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VERKEHR/907: Verkehrswachstum auf der Schiene erfordert Veränderungen in den Städten (Chalmers Universität)


Chalmers University of Technology - Pressemitteilung, 21.02.2012

Verkehrswachstum auf der Schiene erfordert Veränderungen in den Städten


Göteborg, Schweden: Die Verladestellen des Schienengüterverkehrs befinden sich oft in zentralen Stadtlagen. Um ein nachhaltiges Verkehrssystem zu erreichen, bei dem wesentlich mehr auf der Schiene anstelle auf der Straße transportiert wird, müssen diese Verladestellen in Stadtrandgebiete verlegt werden. Dies hat Sönke Behrends in seiner Dissertation herausgearbeitet, in der er den Zusammenhang zwischen Stadtlogistik und Güterfernverkehr untersucht hat.

Ein Schlüsselfaktor für ein nachhaltiges Verkehrssystem ist eine deutliche Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene. Während die Versender und Empfänger des Schienengüterverkehrs (Industrie, Spediteure, etc.) sich in den Stadtrandlagen mit gutem Anschluss an das Fernstraßennetz befinden, liegen die Verladebahnhöfe aus historischen Gründen jedoch oft in zentralen Stadtlagen in der Nähe der Personenbahnhöfe. Der erforderliche Verteilerverkehr mit dem Lkw vom Versender zum Verladebahnhof bzw. vom Verladebahnhof zum Empfänger findet daher oft im städtischen Verkehrsnetz statt. Im Vergleich zum reinen Lkw-Transport führt eine Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene daher zu einer erhöhten Verkehrsbelastung in den Städten, sodass trotz einer wesentlich besseren Gesamtumweltbilanz des Schienengüterverkehrs, in den Städten Luftverschmutzung, Lärm und Staus zunehmen können.

Wie kann also dieses Dilemma zwischen lokalen Mehrbelastungen und globalen Einsparungen gelöst werden? Dies hat Sönke Behrends in seiner Doktorarbeit an der Technischen Universität Chalmers in Göteborg untersucht.

- Kommunale Stadtplaner und Politiker müssen in der Stadtplanung die Bedürfnisse des Schienengüterverkehrs stärker berücksichtigen. Dies ist notwendig um erstens eine bessere städtische Lebensqualität zu erreichen. Zweitens, um die Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehr zu verbessern, für den die schwer erreichbaren Verladestellen in den städtischen Bereichen eine bedeutende Barriere darstellen.

Für die Praxis bedeutet dies, dass die Verladestellen in die Stadtrandlagen verlagert werden sollten. Dort kann die für einen effektiven Betrieb notwendige Infrastruktur geschaffen werden. Die negativen Auswirkungen der unvermeidlichen Verkehrsbelastung werden aufgrund der geringeren Bevölkerungsdichte in den Stadtrandlagen minimiert.

Stockholm, Göteborg und Hannover sind Beispiele für die städtische Problematik des Schienengüterverkehrs, die es so in vielen europäischen Städten gibt. Einige Städte haben langfristige Pläne, um die Verladestellen aus den innerstädtischen Bereichen in Stadtrandlagen zu verlagern. Hierfür gibt es allerdings oft viele Hindernisse, wie z.B. die erheblichen Kosten für notwendige Infrastrukturmaßnahmen sowie lokale Proteste in den für die neuen Verladestellen vorgesehenen Kommunen.

Neben einer Verlagerung der Verladestellen spielt die städtische Verkehrsplanung generell eine entscheidende Rolle für städtische Lebensqualität und effektiven Güterverkehr. Ein großes Problem ist daher die geringe Kompetenz der lokalen Entscheidungsträger in Fragen des Logistik- und Güterverkehrs.

- Die Stadtplaner verfügen nur selten über eine ganzheitliche Sichtweise, sagt Sönke Behrends. Die wirtschaftlichen Interessen werden getrennt von den sozialen und Umweltinteressen behandelt und es gibt keine langfristige Strategie, um diese Interessen auszugleichen.

In der Doktorarbeit hat Sönke Behrends ein Modell entwickelt, welches lokalen Stadtplanern helfen kann, eine langfristige und ganzheitliche Strategie für ein nachhaltiges Verkehrssystem zu entwickeln. Das Modell zeigt die komplexen Zusammenhänge der verschiedenen gesellschaftlichen Interessen, und wie diese von lokalen Beschlüssen beeinflusst werden. Das Modell zeigt auch die wirtschaftlichen Vorteile einer auf den Schienengüterverkehr angepasste lokale Verkehrsplanung. Für die Städte ist daher die Berücksichtigung des Schienengüterverkehrs in der strategischen Planung keine zusätzliche Belastung sondern eine Chance für eine langfristige nachhaltige Entwicklung.

- Neben verminderter Luftverschmutzung und weniger Staus kann eine auf den Schienengüterverkehr angepasste Stadtplanung die Erreichbarkeit der Stadt im nationalen und Europäischen Verkehrsnetz verbessern. Dies ist wichtig für die langfristige wirtschaftliche Entwicklung der Regionen, da der Zugang zu nachhaltigen Transportdiensten in Zukunft deutlich an Bedeutung zunehmen wird.

Weitere Informationen in der Doktorarbeit: Urban freight transport sustainability - the interaction of urban freight and intermodal transport (auf Englisch)


Visionen globaler Nachhaltigkeit

Die 'Chalmers University of Technology' forscht und lehrt mit innovativem Ansatz in den Bereichen Bauwesen, Energie, Informations- und Kommunikationstechnologie, Lebenswissenschaften, Materialkunde, Nanowissenschaften und Nanotechnologie, Produktion und Transportwesen. Chalmers University in Göteborg, Schweden, hat 11.000 Vollzeitstudenten und 2.500 Mitarbeiter.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Sönke Behrends auf dem Göteborger Rangierbahnhof, ein Beispiel für die sich ergebene Problematik, wenn Güterzüge in städtische Bereiche einfahren müssen. Der Rangierbahnhof und der Umschlagbahnhof beanspruchen Große Flächen, die dadurch für andere Nutzungen, z.B. Wohngebiete, nicht zur Verfügung stehen. Fotograf: Henrik Sandsjö/Chalmers

Der Rangierbahnhof in Göteborg. Fotograf: Henrik Sandsjö/Chalmers

Sönke Behrends' Modell erklärt wie die komplexen Zusammenhänge der gesellschaftlichen Interessen durch lokale Entscheidungen beeinflusst werden.


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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Februar 2012