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STADT/330: BUND-Baumreport 2010-2011 - Berlin verliert weiter Straßenbäume (BUND BE)


BUND Landesverband Berlin e.V. - Pressemitteilung - Berlin, 25. Oktober 2012

BUND-Baumreport 2010/2011:

Trend noch nicht gebrochen - Berlin verliert weiter Straßenbäume



Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND Berlin) stellt auch in seinem Baumreport für die Jahre 2010/2011 fest, dass Berlin weiterhin Straßenbäume verliert, aber der Schwund wird geringer.

Die erneute Bezirksumfrage ergab, dass der Trend noch nicht gebrochen ist: Viele Bezirke nähern sich der "Grünen Null", einer ausgeglichenen Bilanz von Baumfällung und Pflanzung. In den Jahren 2010 und 2011 wiesen nur noch jeweils sieben von zwölf Bezirken eine negative Bilanz auf. Der Trend ist leider aber ein unsteter. Verlor Berlin 2010 "nur" 436 Straßenbäume, waren es 2011 dann schon wieder 712 Straßenbäume. Beide Zahlen liegen aber weit unter den durchschnittlich 1.800 nicht ersetzten Straßenbäumen der letzten Jahre.

Im gesamten Beobachtungszeitraum des BUND Baumreports (2005 - 2011) hat Berlin insgesamt 10.359 Straßenbäume verloren. Im Durchschnitt sind das 1.480 Straßenbäume pro Jahr. Wenn wir alle Verluste auf einen Fleck zusammenrechnen entspricht das einer jährlichen Entbaumung von 10 % der Straßen in Friedrichshain-Kreuzberg. Der Gesamtverlust entspricht einem Viertel der Straßen von Reinickendorf.

Leider können in der Langzeitbetrachtung wieder nur die Bezirke Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg eine positive Bestandsentwicklung aufweisen. Bezirke wie Reinickendorf oder Steglitz-Zehlendorf weisen zwar für die letzten drei bzw. zwei Jahre eine durchweg positive Bilanz auf, müssen aber noch große Verluste aus den Jahren zuvor ausgleichen. Gerade Reinickendorf ist dieses Jahr erneut durch einen starken Sturm gebeutelt worden, dem 141 Straßenbäume und 300 Bäume in Parks und Grünanlagen zum Opfer fielen. Solche Ereignisse kann keine Verwaltung einplanen, aber eine von vornherein konsequent ausgeglichene Baumbilanz kann helfen, solche Ausbrüche abzufedern.

Leider ist zu erwarten, dass sich Wetterextreme wie Stürme und große Trockenheit in Zukunft häufen werden. So ruft der BUND Berlin mindestens einmal im Jahr auf Grund ausbleibenden Regens zum Gießen der Bäume auf, dieses Jahr musste dies bereits im Mai geschehen. Eine Zeit in der die im Frühling frisch gepflanzten Bäume besonders anfällig für Wassermangel sind.

Pflanzung und Wässerung von Jungbäumen werden immer noch überwiegend ausgeschrieben. Die Grünflächenämter sichern sich so gegenüber dem Risiko ab, dass ein gepflanzter Baum nicht angeht. Die beauftragten Firmen müssen gewährleisten, dass ein Baum anwächst oder ihn gegebenenfalls nochmals pflanzen. Je nach Kapazitäten in den Bezirksämtern wird die Pflege der Straßenbäume an Fachfirmen vergeben. Nur noch wenige Bezirke verfügen über eigene Gärtner für die Baumpflege. Diese Entwicklung sieht der BUND mit Besorgnis, denn eine "entwicklungsbezogene und nachhaltige Pflege" ist unvereinbar mit einem System aus ständig neu ausgeschriebenen Aufträgen und wechselnden Auftragnehmern.

Die Kontrolle der Straßenbäume führen die Bezirksämter jedoch noch vollkommen in Eigenregie aus. Dabei müssen leider drei Bezirksämter aus personellen und finanziellen Gründen bei der Kontrolle nur auf Verkehrssicherheit kontrollieren und auf ein eigenes Schadmonitoring verzichten. Die Bezirksämter, die ein solches Schadmonitoring betreiben sagen fast einhellig, dass ihre Straßenbäume nicht gesund sind. Viele der Straßenbäume weisen leichte bis mittlere Schäden auf. Die Menge der Schädigungen bewegt sich allerdings im Rahmen dessen was man angesichts des für Bäume sehr unvorteilhaften Standorts Straße erwarten muss. Es ist kein leichtes Leben zwischen Streusalz, Hundeurin, Stammschäden durch parkende Autos oder angeschlossenen Fahrrädern oder auch den für Bäume zum Teil sehr problematischen Lichtverhältnissen inmitten der Blockrandbebauung. Lediglich Spandau gibt an, dass zwei Drittel der Straßenbäume gesund sind.

Große Besorgnis erweckt die Tatsache, dass bis auf zwei alle Bezirke Straßenbäume aus Mitteln für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für andernorts zerstörte Natur verwenden. Drei Bezirke finanzieren ihre Neupflanzungen sogar fast ausschließlich aus solchen Mitteln. Wenn gefällte Bäumen mit Geldern für andere gefällte Bäume bezahlt werden, findet dabei eine Umverteilung und Verringerung von Natur statt. Wir hoffen, dass auch hier die vom Berliner Senat auf den Weg gebrachte "Stadtbaumoffensive" Abhilfe schaffen wird.

"Waren wir vor zwei Jahren noch äußerst besorgt um den Berliner Baumbestand, so hat es im Moment den Anschein, dass sich die Verantwortlichen in der Politik der Bedeutung der Berliner Bäume für Stadt und Mensch bewusst geworden sind. Die jährlichen Verluste in den Bezirken sind rückläufig und der Berliner Senat hat sich im Koalitionsvertrag mit der "Stadtbaumoffensive" zur Pflanzung von 10.000 neuen Bäumen verpflichtet. Angesichts der Verluste war das auch dringend notwendig. Jedoch ist der jährliche Baumschwund noch nicht aufgehalten und die Grünflächenämter stehen mit dem Rücken zur Wand wegen fehlender Mittel und Personalmangel. Es reicht nicht, 10.000 Bäume in den nächsten Jahren zu pflanzen, es geht darum, das System grundsätzlich zu ändern: zu einer nachhaltigen, fachgerechten Entwicklung und Pflege des Baumbestands und der Grünflächen. Die Gelder sind vorhanden, sie fließen nur nicht in den Erhalt der grünen Infrastruktur", so Christian Hönig, Baumschutz-Referent des BUND.

BUND-Baumreport unter: www.baeume-fuer-berlin.de

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Quelle:
Presseinformation Info 32, 25.10.2012
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
Landesverband Berlin
Crellestraße 35, D-10827 Berlin
Tel. 030/78 79 00-0, Fax: 030/78 79 00-18
E-Mail: kontakt@bund-berlin.de
Internet: www.bund-berlin.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Oktober 2012