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ENERGIE/1452: Bayern will Wasserkraft forcieren (BBU WASSER-RUNDBRIEF)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 989, vom 18. März 2012 - 31. Jahrgang

regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)

Bayern will Wasserkraft forcieren: "Gebietskulisse für die Wasserkraft"



Die Energiewende will Umweltminister Marcel Huber (CSU) in Bayern insbesondere mit dem Ausbau der Wasserkraft bestreiten. In einem Interview der "Passauer Neuen Presse" (PNP) am 3. März 2012 hatte der Minister gefordert, dass genau geprüft werden müsse, ob bei den 6.000 bestehenden Querbauwerken in bayerischen Gewässern eine ökologisch-verträgliche energetische Nutzung des gestauten Wassers erreicht werden könne. Der Minister bezog sich damit indirekt auf das Gebot in õ 35 (3) im Wasserhaushaltsgesetz bestehende Wehranlagen daraufhin zu prüfen, ob eine Wasserkraftnutzung unter Beachtung der Bewirtschaftungsziele möglich sei (s. RUNDBR. 975/2 941/2, 930/1-2). Die PNP hatte den Minister darauf aufmerksam gemacht, dass der Zukunftsrat (ein beratendes Gremium der bayerischen Staatsregierung) das Potenzial für einen weiteren Ausbau der Wasserkraft für weitgehend erschöpft eingestuft hatte. Die kühle Antwort von Huber: "Der Zukunftsrat berät. Ich vertrete eine andere Position." Huber vertrat die Auffassung, dass durch die Errichtung von Fischtreppen an bestehenden Querbauwerken "eine Win-win-Situation" zu erreichen sei:

"Ökologie auf der einen und dezentrale Nutzung einer regenerativen, CO2-freien und grundlastfähigen Stromerzeugung auf der anderen Seite. Es geht dabei nicht darum, in bisher unbeeinträchtigten Fließgewässern ein Querbauwerk alter Planung zu errichten. Das wird es nicht geben. Ich kann mir aber gut vorstellen, dort, wo es flussbaulich und ökologisch verträglich ist, Wasserkraft zu nutzen. Wenn z.B. wie an der Salzach eine Sohl-Stabilisierung notwendig ist, könnte auch eine ökologisch verträgliche Form der Wasserkraftnutzung miteingebaut werden."

Huber kündigte an, dass sein Ministerium bis Herbst 2012 "eine Gebietskulisse zur Wasserkraftnutzung vorlegen" werde. Bei einer gemeinsamen Ministerratssitzung mit Sachsen am 13. März 2012 wurde auch ein Zehn-Punkte-Plan für ökologische Wasserkraftnutzung behandelt. Einer der Punkte ist die Etablierung eines Runden Tisches zur Wasserkraft. Dem Ministerium sei "es wichtig, alle Player bei der Wasserkraftnutzung an einen Tisch zu bringen" (siehe nächste Notiz).

Das Interview kann nachgelesen werden auf [1]


Dialogforum "Ökologische Wasserkraft" in Bayern gestartet

Am 16. März 2012 startete das Dialogforum "Ökologische Wasserkraft" in Bayern. Mit dem Forum will das Münchener Umweltministerium "gesellschaftlich akzeptierte Lösungen für eine ökologisch verträgliche Steigerung der Wasserkraftnutzung finden". Nachdem im Rahmen der Auftaktveranstaltung "ein reger Meinungsaustausch" stattgefunden habe, solle der Dialog zukünftig in Workshops fortgesetzt werden. Grundlage für den Dialog sei "der 10-Punkte-Fahrplan für eine ökologische und naturverträgliche Wasserkraftnutzung", den das Umweltministerium erarbeitet hat. In dem Plan sei u.a. vorgesehen neben einer Positivliste für geeignete Standorte auch ein Kataster mit ökologisch besonders bedeutenden Bach- und Flussabschnitten einzurichten, in denen die Bewahrung oder Entwicklung eines ökologisch wertvollen Zustands regelmäßig Vorrang vor einer weiteren Wasserkraftnutzung haben soll. Bayern wolle zudem "mit Vorzeigeprojekten die Anwendung innovativer naturverträglicher Wasserkrafttechniken" fördern und verbreiten (vgl. RUNDBR. 985/S. 3-4). Bis zum Jahr 2021 soll die Wasserkraft etwa 17% des bayerischen Strombedarfs decken.


Auch bayerische FDP für Wasserkraftoffensive: "Wunderbare Balance"

Unter dem Motto "Volle Kraft für die Wasserkraft" plädierte am 16.03.12 auch der energiepolitische Sprecher der bayerischen FDP-Landtagsfraktion, der Kaufmann Tobias Thalhammer, für einen massiven Ausbau der Wasserkraft. Obgleich im Freistaat 1000 Windräder gebaut werden sollen, werde die Windkraft nur einen "mickrigen Bruchteil" der Stromerzeugung durch Kernkraft ersetzen können. Demgegenüber sei lt. Thalhammer die Wasserkraft "der bayerische Gigant der erneuerbaren Energien". Ein Viertel der gesamten bayerischen Energieerzeugung sollte das bayerische Ziel sein, forderte Thalhammer. Kein anderes Bundesland sei so wasserkraftgeeignet wie Bayern. "Wir haben zahlreiche große und kleine Flüsse, und durch unsere Gebirgslandschaften viel Fallhöhe." Bayern müsse jetzt den Innovationsstau bei der Wasserkraft abbauen. Allein durch ,Repowering` bestehender Anlagen sei eine Verdopplung des Potentials möglich. "Auch tausende stillgelegte Kleinwasserkraftanlagen und Mühlen könnte man wieder in Betrieb nehmen", so der Vorschlag des FDP-"Energieexperten". Um die Energiewende zu schaffen dürfe auch der Bau neuer Wasserkraftwerke kein Tabu sein. Mit innovativen Wasserkraftformen ließe sich "eine wunderbare Balance zwischen Ökologie und Ökonomie" herstellen, schwärmte der Jungparlamentarier. Und im übrigen seien in nicht wenigen Fällen heutige Naturschutzgebiete die Folge des wasserkraftbedingten Aufstaus von Fließgewässern.

[1]‍ ‍http://www.pnp.de/nachrichten/heute_in_ihrer_tageszeitung/politik/358199_Energiewende-Huber-setzt-auf-die-Wasserkraft.html

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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 989
Herausgeber:
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© Freiburger Ak Wasser im BBU


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. April 2012