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POLITIK/445: Solarenergie ausgebremst? (ROBIN WOOD-Magazin)


ROBIN WOOD-Magazin Nr. 105/2.2010
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie

energie
Solarenergie ausgebremst?

Von Florian Kubitz


Für den Klimaschutz steht in der Energiepolitik der Ausbau der erneuerbaren Energien an erster Stelle. Mit ihnen werden nicht nur die CO2-Emissionen gesenkt, auch die atomaren Risiken durch den Betrieb von Atomkraftwerken können mit ihnen elegant beseitigt werden. Doch statt den Ausbau massiv zu unterstützen, droht die Bundesregierung die Solarenergie auszubremsen.

1999 betrug die in Deutschland installierte Solarleistung lediglich 67 Megawatt (MW), der Anteil an der Stromerzeugung lag bei 0,01 Prozent. Im April 2000 trat das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) in Kraft. Das Prinzip ist so einfach wie wirkungsvoll: Die Netzbetreiber werden verpflichtet, den Strom aus Solaranlagen zu einem festgelegten Preis zu kaufen, der deutlich über dem normalen Strompreis liegt. So können die BetreiberInnen ihre Solaranlagen finanzieren und einen gewissen Profit erzielen. Das Gesetz hat zu einem starken Boom in der Solarbranche geführt: 2009 waren Solaranlagen mit ca. 9.000 MW am Netz, über 100 mal mehr als 1999. Der Anteil an der Stromerzeugung betrug rund ein Prozent.


EEG - eine Erfolgsgeschichte

Die Höhe der durch das EEG festgesetzten Solarförderung sank von Anfang an kontinuierlich, zunächst um fünf Prozent pro Jahr. Durch das EEG sollte ein Innovationsdruck entstehen und die Industrie gezwungen werden, ihre Preise zu senken. Dieser Verpflichtung ist die Industrie nachgekommen, so gut, dass die jährliche Reduzierung im Jahr 2008 erhöht wurde, ab 2008 je nach Anlagentyp auf acht bis elf Prozent. Dennoch ging der Solarboom ungebremst weiter. Alleine im Jahr 2009 wurden neue Anlagen mit einer Leistung von rund 3.000 bis 3.500 MW errichtet. (Genaue Zahlen liegen noch nicht vor). Dieser Boom ist vor allem auf sinkende Preise zurückzuführen: Die Anlagenpreise sanken seit Ende 2008 um rund ein Drittel.


Kürzung der Förderung

Statt sich über den Solarboom und den schnelleren Umstieg auf erneuerbare Energien zu freuen, beklagte sich die Bundesregierung über die angeblich hohen Kosten für die StromkundInnen und die unverhältnismäßigen Renditen für die BetreiberInnen.

In der Tat lagen die Renditen im letzten Jahr im Bereich von sechs bis acht Prozent für Freiflächenanlagen und acht bis zwölf Prozent für Dachanlagen. Sogar der Bundesverband Solarwirtschaft hielt daher eine leichte Sonderkürzung der Vergütung in der Größenordnung von fünf Prozent für angebracht. Nun soll die Vergütung zum 1. Juli allerdings um 16 Prozent gekürzt werden. Darunter werden vor allem die heimischen Hersteller zu leiden haben, die Solarmodule werden in Zukunft wohl überwiegend aus Südostasien importiert.


Aus für Freiflächen

Die Vergütung für Anlagen auf Ackerflächen soll ganz gestrichen werden. Auch viele Umweltschutzverbände stehen diesen Anlagen kritisch gegenüber, allerdings sind solare Freilandanlagen ökologisch wertvoller als Maisäcker zur Biogasproduktion. Hinzu kommt, dass die Energieausbeute pro Fläche bei Solaranlagen rund sechs- bis zehnmal höher ist als bei der Biogasproduktion. Derzeit werden rund zehn Prozent der Landwirtschaftsfläche bundesweit für Bioenergie genutzt, also rund 1,7 Millionen Hektar. Dagegen ist die Solarfläche mit rund 6.000 Hektar verschwindend gering.


Atmender Deckel

Es ist davon auszugehen, dass der Solarboom selbst durch die starke Kürzung der Vergütung nicht zum Stillstand gebracht werden kann. Zusätzlich soll es allerdings noch ein anderes Instrument geben, um den Neubau von Solaranlagen zu begrenzen, den so genannten atmenden Deckel. Nach diesem Prinzip sinkt die Vergütung umso stärker, je mehr Anlagen gebaut werden.

Als Zielmarke wurde dabei ein Zubau von 3.000 bis 3.500 MW gesetzt. Werden mehr Anlagen gebaut, wird die Vergütung in 2011 um zwei Prozent stärker gesenkt als geplant, bei mehr als 4.500 MW um vier Prozent usw. Die Bundesregierung will so den Zubau von Solaranlagen auf dem Niveau von 2009 einfrieren, obwohl er seit 1999 jedes Jahr um rund 50 Prozent gewachsen ist.

Spätestens an dieser Stelle muss man sich fragen, in wessen Interesse die Bundesregierung hier eigentlich handelt. Geht es wirklich um die StromkundInnen oder hat die Regierung nicht viel mehr die Interessen der großen Energiekonzerne im Blick, die ihre Atomkraftwerke länger laufen lassen und neue Kohlekraftwerke bauen wollen?

Florian Kubitz ist in der ROBIN WOOD Energiegruppe aktiv


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:
Welche Interessen bedient die Bundesregierung? Sie will die Vergütung des Solarstroms um 16 Prozent kürzen


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Quelle:
ROBIN WOOD-Magazin Nr. 105/2.2010, S. 19
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juni 2010