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MEDIEN/066: Der kritische Papierbericht (FUE Rundbrief)


Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 1/2014
Wer die Netze hat, hat die Macht? Infrastrukturen und Nachhaltigkeit

Papierverbrauch wächst - Wälder schrumpfen
Rezension des kritischen Papierberichts 2013

von László Maráz



Jeder fünfte Baum, der weltweit gefällt wird, landet in der Papierherstellung. Angesichts der zunehmenden Knappheit bei nachwachsenden Rohstoffen stellt sich die Frage, wieviel Konsum zu viel ist und wie sich der Verbrauch begrenzen lässt. Denn Holz wird auch für andere Zwecke dringend gebraucht: Vor allem im Wald und für die stoffliche Nutzung.


Wer sich ein Bild von der Lage im Papiersektor machen will, für den bietet der Kritische Papierbericht 2013 eine erstklassige Informationsquelle. Der weltweite Anstieg des Papierverbrauchs, die künftige Verfügbarkeit von Altpapier und der wachsende Druck auf das Ökosystem Wald werden analysiert. Der Bericht beleuchtet die Ausweitung von Zellstoffplantagen, die CO2-Relevanz der Holznutzung, das wirtschaftliche Potential der Papierbranche sowie die Grenzen des FSC-Logos. Außerdem stellt er Wege zur Einsparung von Papier vor und gibt eine Marktübersicht der Büro-, Druck- und Hygienepapiere mit Blauem Engel.

Enorme Zunahme von Papierverbrauch
Globale Prognosen sagen 25 Prozent Wachstum des Papierverbrauchs bis 2020 voraus, insbesondere in Asien, Südamerika und Russland. Die Produktionskapazitäten verlagern sich weiter von Nordeuropa und Nordamerika nach Südamerika und Fernost. Dort profitieren die Zellstoff- und Papierunternehmen nicht nur von starken Absatzmärkten, sondern auch von schwächeren Umweltauflagen und niedrigeren Personal- und Energiekosten.

Vermeintliche Abhilfe gegen den Holzmangel verspricht die Ausweitung von Plantagenflächen, wobei die ökologischen und sozialen Folgen von Baum-Monokulturen in der Kritik stehen. Da sich die Nutzungskonkurrenzen stetig verschärfen, verdrängen Plantagen vielfach landwirtschaftliche Produktion in noch unerschlossene Gebiete, wo wiederum Wald gerodet und teilweise Urwald zerstört wird. Die lokale Bevölkerung verliert ihre Lebensgrundlagen. Die Expansion von Zellstoffplantagen scheint nur weiterem Verbrauchswachstum Vorschub zu leisten. Zudem droht die Ausweitung des kommerziellen Anbaus gentechnisch veränderter Bäume.

Zertifizierung bietet kaum Vorteile
Eine ökologische Alternative zu Recyclingpapier mit Blauem Engel bieten auch Papiere mit FSC-Siegel nur in den wenigsten Fällen. Denn am Markt dominieren FSC-Mix-Qualitäten aus reinen Primärfasern, die den Rohstoffverbrauch nicht reduzieren. Diese Papiere bleiben beim Energieund Wasserverbrauch weit hinter dem Blauen Engel zurück, verboten sind weder der Einsatz von Chlorbleiche noch Chemikalien, die zum Beispiel als krebsfördernd gelten.

Der deutsche Papierverbrauch stammt zu 55 Prozent aus Importen, die zum Großteil Primärfasern beinhalten, und erreicht damit nur einen Altpapieranteil von etwa 56 Prozent. So wird der Kreislauf stets durch hohen Zufluss an Primärfasern aufgefrischt und es bestehen noch Potentiale zum verstärkten Einsatz von Altpapier, insbesondere bei grafischen und Hygienepapieren.

Sparen und recyceln nimmt Druck vom Wald
Deutschland liegt als Zellstoffimporteur auf Platz drei nach China und den USA und führt außerdem 55 Prozent seines Papierverbrauchs ein. Damit stammen über 80 Prozent des deutschen Bedarfs an Primärfasern aus Importen. Woher allerdings die Lieferländer ihr Papierholz beziehen, ist nur teilweise nachvollziehbar. Auf indirektem Weg beispielsweise über Buchimporte aus China, dem Hauptabnehmer indonesischen Zellstoffs, gelangt weiterhin Holz aus Tropenwaldzerstörung auf den deutschen Markt. Mengenaussagen lassen sich jedoch nicht treffen. Zumal die großen Papierunternehmen ihren Rohstoff aus vielen unterschiedlichen Ländern beziehen und kaum Zahlen offenlegen. Die Statistiken von Verband Deutscher Papierfabriken (VDP), FAO, Eurostat und Confederation of European Paper Industries (CEPI) zu Primärfaserimporten weichen teilweise eklatant voneinander ab. Immerhin hat die deutsche Papierindustrie den Energiebedarf pro Produktionseinheit kontinuierlich gesenkt, nicht zuletzt durch erhöhten Einsatz von Altpapier: Recyclingpapier spart bei der Herstellung rund 60 Prozent Energie gegenüber Primärfasern.

Der Kritische Papierbericht wirbt insbesondere für das Einsparen von Papier. Wachsende Nutzungskonkurrenzen um begrenzte Flächen und die jährlichen Waldverluste zeigen, dass der globale Papierverbrauch die Grenzen der Nachhaltigkeit längst überschritten hat. Das Prinzip des ökologischen Fußabdrucks sieht für alle Erdenbürger gleiche Verbrauchsrechte vor, an einer Reduktion hierzulande führt deshalb kein Weg vorbei. Wie dies gelingen kann, zeigt in Ansätzen das Nachbarland Frankreich, in dem der Pro-Kopf-Verbrauch 100 kg unter unserem liegt.


Autor László Maráz Autor ist Koordinator der Plattform Wald des Forums Umwelt und Entwicklung.



Kritischer Papierbericht 2014

Studie

Der Kritische Papierbericht zeigt wesentliche Entwicklungen auf dem Papiersektor auf und forscht nach der Herkunft des Rohstoffes Holz. Im Mittelpunkt stehen die ökologischen Zusammenhänge und sozialen Konsequenzen in den Lieferländern. Der weltweite Anstieg des Papierverbrauchs, die künftige Verfügbarkeit von Altpapier und der wachsende Druck auf das Ökosystem Wald werden analysiert. Der Bericht beleuchtet die Ausweitung von Zellstoffplantagen, die CO2-Relevanz der Holznutzung, das wirtschaftliche Potential der Papierbranche sowie die Grenzen des FSC-Logos. Außerdem stellt er erfolgreiche Wege zur Einsparung von Papier vor und gibt eine Marktübersicht der Büro-, Druck- und Hygienepapiere mit Blauem Engel.


Bezug und Download über Kritischer Papierbericht 2013, Hrsg. Forum Ökologie & Papier, Autoren Evelyn Schönheit, Jupp Trauth,
www.foep.info/-veroeffentlichungen/


Das Forum Umwelt & Entwicklung wurde 1992 nach der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung gegründet und koordiniert die Aktivitäten der deutschen NRO in internationalen Politikprozessen zu nachhaltiger Entwicklung. Rechtsträger ist der Deutsche Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzverbände (DNR) e.V.

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Quelle:
Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 1/2014, Seite 33 u. 37
Herausgeber: Projektstelle Umwelt & Entwicklung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. April 2014