Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) - Pressemitteilung vom 8. Dezember 2015
Das Geschäft mit dem Schnee
Neue Studie des Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN) und der Gesellschaft für ökologische Forschung
Die Skisaison 2015/16 hat begonnen, nicht aber der Winter. Doch während in Paris beim Klimagipfel die Welt über Klimaschutz diskutiert und das Jahr 2015 bereits zum wärmsten Jahr der bisherigen Wetteraufzeichnungen gekürt wurde, setzt man in den Alpen weiter auf Kunstschnee. Obwohl der Klimawandel gerade in den Alpen zu immer deutlicheren Wetter-Extremen führt, heißt das Mantra noch immer "Mehr Beschneiung". Der Verdrängungswettbewerb wird mit steigenden Temperaturen und abnehmenden Naturschneemengen immer härter. Mit Kapazitätssteigerungen, Neuerschließungen, Skigebietsverbindungen und einem größeren Angebot von Pistenkilometern erhofft man sich DEN Wettbewerbsvorteil in einem stagnierenden Markt. Wie gnadenlos dieser Wettbewerb und das "Geschäft mit dem Schnee" inzwischen ist, zeigt eine neue Studie von BUND Naturschutz in Bayern e.V. und Gesellschaft für ökologische Forschung auf.
"Durch Kunstschnee, also durch zusätzlichen Energie-, Ressourcen- und Landschaftsverbrauch, ausbleibenden Schneefall zu ersetzen, ist klimapolitischer Unsinn." kritisiert Erwin Rothgang, Präsident CIPRA Deutschland. "Stattdessen ist auch im Wintertourismus verantwortliches, zukunftsorientiertes Handeln gefragt. Das heißt unter anderem: keine öffentlichen Zuschüsse und Kredite für solche Vorhaben!"
"Der Klimawandel wird ignoriert und Natur weiter zerstört, obwohl sie die Grundlage jeglichen Tourismus in den Alpen ist." resümiert Richard Mergner, Landesbeauftragter des BUND Naturschutz in Bayern e.V. (BN). "Gerade die bayerischen Kommunen können diesen ruinösen Wettbewerb nicht gewinnen. Sie brauchen Tourismus-Konzepte, die ohne Schnee auskommen, die die regionalen Besonderheiten betonen und die regionalen Wirtschaftskreisläufe stärken. Je mehr sie jetzt in Schneekanonen investieren, desto mehr Geld fehlt ihnen für diese Konzepte. Denn den Profit mit den Schneekanonen machen andere, nicht die Kommunen." Das habe die neue Studie von BN und Gesellschaft für ökologische Forschung mit der umfangreichen Analyse von Gewinnern und Verlieren deutlich gezeigt. Auch Tourismus-Experten empfehlen zunehmend einen schneeunabhängigen und vielfältig aufgestellten Tourismus als einzig sinnvolle Reaktion.
Auch aus gesamtalpiner Sicht sind Schneekanonen keine Lösung: Dr. Katharina Conradin, die Präsidentin von CIPRA international betont: "In alpinen Höhenlagen können Eingriffe für die künstliche Beschneiung kaum je wieder rückgängig gemacht werden - noch unsere Kindeskinder werden die Spuren der aktuellen Bauwut sehen. Die Strategie, den Winter mittels künstlicher Beschneiung in die Berge zu holen, muss in Zeiten des Klimawandels und der geplanten Energiewende schlichtweg als absurd bezeichnet wenden."
Wie absurd das Geschäft mit dem Schnee ist, lässt sich in der Studie mit zahlreichen Beispielen aus dem ganzen Alpenraum nachvollziehen. "Die Dokumentation über den "gekauften Winter" liefert eine Zusammenschau der Ausbreitung, der Akteure und der Auswirkungen des künstlichen Schnees, wie es sie bisher nicht gab." fasst Sylvia Hamberger eine der beiden Hauptautoren die Ziele der Studie zusammen. "Hier sind mittlerweile internationale Großstrukturen und -industrien entstanden, die über die Alpen entscheiden. Es gibt eine enge Verflechtung zwischen wenigen Firmen, Konzernen, Gutachtern und Skigebietsbetreiber, die am "Geschäft mit dem Schnee" gut verdienen. Dieses wenig sichtbare Geschäft verzögert den Prozess des Umdenkens." Mehr als die Hälfte der Deutschen lehnt inzwischen die Erzeugung von Kunstschnee in Skigebieten ab. Das ergab eine Umfrage im Januar 2015.
Für Axel Doering, einer der beiden Hauptautoren der Studie und Sprecher des BN AK Alpen sowie CIPRA-Vizepräsident sind "Schneekanonen ein Symbol menschlicher Unbelehrbarkeit im Klimawandel. Wir verlieren den Winter, weil wir zuviel Klimagase in der Atmosphäre deponiert haben. Jetzt wollen wir den Winter zurückkaufen, um den Preis, noch mehr Klimagase zu erzeugen."
CIPRA, BN und Gesellschaft für ökologisch Forschung fordern daher unisono: "Wir fordern von der bayerischen Staatsregierung, keine weiteren Steuergelder für die künstliche Beschneiung auszugeben und stattdessen die Kommunen beim natur- und klimaverträglichen Tourismus deutlich stärker zu unterstützen." Sie fordern einen Verzicht auf weitere Beschneiungsanlagen und Erschließungen wie den extrem umstrittenen geplanten Ausbau am Riedberger Horn in der Zone C des Alpenplanes. Politiker und Touristiker sollten jetzt endlich umsteuern, anstatt in einer Art Torschlusspanik und nach dem "Prinzip Hoffnung" ökologisch und ökonomisch unsinnige Investitionen in Kunstschnee zu fordern bzw. zu tätigen. Jetzt Beschneiungsanlagen zu bauen oder zu erweitern, ist verantwortungslos gegenüber Natur und Steuerzahler und verspielt Zukunft.
Anlage: Zusammenfassung der Studie "Der gekaufte Winter"
Zusammenfassung und ausführliche Studie stehen zum Download:
http://www.goef.de/kunstschnee
Für die Schweiz:
«Künstliche Beschneiung in der Schweiz - Ausmass und Auswirkungen» von
Gabriela Iseli (mountain wilderness):
http://mountainwilderness.ch/aktuell/einzelansicht/artikel/kunstschnee-winter-auf-teufel-komm-raus/
http://www.bund-naturschutz.de/fileadmin/download/alpen/Aktuelles/Der_gekaufte_Winter_-_8.12.2015.pdf
http://www.bund-naturschutz.de/fileadmin/download/pressedokumente/2015/PM_FA_27_15_Das_Geschäft_mit_dem_Schnee.pdf
http://www.bund-naturschutz.de/fileadmin/download/pressedokumente/2015/PM_FA_27_15_Anlage_1_Zusammenfassung_Der_gekaufte_Winter_081215.pdf
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Quelle:
BUND-Pressedienst, 08.12.2015
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Freunde der Erde Deutschland
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Dezember 2015
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