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AFRIKA/020: Äthiopien - Klimaschutzprojekt begrünt Plateau, Weltbank kauft Emissionszertifikate (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 11. November 2010

Äthiopien: Klimaschutzprojekt begrünt Plateau - Weltbank kauft Emissionszertifikate

Von Omer Redi


Addis Abeba, 11. November (IPS/IFEJ*) - Es ist Jahrzehnte her, dass sich die Menschen des Humbo-Plateaus in Äthiopien selbst ernähren konnten. Eine große Hungersnot und der darauffolgende Raubbau an der Natur haben dies jedoch geändert. Das erste Nachhaltigkeitsprojekt in Äthiopien, das auf dem im Kioto-Protokoll festgeschriebenen Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung (CDM) basiert, soll Abhilfe schaffen. Die Weltbank will das Projekt langfristig durch den Kauf von Emissionszertifikaten unterstützen.

Die rund 400 Kilometer südlich der Hauptstadt Addis Abeba gelegene Hochebene ist eine der am dichtesten bevölkerten Regionen des ostafrikanischen Landes. In der staubigen und trockenen Gegend herrscht oft Dürre. Durchschnittlich fallen nur 800 bis 900 Millimeter Regen, während die Temperaturen bis auf 40 Grad Celsius ansteigen können.

In den tiefer gelegenen Zonen kam es dagegen immer wieder zu Überschwemmungen, nachdem viele Bäume abgeholzt worden waren. Die internationale Hilfsorganisation 'World Vision' hat jedoch erreicht, dass 40.000 Menschen in den am schlimmsten betroffenen Gebieten 2.700 Hektar Land wiederaufgeforstet und geschützt haben. Durch das CDM-Projekt werden in den nächsten zehn Jahren Einnahmen von etwa 726.000 US-Dollar erwartet. Ab 2010 soll es zudem möglich sein, die Bäume auf nachhaltige Weise zu ernten.

"Die Brennholz- und Holzkohlegewinnung, das Weiden von Tieren und das Fällen von Bäumen für neue Felder hatten den Wald vollständig zerstört", sagte Beyene Adebo, ein Bauer aus Humbo. Der einst so dichte Forst verwandelte sich in ausgedörrtes Land.


Viele Bäume nach Hungersnot 1984 gefällt

Der Raubbau an der Umwelt verschärfte sich nach der großen Hungersnot in Äthiopien 1984, als Holz zur einzigen Einkommensquelle der bitterarmen Bevölkerung wurde. Wie Beyene berichtete, gehören Trockenperioden und Hunger seither zum Alltag. "Es regnete kaum noch, und wir konnten nicht mehr so viel ernten wie früher."

Doch die vielen Projekte von 'Word Vision Ethiopia' (WVE) in den Bereichen Wasserversorgung, Nahrungssicherheit, Gesundheitsfürsorge und Agrarhilfe konnten die Probleme nicht auf Dauer lösen. In den sieben am schwersten betroffenen kleinen Verwaltungsbezirken (Kebeles) sind die Böden erodiert und unfruchtbar. Auch der Grundwasserspiegel ist dort stark gesunken.

"Trotz all unserer Investitionen konnten wir keine signifikanten Veränderungen in den besonders dürreanfälligen Dörfern erkennen", erklärte Hailu Tefera, der sich bei WVE mit Klimaschutzprogrammen beschäftigt. Gemeinsam mit zwei Kollegen entwickelte er ein Projekt zur Naturverjüngung, an dem die Einwohner des Humbo-Plateaus aktiv beteiligt sind.

Die Experten wandten eine Methode an, die sich in den achtziger Jahren bereits im Niger bewährt hatte. Dabei werden junge Triebe von Bäumen aufgezogen, die sich an den Stümpfen gefällter Bäume bilden. Jeder noch lebende Stumpf bringt zehn bis 50 Triebe hervor, die von den Bauern bei der Bestellung ihres Landes üblicherweise vernichtet werden. Seit diese Triebe geschützt werden, hat sich der Wald in Humbo regeneriert.

Seit Beginn dieses Projekts 2006 hat WVE die Bauern finanziell dabei unterstützt, sich eine neue Existenz aufzubauen und zugleich die Bäume zu schonen. Die Farmer in der Region züchten Vieh und Geflügel und bauen Gemüse und Getreide an. Diejenigen, die kein eigenes Land haben, konnten andere Berufe erlernen. Durch die Bereitstellung energiesparender Öfen erreichte die Hilfsorganisation außerdem, dass die Nachfrage nach Brennholz und Holzkohle zurückging.

Die Bewohner des Plateaus fühlen sich auch deshalb für die Umwelt verantwortlich, weil sie mehr Mitspracherechte als früher haben. "Wir diskutierten mit den Dorfbewohnern und den Behörden", erklärte Hailu. "Danach einigten wir uns darauf, das Land zwischen den sieben 'Kebeles' aufzuteilen und in den Besitz der Gemeinden zu überführen."


Kontrollierte Nutzung aufgeforsteter Zonen

Rund 4.200 Familien, die sieben Kooperativen angehören, dürfen nun in den wieder aufgeforsteten Gebieten Gras für ihr Vieh schneiden und herumliegende Äste zu Brennholz verarbeiten.

Im Dezember 2009 wurde das Aufforstungsprojekt von der japanischen Organisation 'Jaco CDM' zertifiziert. Die Bäume können demnach etwa 7.000 Tonnen CO2 speichern. In diesem Oktober erwarb die Weltbank dort für 34.000 Dollar ein erstes Emissionszertifikat.

Beyene koordiniert eine der sieben Gruppen, die 839 Mitglieder hat und für den Schutz von 1.000 Hektar Wald zuständig ist. "Wir haben gute Resultate erzielt und hoffen, dass dies so weitergeht", erklärte er. Nach vielen mageren Jahrzehnten hätten die Bauern in den vergangenen zwei Jahren endlich bessere Ernten eingebracht. Viele von ihnen hätten sich daraufhin auf den traditionellen Umweltschutz ihrer Vorväter zurückbesonnen.

Die Erlöse aus den Emissionszertifikaten werden unter den Kooperativen aufgeteilt, wobei die Größe der bewirtschafteten Fläche berücksichtigt wird. Mit dem Geld entwickeln die Gemeinden das Projekt weiter und finanzieren weitere Entwicklungsmaßnahmen. Die Weltbank hat bereits zugesichert, in den nächsten zehn Jahren weitere Emissionszertifikate im Wert von 726.000 Dollar zu kaufen. Der Preis ist auf vier Dollar pro Tonne gespeicherten CO2 festgelegt. WVE sucht nun weitere Käufer, um zusätzliche Einnahmen zu erzielen. (Ende/IPS/ck/2010)

* Dieser Bericht ist Teil einer Serie über nachhaltige Entwicklung, die IPS in Zusammenarbeit mit der 'International Federation of Environmental Journalists' (IFEJ) für die 'Alliance of Communicators for Sustainable Development' (www.complusalliance.org) veröffentlicht.


Links:
http://www.worldvision.org/content.nsf/sponsor/sponsor-ethiopia
http://www.jaco-cdm.com/
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=53505


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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 11. November 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. November 2010