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AFRIKA/030: Nahrungsmangel ist Grund für Zwergflamingosterben in Ostafrika (idw)


Forschungsverbund Berlin e.V. - 06.12.2010

Nahrungsmangel ist Grund für Zwergflamingosterben in Ostafrika


Seit Mitte der 90er Jahre kommen häufig Massensterben von Zwergflamingos (Phoeniconaias minor) an den ostafrikanischen Sodaseen vor. So starben beispielsweise jeweils über 30.000 Vögel an den weltberühmten Seen Nakuru und Bogoria in Kenia in den Jahren 2006 beziehungsweise 2008. Eine Forschergruppe des Leibniz-Institutes für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) arbeitet an der Aufklärung der Ursachen dieses Phänomens und hat herausgefunden, dass der Nahrungsmenge und -zusammensetzung eine Schlüsselrolle beim Tod der Zwergflamingos zukommt. Ihre Ergebnisse wurden jetzt im "Journal of Phycology" veröffentlicht.

Die Forscher untersuchten von 2001 bis 2010 in den kenianischen Sodaseen Nakuru, Bogoria und Oloidien die Zusammensetzung des Phytoplanktons - die Nahrung der Zwergflamingos. Der Zwergflamingo ist Spezialist und ernährt sich im Wesentlichen vom Cyanobakterium Arthrospira, das normalerweise in Massen im Plankton der Sodaseen wächst. Diese Blaualge kommt auch unter dem Namen Spirulina als gesundheitsförderndes Nahrungsergänzungsmittel für Menschen auf den Markt. Alternativ kann der Zwergflamingo auch von Kieselalgen leben, die er aus dem Schlamm der Seen filtert. Diese Kieselalgen wachsen jedoch deutlich langsamer und haben einen geringeren Nährwert für die Zwergflamingos. Der Schnabel des Zwergflamingos gleicht einem hochspezialisierten Filterapparat mit fein gegliederten Lamellen, der perfekt an die Algennahrung angepasst ist. Damit ist der Zwergflamingo von der Größe der Nahrungspartikel wesentlich stärker abhängig als der Rosa Flamingo, der größere, gröbere Filterlamellen besitzt.

Das Wachstum der Grundnahrungsalge Arthrospira in den Sodaseen wird immer öfter gestört: Die winzige, schnellwüchsige Grünalge Picocystis konkurriert mit dem Cyanobakterium Arthrospira und kann dieses über mehrere Wochen oder Monate im Plankton unterdrücken, so die Ergebnisse der Forscher. Picocystis ist viel zu klein, um von den Lamellen im Schnabel der Flamingos aufgenommen zu werden: Die Zwergflamingos hungern.

In den Jahren 2006 und 2008 beobachtete die Arbeitsgruppe von Dr. Lothar Krienitz ein besonders hohes Vorkommen von Cyanobakterien der Gattung Anabaenopsis. Diese können große, schleimige und klumpige Kolonien bilden, welche die feinen Lamellen im Schnabel verstopfen, so dass die Flamingos bei der Nahrungsaufnahme behindert werden. Außerdem bilden einige der Stämme von Anabaenopsis Toxine, wie beispielsweise die Lebergifte der Gruppe der Microcystine und das Nervengift Anatoxin-a, die ebenfalls zur Schwächung der Vögel beitragen können. Geschwächte Tiere sind dann viel empfindlicher gegenüber Krankheitserregern, beispielsweise gegenüber Mycobacterium avium welches die Tuberkulose hervorruft. Die Ursachen der Veränderungen in der Zusammensetzung des Planktons sind komplex und noch nicht vollständig erforscht. Wesentlichen Anteil haben wahrscheinlich Veränderungen in den Einzugsgebieten der Seen, die mit Entwaldung und verstärkter Bodenerosion einhergehen.


Wissenschaftlicher Kontakt:
Dr. Lothar Krienitz
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)
Abteilung "Limnologie Geschichteter Seen"
Alte Fischerhütte 2
OT Neuglobsow
16775 Stechlin
Telefon: (033082) 699 26
E-Mail: krie@igb-berlin.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.igb-berlin.de

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter der WWW-Adresse:
http://idw-online.de/pages/de/image130854
Zwergflamingos am Bogoriasee. Das Wasser ist grün gefärbt von
Cyanobakterien- und Algenpopulationen unterschiedlicher Nahrungsqualität.
http://idw-online.de/pages/de/image130855
Dichte Populationen von Arthrospira fusiformis findet man in den
ostafrikanischen Sodaseen seltener.

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/pages/de/news400461

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution245


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Forschungsverbund Berlin e.V., Gesine Wiemer, 06.12.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Dezember 2010