Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → FAKTEN

ÖKOSYSTEME/005: Umweltmanagement für Oasen (Agora - Uni Eichstätt-Ingolstadt)


Agora - Magazin der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, Ausgabe 1 - 2011

Umweltmanagement für Oasen

Von Bernd Cyffka und Ümüt Halik


Gefördert vom Bundesforschungsministerium untersuchen Forscher der KU in einem Verbundprojekt mit zehn weiteren Institutionen, wie sich im chinesischen Tarim-Becken Wasserressourcen nachhaltig nutzen lassen und die Stabilität des dortigen Ökosystems bewahrt werden kann.


Das Tarim Becken mit einer Größe von rund einer Million Quadratkilometern ist eine einmalige Region mit extremer klimatischer Ausprägung, die ihren Ursprung im kontinentalen Klima im Nordwesten Chinas hat. Der das Becken am Nordrand der Taklamakan-Wüste durchfließende Tarim River bezieht sein Wasser hauptsächlich aus dem Schmelzwasser von Schnee und Gletschern sowie den Niederschlägen der umliegenden Gebirge. Bereits in der Historie siedelten sich Menschen entlang des Tarim Rivers an, wodurch sich eine Reihe von Oasen bildete, entlang derer die Seidenstraße verlief. Heute sind die Oasen durch den staatlichen Baumwollanbau stark angewachsen. Inzwischen siedeln annähernd 10 Mio. Menschen verschiedener ethnischer Abstammung (hauptsächlich Uighuren, aber auch angesiedelte Han-Chinesen) entlang des Flusses, Der Charakter der Landschaft sowie die sozio-ökonomische Situation der Bevölkerung haben sich stark verändert. Durch den hohen Wasserbedarf des Bewässerungslandbaus wurde dem Tarim River mehr und mehr Wasser entzogen. Hierdurch veränderten sich die Ökosysteme der Oasen, des Flusses und der angrenzenden Auwälder stark. Dies führt zum einen dazu, dass der schon immer endorheisch entwässernde Tarim River (der Fluss erreicht also nicht das Meer) heute seinen Endsee gar nicht mehr erreicht und auf halbem Wege versiegt. Zum anderen ist das Wasser stark mit Salz, Düngemitteln und Pestiziden belastet, was sich nicht nur auf die Auwälder und die Flussökologie sondern auch auf die menschliche Gesundheit auswirkt. In den Oasen herrschen durch die starke Versalzung teilweise unakzeptable Bedingungen, die zur Folge haben, dass große Oasenteile aufgegeben und neue geschaffen werden müssen. Durch diese Prozesse sind bereits große Bereiche der Oase verändert bzw. unwiederbringlich zerstört worden. Ein interdisziplinäres Team von Ingenieuren, Naturwissenschaftlern und Sozioökonomen möchte mit dem Projekt SuMaRiO (Sustainable Management of River Oases along the Tarim River / China) die Ökosystemfunktionen (ESF) und Ökosystemdienstleistungen (ESS) des Tarim River und seiner Flussoasen analysieren.

Der Tarim River und seine sollen als ein Gesamtsystem angesehen werden. Dieses System hat als Input und einzigartigen Treiber die Wasserzufuhren aus dem Tianshan-Gebirge. Unter den gegenwärtigen Bedingungen des globalen Klimawandels kommt diesen Wasserzufuhren eine besondere Bedeutung zu, die analysiert werden soll. In früherer Zeit wurde der überwiegende Anteil dieser Systemvariable an die natürlichen Ökosysteme, die Auwälder entlang des Tarim River weitergeleitet. Durch den immensen Zuwachs im Bereich des Baumwollanbaus und der damit einhergehenden Bevölkerungszunahme wurden diese Bereiche als zweiter "Abnehmer" für das Flusswasser vom Menschen installiert, was zu den beschriebenen Veränderungen geführt hat. SuMaRiO wird auch die Funktionen und besonders die Dienstleistungen dieser natürlichen und anthropogenen Systeme analysieren. Der Fokus ist dabei auf ein nachhaltiges Landmanagement gerichtet, welches ein ausgewogenes Miteinander beider Bereiche unter dem Einfluss des Klimawandels ermöglicht. Dieses soll über fünf Arbeitsbereiche (Work Blocks, WB) umgesetzt werden. Details dazu finden sich auf der Projekthomepage (siehe Textende).

Das übergeordnete Ziel von Su-MaRiO ist die Unterstützung des Oasen-Managements am Tarim River vor dem Hintergrund der sozio-ökonomischen Veränderungen und des Klimawandels. Als Hauptergebnis wird ein Entscheidungsunterstützungsystem (DSS) erarbeitet, welches die regionalen Planungsbehörden in die Lage versetzt eine Nachhaltigkeitsanalyse (Sustainability Impact Assessment, SIA) durchzuführen. Die SIA wird die Perspektiven aller relevanten Akteure und Entscheidungsträger auf dem Gebiet des Land- und Wassermanagements entlang des Tarim River berücksichtigen. Diese Perspektiven werden durch eine Akteursmodellierung erarbeitet. Darauf aufbauend erfolgen die Aufstellung von Szenarien und die semi-quantitative Abschätzung von deren Auswirkungen. In der Umsetzungsphase werden die chinesischen Partner umfangreich in der Nutzung der entwickelten Werkzeuge geschult.

Alle Projektergebnisse werden von den Forschungs- und Umsetzungsteams so ausgearbeitet, dass sie überregional verwertbar sind.An der KU sind drei Teilprojekte angesiedelt.

• Management von Stakeholder-Dialogen: Dieses Service-Projekt koordiniert Workshops mit Stakeholdern in China. besonders wichtig sind dabei die Synergieeffekte durch die gesteuerte Zusammenführung von Akteuren und Wissenschaftlern.

• Schutzfunktionen und nachhaltiges Management von Auwäldern: Dieses Teilprojekt analysiert zunächst, welche Ökosystemdienstleitungen die Auwälder am Tarim überhaupt vorhalten und beschreibt in einem zweiten Schritt dann die vorhandenen Störungen. Ziel des Projektes ist es Managementpläne zu entwickeln, die solche Schutzfunktionen sichern.

• Aquatische Biodiversität des Tarim Ökosystems am Beispiel der Fischdiversität und des Makrozoo benthos: Ebenfalls im WB 4 angesiedelt untersucht dieses Teilprojekt die Einflüsse der Wasserentnahmen auf das Vorkommen der Fische und des Makrozoobenthos. Dieses Projekt findet in Kooperation mit dem Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt statt.

Alle drei Teilprojekte werden von Prof. Dr. Ümüt Halik und Prof. Dr. Bernd Cyffka gemeinsam betreut resp. geleitet. Letzterer ist gleichzeitig stellvertretender Koordinator des gesamten SuMaRiO-Projektes. Über die Laufzeit von fünf Jahren erreichen die drei Eichstätter Teilprojekte eine Fördersumme von rund 625.000 Euro.


Projektinfo zu SuMaRiO

Das Projekt SuMaRiO ist im BMBF-Förderschwerpunkt "Nachhaltiges Landmanagement" (http://nachhaltiges-landmanagement.de) angesiedelt. Die Koordination dieses Projektes liegt bei der Universität der Bundeswehr München (Prof. Dr. Markus Disse). Es läuft bis voraussichtlich Februar 2016 und wird vom BMBF insgesamt mit rund 7,5 Mio. Euro unterstützt. Davon erhalten die drei an der KU angesiedelten Teilprojekte rund 625.000 Euro.

www.sumario.de


Prof. Dr. Bernd Cyffka ist an der KU Inhaber der Professur für Angewandte Physische Geographie und gleichzeitig Leiter des Aueninstituts Neuburg.

Prof. Dr. Ümüt Halik ist DFG-Mercator-Gastprofessor an der Professur für Angewandte Physische Geographie und Professor für Geoökologie und nachhaltige Stadtentwicklung (Xinjiang University Urumqi/China).


*


Quelle:
Agora - Magazin der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt
Ausgabe 1/2011, Seite 22-23
Herausgeber: Der Präsident der Katholischen Universität,
Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl
Redaktion: Presse- und Öffentlichkeitsreferat der KU,
85071 Eichstätt
Tel.: 08421 / 93-1594 oder -1248, Fax: 08421 / 93-2594
E-Mail: pressestelle@ku-eichstaett.de
Internet: www.ku-eichstaett.de

AGORA erscheint einmal pro Semester und
kann kostenlos bezogen werden.


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juni 2011