen, um alle abgebrannten Brennstäbe zu entfernen.

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Quelle:
Strahlentelex mit ElektrosmogReport, Juni 2012, Seite 3
Herausgeber und Verlag:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. August 2012