Schattenblick → INFOPOOL → UMWELT → FAKTEN


STRAHLUNG/104: Bericht zur Umweltradioaktivität 2016 vorgelegt (Strahlentelex)


Strahlentelex mit ElektrosmogReport
Unabhängiger Informationsdienst zu Radioaktivität, Strahlung und Gesundheit
Nr. 766-767 / 32. Jahrgang, 6. Dezember 2018 - ISSN 0931-4288

Bericht zur Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung im Jahr 2016 vorgelegt
Weiter zunehmende Strahlenbelastungen durch Computertomographien

von Thomas Dersee


Neufassung der Höchstwerteverordnung nach Reaktorunfällen

Den "Bericht zur Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung im Jahr 2016" (Bundestagsdrucksache 19/5350 vom 26.10.2018)[2] hat die Bundesregierung jetzt vorgelegt, beruhend auf Daten des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS). Demnach hat sich die berechnete jährliche Gesamtbelastung mit 3,8 Millisievert (mSv) pro Person der Bevölkerung in Deutschland gegenüber dem Vorjahr nicht verändert. 2016 wurden dem Bericht zufolge 42.000 hochradioaktive Strahlenquellen registriert, 2.000 mehr als 2015.

Medizinische Strahlenbelastung:
Die mittlere Anzahl der Computertomographien pro Einwohner und Jahr hat dem Bericht zufolge zwischen 2007 und 2014 um 40 Prozent zugenommen. Die mittlere effektive Dosis der Bevölkerung durch medizinische Strahlenbelastung bildgebender Verfahren beträgt 1,6 mSv (Daten für das Jahr 2014).

Röntgendiagnostik
Im vorliegenden Bericht werden nochmals Daten der Jahre 2007 bis 2014 zur Röntgendiagnostik ausgewertet. Dabei wird darauf hingewiesen, dass Abweichungen zu Ergebnissen vorliegen, die in älteren Berichten präsentiert wurden. Diese beruhten im Wesentlichen auf veränderten Datenquellen Für den stationären Bereich.

Für das Jahr 2014 wurde für Deutschland eine Gesamtzahl von etwa 140 Millionen Röntgenuntersuchungen abgeschätzt (ohne den zahnmedizinischen Bereich waren es noch etwa 83 Millionen Röntgenuntersuchungen). Die mittlere Anzahl von Röntgenanwendungen in Deutschland lag während des betrachteten Zeitraums 2007 bis 2014 nahezu konstant bei etwa 1,7 pro Einwohner und Jahr. Die Häufigkeit von zahnmedizinischen Röntgenuntersuchungen (Zähne und Kiefer) nahm zwischen 2007 und 2014 von etwa 0,6 auf 0,7 Untersuchungen pro Einwohner zu, was etwa 40 Prozent der Gesamtanzahl aller Röntgenuntersuchungen entspricht. Röntgenuntersuchungen des Kiefers machen inzwischen etwa 20 Prozent der zahnmedizinischen Röntgenuntersuchungen aus. Über den Zeitraum 2007 bis 2014 hat die Häufigkeit dieser Untersuchungen um etwa 30 Prozent zugenommen. Neben den Röntgenuntersuchungen im zahnmedizinischen Bereich entfällt der größte Teil aller Röntgenanwendungen auf konventionelle Untersuchungen des Skeletts (d.h. Schädel, Schultergürtel, Wirbelsäule, Beckengürtel, Extremitäten) und auf den Thorax (Brustkorb).

Die Anzahl der meisten konventionellen Röntgenuntersuchungen hat im betrachteten Zeitraum abgenommen (z. B. Schädel um ca. 15%, Thorax um ca. 20%, Wirbelsäule um ca. 20%, Verdauungs- und Urogenitaltrakt um ca. 30%). Die Häufigkeit von Mammographien nahm infolge der Einführung des Mammographie-Screening-Programms zwischen 2007 und 2009 um 35 Prozent zu und verläuft - nach anschließender geringfügiger Abnahme - ab 2011 weitgehend konstant, wird berichtet.

In der Trendanalyse am auffälligsten sei die stetige Zunahme der Computertomographie (CT-Untersuchungen. Insgesamt habe sich die Anzahl der CT-Untersuchungen zwischen 2007 und 2014 um etwa 40 Prozent erhöht. Ein noch deutlicherer Anstieg ist auch bei der Magnetresonanztomographie (MRT) zu verzeichnen, einem bildgebenden Untersuchungsverfahren, das keine ionisierende Strahlung verwendet (Zunahme um etwa 55 Prozent). Insgesamt werden immer noch mehr CT- als MRT-Untersuchungen durchgeführt.

Die mittlere effektive Dosis aus Röntgenuntersuchungen pro Einwohner in Deutschland beläuft sich für das Jahr 2014 auf circa 1,6 Millisievert (mSv). Über den Beobachtungszeitraum 2007 bis 2014 ist insgesamt ein ansteigender Trend für die mittlere effektive" Dosis pro Einwohner und Jahr zu verzeichnen. Dieser Trend ist im Wesentlichen durch die Zunahme der CT-Untersuchungshäufigkeit und der damit einhergehenden Zunahme der effektiven Dosis pro Kopf der Bevölkerung bedingt. Der Anstieg der CT-bedingten pro-Kopf-Dosis fiel wegen der über die Jahre leicht abnehmenden Dosis pro CT-Untersuchung mit etwa 30 Prozent etwas moderater aus als die zugehörige Zunahme der CT-Häufigkeit. Demgegenüber nahm die effektive Dosis pro Einwohner für die Summe der restlichen Untersuchungsverfahren über die Jahre 2007 bis 2014 geringfügig ab.

Erwartungsgemäß ist der relative Anteil konventioneller Röntgenuntersuchungen an der kollektiven effektiven Dosis eher gering. Die CT und die ebenfalls dosisintensive Angiographie (einschließlich interventioneller Maßnahmen) tragen dagegen zwar nur etwa 10 Prozent zu der Gesamthäufigkeit bei, ihr Anteil an der kollektiven effektiven Dosis betrug im Jahr 2014 jedoch circa 80 Prozent, wird erklärt.

Berufliche Strahlenbelastung: Die mittlere Jahresdosis exponierter Personen liegt bei 0,47 mSv (Vorjahr: 0,46 mSv).

Strahlenbelastung des Flugpersonals: Die mittlere Jahresdosis beträgt 2,0 mSv (Vorjahr: 1,9 mSv). Die höchste Jahresdosis des fliegenden Personals lag bei 6,0 mSv (Vorjahr: 5,7 mSv).

Register hochradioaktiver Strahlenquellen: Es ist eine Zunahme auf 42.000 registrierte Quellen (Vorjahr: 40.000) von 693 Genehmigungsinhabern (Vorjahr: 684) zu verzeichnen.

Schachtanlage Asse: Bei der Ermittlung der Strahlenexposition werden für das Berichtsjahr effektive Jahresdosen von 0,05 Mikrosievert (uSv) für Erwachsene und 0,2 uSv für Säuglinge (Vorjahr 0,1 uSv bzw. 0,4 uSv) angegeben.

Kernkraftwerksunfälle:
Tschernobyl: Jährlich nehmen die Cäsium-137-Inventare aus dem Unfall um 2 bis 3 Prozent in Boden und Nahrungsmitteln ab; die Kontamination von Wild und Pilzen ist jedoch immer noch vergleichsweise hoch, Überschreitungen der Grenzwerte gibt es teilweise bei Wildschweinfleisch.

Fukushima: Im Berichtsjahr wurden keine erhöhten Radionuklidkonzentrationen in Deutschland aus dieser Quelle mehr nachgewiesen.

Elektromagnetische Felder: Ein Schwerpunkt der Forschungs- und Kommunikationsaktivitäten von BMUB und BfS liegt aktuell beim Ausbau der Stromnetze, heißt es in dem Bericht. Um bestehende wissenschaftliche Unsicherheiten in der Risikobewertung zu verringern und offene Fragen beantworten zu können, würden BMUB und BfS ein begleitendes Forschungsprogramm zum "Strahlenschutz beim Stromnetzausbau" mit insgesamt acht Themenfeldern und 36 einzelnen Forschungsvorhaben durchführen.

Optische Strahlung: Die Verwendung optischer Strahlung (Laserstrahlung) zu kosmetischen Zwecken und im Wellnessbereich sowie die deutliche Zunahme von Hautkrebserkrankungen sind Grund für weitere Forschung und für weitere Optimierung der Risikokommunikation und Informationsmaßnahmen, wir erklärt. Der UV-Index erreichte im Juni im Norden und Süden Deutschlands einen Wert von 10, in der Mitte einen Wert von 9.

Neufassung der Höchstwerteverordnung
Der Bericht weist unter anderem auch auf die "Neufassung der Euratom-Höchstwerte-Verordnung (VERORDNUNG (Euratom) 2016/52 DES RATES vom 15. Januar 2016 zur Festlegung von Höchstwerten an Radioaktivität in Lebens- und Futtermitteln im Falle eines nuklearen Unfalls oder eines anderen radiologischen Notfalls und zur Aufhebung der Verordnung (Euratom) Nr. 3954/87 des Rates und der Verordnungen (Euratom) Nr. 944/89 und (Euratom) Nr. 770/90 der Kommission)" hin.[3]

Damit sei eine flexible Regelung geschaffen worden, auf deren Basis die Kommission unter Beteiligung der Mitgliedstaaten im Falle eines nuklearen Unfalls oder eines anderen radiologischen Notfalls kurzfristig mittels Durchführungsverordnung europaweit einheitliche Grenzwerte an Radioaktivität in Nahrungs- und Futtermitteln in Kraft setzen könne. Lebens- und Futtermittel, die diese verbindlichen Höchstwerte überschreiten, dürfen dann in der EU nicht mehr verkauft werden. Die Möglichkeit, unter Berücksichtigung der spezifischen Umstände des Unfalls ggf. niedrigere Grenzwerte festzulegen, stelle eine wesentliche Verbesserung gegenüber der früheren Regelung dar, heißt es. Allerdings besteht umgekehrt auch die Möglichkeit, einem Mitgliedstaat zu erlauben, auf Grund besonderer Umstände in diesem Mitgliedstaat für spezielle Lebens- und Futtermittel auch höhere Werte zuzulassen.

Wesentliche Punkte der neuen Verordnung sind dem Bericht zufolge:

Eine "Flexibilisierung und Optimierung der Grenzwerte." Die neue Basisverordnung enthält eine spezielle Ermächtigung der Europäischen Kommission, bei einem radiologischen Notfall in einer Durchführungsverordnung situationsangemessene optimierte Grenzwerte festzulegen, die jedoch die maximal zulässigen Werte der Anhänge der Basisverordnung nicht überschreiten dürfen.

Eine Verzahnung und Harmonisierung der Euratom-Verordnung mit den allgemeinen EU-Verfahren und Regelungen zur Lebensmittelsicherheit. Die Euratom-Höchstwerte-Verordnung ist die spezielle Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Radioaktivitätsgrenzwerten für Lebens- und Futtermittel. Ergänzende Überwachungsmaßnahmen, wie sie auch in den EU-Durchführungsverordnungen nach Fukushima geregelt wurden, sollen weiterhin auf der Grundlage der Verordnung (EG) 178/2002 zur Lebensmittelsicherheit erlassen werden.

Nationale Ausnahmen: Einem Mitgliedstaat kann auf Antrag erlaubt werden, auf Grund besonderer Umstände in diesem Mitgliedstaat für spezielle Lebens- und Futtermittel, die in diesem Mitgliedstaat verzehrt werden, zeitlich befristet höhere Werte zuzulassen. Diese Ausnahmen müssen unter wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Aspekten gerechtfertigt sein, wird erklärt.

Zugrunde gelegt werden hierbei die Werte, wie sie im Oktober-Heft 2013 des Strahlentelex dokumentiert sind.[4]

Nach der zustimmenden Kenntnisnahme durch den Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV), die am 10. Dezember 2014 erfolgte, sowie der Beratung im Europäischen Parlament im Juli 2015 wurde die neue Verordnung am 15. Januar 2016 vom Rat beschlossen.

Anmerkungen

2. http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/053/1905350.pdf

3. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32016R0052

4. http://www.strahlentelex.de/Stx_13_642-643_S01-03.pdf


weitere Informationen zum Strahlentelex siehe:
www.strahlentelex.de

*

Quelle:
Strahlentelex mit ElektrosmogReport, Dezember 2018, Seite 14 - 16
Herausgeber und Verlag:
Strahlentelex
Waldstr. 49, 15566 Schöneiche bei Berlin
Tel.: 030/435 28 40, Fax: 030/64 32 91 67
E-Mail: Strahlentelex@t-online.de
Internet: www.strahlentelex.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Februar 2019

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang