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ATOM/004: Vietnam will Atomreaktor - Nachbarn mahnen zu Vorsicht (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. März 2011

Südostasien: Vietnam will Atomreaktor - Nachbarn mahnen zu Vorsicht

Von Marwaan Macan-Markar


Bangkok, 28. März (IPS) - In Südostasien stößt Vietnam mit der Ankündigung, den Bau von Kernkraftwerken auch nach der Atom-Katastrophe in Japan zügig voranzutreiben, auf Befremden. Obwohl auch Länder wie Indonesien und Thailand vorhaben, ihren Energiebedarf mit Atomkraft zu decken, mahnen sie im Umgang mit der Nukleartechnologie zu Vorsicht.

Wie Vietnams Vizeminister für Wissenschaft und Technologie, Le Dinh Tien, unlängst auf einer Pressekonferenz erklärte, "werden die Informationen und Bewertungen der Explosionen in Anlage eins in Fukushima (in Japan) den vietnamesischen Behörden dabei helfen, adäquate Atomkraftwerke für das Land zu entwickeln."

Im Oktober hatte Vietnam mit Russland einen Multi-Milliarden-Dollar-Vertrag über den Bau einer Anlage in der südzentralen Provinz Ninh Thuan unterzeichnet Bis 2031 will Vietnam dann insgesamt acht Atomkraftwerke am Netz haben, um den steigenden Energiebedarf des Landes zu decken.

In anderen Ländern der Region gibt es ebenfalls Pläne, Atommeiler zu bauen. Fünf sollen in Thailand, vier in Indonesien entstehen. Die Philippinen verfügen auf der Insel Bataan über einen fertigen Kernreaktor, der jedoch aufgrund von Mängeln nie in Betrieb genommen wurde.

Anders als Vietnam halten sich die südostasiatischen Nachbarländer seit der Katastrophe in Japan mit Lobeshymnen auf die Atomkraft zurück. So äußerte sich Thailands Ministerpräsident Abhisit Vejjajiva besorgt über mögliche Störfälle und die Gefahr durch Terroranschläge.

Indonesiens Umweltminister Gusti Muhammad Hatta erklärte kürzlich gegenüber der Tageszeitung 'The Jakarta Post', dass es beim Bau von Atomkraftanlagen kein Grund zur Eile gebe, "es sei denn, uns gehen die Energieressourcen aus". Der philippinische Staatspräsident Benigno Aquino erklärte unter dem Eindruck des japanischen Atom-GAU, dass sein Land keinen Atomstrom brauche und sich stattdessen auf den Ausbau der erneuerbaren Energien verlegen wolle.


Erdbebengefahr

Der Bau von Atomkraftwerken in Indonesien und auf den Philippinen ist umstritten, da beide Länder im sogenannten Pazifischen Feuerring liegen, einem erdbebenreichen Vulkangürtel. "Hier Atomkraftwerke zu bauen, hieße mit dem Leben der dort lebenden Menschen zu spielen", warnte Tara Buakamsri, südostasiatischer Kampagnenleiter der internationalen Umweltorganisation Greenpeace.

Zu schaffen macht der gesamten Region das Fehlen eines Protokolls über nukleare Sicherheit für den Verband Südostasiatischer Staaten (ASEAN). Dem Länderblock gehören Brunei, Burma (Myanmar), Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, die Philippines, Singapur, Thailand und Vietnam an. Das einzige Abkommen, das die ASEAN-Staaten zum Thema nukleare Sicherheit unterzeichnet haben, ist der Vertrag über die Südostasiatische atomwaffenfreie Zone von 1995.

Nach Ansicht von Simon Tay, Vorsitzender des Singapur-Instituts für internationale Angelegenheiten, sollten Pläne zum Bau von Atommeilern einer öffentlichen Diskussion unterzogen werden.

Auch sollte die Region nach Ansicht Tays von China lernen. Das wirtschaftliche Schwergewicht hat sein Atomkraftprogramm vorübergehend ausgesetzt, um es einer erneuten Prüfung zu unterziehen. "Das sollten die südostasiatischen Staaten, die keine Erfahrung mit Atomkraft haben, auch tun." (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. März 2011