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VERBAND/305: NABU zieht Bilanz für das vergangene Jahr 2008 (NABU SH)


NABU Landesverband Schleswig-Holstein - 8. Januar 2009

NABU zieht Bilanz für das vergangene Jahr 2008

Kaum Fortschritte beim Schutz der Natur erkennbar


Neumünster, 8. Januar 2009 - Der NABU registrierte im Jahr 2008 in Schleswig-Holstein so gut wie keine Fortschritte im Naturschutz. "Gerade die in den letzten Jahren einschneidenden Eingriffe ins Naturschutzrecht zeigen heute etwa im Knickschutz deutlich negative Auswirkungen, ohne dass das Landwirtschaftsministerium sich bereit erklärt hätte, notwendige Korrekturen vorzunehmen", erklärt NABU-Landesvorsitzender Hermann Schultz. Fortschritte beispielsweise beim Schutz der Schweinswale können das insgesamt negative Gesamtergebnis nicht verbessern. "Die Naturschutzbilanz der Landesregierung fällt damit weiterhin negativ aus", so Schultz. Der NABU konnte seine Position als mit über 16.000 Mitgliedern stärkster Naturschutzverband Schleswig-Holsteins behaupten und blickt auch für das Jahr 2008 auf zahlreiche erfolgreiche Projekte und Veranstaltungen zurück.


Auch das zurückliegende Jahr 2008 hatte dabei seine Höhen und Tiefen:

Der NABU als Anwalt der Natur

Der NABU ist zusammen mit seinen Partnern gesetzlich gefordert, die Interessen der Natur notfalls auch gerichtlich durchzusetzen. Gewinnt der NABU eine Klage, so haben Vorhabenträger und Genehmigungsbehörde bestehendes Recht missachtet. Erfolgreich war die Mediation - ein außergerichtliches Vergleichsverfahren - in der Streitsache 'Flughafen in Lübeck', nachdem das Gericht im Jahr 2007 der Klage von BUND, LNV und NABU wegen gravierender Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen stattgegeben hatte. Demgegenüber bahnten sich im vergangenen Jahr neue gerichtliche Auseinandersetzungen um die vom Ministerpräsidenten protegierte Muschelzucht im Naturschutzgebiet 'Beltringharder Koog' und das 'Port Olpenitz'-Tourismusprojekt an der Schlei sowie um die 'Deponie Lebatz' im Kreis Ostholstein an. Das Gerichtsverfahren um die Ausgleichsmaßnahmen in der Haseldorfer Marsch für die Zuschüttung des in Hamburg gelegenen 'Mühlenberger Lochs' endete durch zwei Instanzen in vier Verfahren hinweg durchweg mit für den Naturschutz erfolgreichen Urteilen.

Auf Eiderstedt läuft derzeit alles auf eine Umweltschadensklage gegen den zuständigen Deich- und Hauptsielverband hinaus, der durch massive Entwässerung des Gebietes die Situation für die bedrohten Trauerseeschwalben immer weiter verschlechtert hat. Die Landesregierung hat die dortige EU- Vogelschutzgebietskulisse zwar auf 6.800 ha vergrößert, damit aber immer noch nicht entsprechend dem fachlich notwendigen Umfang Flächen für das Vogelschutzgebiet nach Brüssel gemeldet. Negativ wirkt nach, dass die Bundesrepublik und Dänemark trotz fundierter Argumentation seitens des Naturschutzes und ebenso deutlich negativem Votum des Bundesrechnungshofes den Staatsvertrag zur festen Beltquerung unterzeichnet haben und damit den NABU zur Klage als letztes Mittel zwingen.

Knickschutz - kaum noch vorhanden

Obwohl beispielsweise auf einer vom MLUR initiierten Veranstaltung in Kiel die gravierenden negativen Auswirkungen der neuen Knickerlasse an Beispielen aus der Praxis überdeutlich wurden, verkündete das Ministerium gleichzeitig, am alten, völlig unzureichenden Schutz festhalten zu wollen. Damit ist ein für Schleswig-Holstein typisches Landschaftselement weiterhin der Zerstörung ausgesetzt. Offensichtlicher kann eine reine klientelbezogene Politik des Landwirtschaftsministers nicht mehr demonstriert werden.

Genauso schlecht gerieten die stümperhaft ausgearbeiteten "Freiwilligen Vereinbarungen Natura 2000 und Sport" zwischen Umweltministerium und Landessportverband bzw. Landessportfischerverband. Diese setzen nicht einmal Minimalstandards beim Schutz um und werden der gesetzlich geforderten Aufgabe, unser wertvollstes Naturerbe in Schleswig-Holstein zu sichern, in keiner Weise gerecht. Bis heute hat sich das MLUR von diesem auch fachlich peinlichen Werk nicht distanziert.

Dem Ministerium fehlte auch der Mut, die zur Überarbeitung anstehende Fangjagdverordnung grundlegend zu modernisieren und damit die tierquälerische Jagd mit Fangeisen endlich zu beenden.

Höhen und Tiefen im Fledermausschutz

Zu Beginn des Jahres konnte der NABU zusammen mit der Stiftung Naturschutz das neue Projekt 'Junge Fledermausschützer aktiv' starten, das auch 2009 fortgesetzt wird. Daneben liefen die Projekte 'Flederlausch'- sowie das gemeinsam mit der Stiftung Naturschutz realisierte 'Fledermausfreundliches-Haus' erfolgreich weiter. Im Rahmen des Projektes wurden seit Projektbeginn im Jahr 2004 weit über 1.000 Gebäude ausgezeichnet. 2008 kamen 137 fledermausfreundliche Gebäude, zwei Gemeinden, eine Schule sowie 3 Kindergärten hinzu. Doch zogen über dem Segeberger Kalkberg wegen der dort geplanten Sanierungsarbeiten, die eine Bedrohung für den wichtigsten Fledermausstandort in Mitteleuropa erwarten ließen, dunkle Wolken auf. Erst mit dem erfolgreichen Abschluss der Mediationsvereinbarung zwischen NABU, Stadt Bad Segeberg, Landesamt für Natur und Umwelt LANU und Kreis Segeberg im Spätsommer verzogen sich diese wieder - pünktlich zur wiederum erfolgreichen 'Europäischen Nacht der Fledermäuse'. Die NABU-Landesstelle Fledermausschutz und -forschung hat mittlerweile ein neues Quartier am Kalkberg bezogen.

Gewässerschutz vorangebracht

Die NABU-Landesstelle Wasser in Plön begleitete in bewährter Weise die Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie EG-WRRL u. a. durch Unterstützung der ehrenamtlichen Arbeit in den Flussgebietseinheiten des Landes. Vielen NABU-Gruppen und zahlreichen Aktiven vor Ort standen die Fachleute der Einrichtung für Fragen und Hilfestellungen zur Verfügung und haben so einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des Gewässerschutzes im Lande geliefert. Diese Arbeit findet eng abgestimmt mit den Partnern von BUND, LNV und WWF statt. Weiterer Schwerpunkt der Arbeit der NABU-Landesstelle Wasser ist der Einsatz für eine auch naturschutzrechtlichen Anforderungen genügende Gewässerunterhaltung. Aber auch an der Elbe beim geplanten, umstrittenen Wasserkraftwerksbau oder dem Ölunfall bei Geesthacht war der NABU vor Ort aktiv.

Erfolgreicher Meeresschutz

Die neuen Aufgaben im Meeresschutz hat der NABU zusammen mit seinen Partnern Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere GSM und Gesellschaft zur Rettung der Delphine GRD erfolgreich wahrgenommen. Vom Kieler Innenministerium wurden auf Drängen der Organisationen 'Blasenvorhänge' bei Sprengungen am Ausgang der Kieler Förde zum Schutz der Schweinswale erfolgreich getestet. Bislang hat sich aber der zuständige Bundesverkehrsminister Tiefensee trotz Mahnschreibens immer noch nicht zur notwendigen Kostenübernahme geäußert. Kritisieren musste der NABU den unzureichenden Schweinswalschutz u. a. beim Bau der Forschungsplattform FINO 3 in der Nordsee und beim Windenergie-Testfeld "Alpha ventus".

NABU und MLUR konnten sich zum Jahresende grundsätzlich auf gemeinsame Aktionen für einen verbesserten Schutz der Schweinswale gegen unbeabsichtigten Beifang in der Fischerei einigen, auch wenn darüber bis heute nicht mehr als eine mündliche Absichtserklärung vorliegt. Gelungen ist dem Umweltministerium auf Drängen des NABU die Handlungsrichtlinie, mit der eine unbürokratische Entschädigungsregelung bei einer möglichen Ansiedlung von Wölfen im Land auf den Weg gebracht wurde.

Engagement vor Ort

In bewährter Weise gestaltete der NABU wieder die haupt- und ehrenamtliche Betreuung seiner 45 Naturschutzgebiete mit einer Fläche von rd. 40.000 ha, zu denen in diesem Jahr der 'Mönkeberger See' sowie einige EU-Vogelschutzgebiete neu hinzugekommen sind. Die NABU-Naturzentren und -Naturstationen im Land leisteten wie die NABU-Gruppen wieder einen großen Beitrag, Interessierte an die Natur heranzuführen. Drei neue Gebietsbeschreibungen kamen zu der mittlerweile 19 Faltblätter umfassenden Informationsreihe über vom NABU betreute Schutzgebiete hinzu.

Die NABU-Aktion 'Stunde der Gartenvögel' brachte erneut eine Steigerung bei der Teilnehmerzahl und wird auch in 2009 wieder an den Start gehen. Den 'Naturgeburtstag' der im vergangenen Jahr wieder neu gegründeten Naturschutzjugend NAJU buchten rd. 50 Geburtstagskinder mit ihren Gästen.

Der NABU hat seinen Auftritt im Internet mit einem attraktiveren Layout versehen und aktualisiert und bietet heute einen umfassenden Überblick über den Umwelt- und Naturschutz im Land zwischen den Meeren wie auf Bundes- und EU-Ebene. Der NABU Schleswig-Holstein konnte die Position als Landesverband mit den höchsten Zugriffen auf seine Informationsangebote im Internet weiter ausbauen.

Zum Ende des Jahres wirkte das Jubiläum '60 Jahre NABU Schleswig-Holstein' nach, das auf ein großes Interesse stieß - ebenso wie die NABU-Naturschutzbilanz der Landesregierung für die Jahre 2005 - 2008.

Bilanz: Umweltpolitik der Landesregierung gescheitert

Die Umweltpolitik der amtierenden Regierung ist weitgehend gescheitert, so das Fazit der Naturschutzbilanz des NABU. Die Priorität der 'Freiwilligkeit' im Naturschutz hat nicht nur auf Eiderstedt durch den stark forcierten Grünlandumbruch Trauerseeschwalbe und Co. massiv geschadet, ohne entsprechenden Gewinn für die Natur zu erbringen. Lobby-Interessen von Landwirtschaft, Jagd und Fischerei stießen beim CDU-Umweltminister auf offene Ohren - und sind durch deutlich reduzierte Standards vor allem im Landesnaturschutzgesetz, aber auch in der Landesjagdzeiten- und Kormoranverordnung sowie dem weitgehend aufgehobenen Knickschutz die Ursache für schon heute sichtbare Schäden an der Natur. Die Unterstützung der Regierung für objektiv unwirtschaftliche, ökologisch brisante Verkehrsinfrastrukturprojekte wie der festen Fehmarnbeltquerung zeigt deutlich, dass Klimaschutz und Erhalt der Biodiversität keinen großen Stellenwert im Regierungshandeln haben. Das überaus peinliche Geschacher um den Verkauf des Landeswaldes ist da nur ein besonders augenfälliges Symbol für den Stellenwert, den der staatliche Schutz der Natur vor allem in der CDU hat.

Im Internet zu finden unter www.NABU-SH.de


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Quelle:
Presseinformation, 8. Januar 2009
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Schleswig-Holstein
Färberstr. 51, 24534 Neumünster
Tel.: 04321/53734, Fax: 04321/59 81
E-mail: info@NABU-SH.de
Internet: www.NABU-SH.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Januar 2009