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RECHT/223: EUGH-Urteil - Kommission verstößt gegen Verpflichtung zur Regulierung hormonell wirksamer Substanzen (WECF)


WECF und PAN Germany - Presseinformation, 17.12.2015

EUGH-Urteil: EU-Kommission verstößt gegen ihre Verpflichtung zur Regulierung hormonell wirksamer Substanzen


Das Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany) und WECF, Women in Europe for a Common Future begrüßen ausdrücklich das gestrige Urteil des Europäischen Gerichtshofs, welches bestätigt, dass die EU-Kommission "gegen ihre Verpflichtungen aus der Verordnung Nr. 528/2012 verstoßen hat, dass sie keine delegierten Rechtsakte zur Festlegung wissenschaftlicher Kriterien zur Bestimmung der endokrinschädigenden Eigenschaften erlassen hat":
http://curia.europa.eu/jcms/jcms/Jo2_16799.

Das Urteil kritisiert das Verhalten der EU-Kommission, die vereinbarte Frist vom 13. Dezember 2013 zur Festlegung dieser Kriterien nicht eingehalten zu haben, und dadurch demokratische Entscheidungen des Europäischen Rates und des EU-Parlaments, die zum Schutze für die Gesundheit von Mensch, Tier und für die Umwelt erlassen wurden, ignoriert hat.

Die Begründung der EU-Kommission, die Kriterien seien im Sommer 2013 als nicht wissenschaftlich kritisiert worden und ihre Anwendung hätten Auswirkungen auf den Binnenmarkt, wies das Gericht zurück. Nach Auffassung des Gerichts hatte die EU-Kommission nicht das Recht, die in der Verordnung deutlich festgelegte Balance zwischen der Sicherung des Binnenmarktes einerseits und der Sicherung hoher Schutzstandards für Mensch, Tier und Umwelt andererseits zu gefährden. Das Gericht stellte in seinem Urteil des Weiteren fest, dass die Verordnung eine Folgenabschätzung nicht verlangt. Die EU-Kommission hatte statt der Implementierung von Kriterien eine ökonomische Folgenabschätzung initiiert und dabei in Kauf genommen, dass Menschen und ihre Umwelt weiterhin mit hormonschädigenden Substanzen (EDCs) belastet werden. WECF und PAN Germany hatten in einer gemeinsamen Presseerklärung vom 18. November 2015 die Klage Schwedens sehr begrüßt. (1) In einer bislang einmaligen Allianz hatten der EU-Ministerrat, das EU-Parlament sowie die Regierungen von Dänemark, Frankreich und den Niederlanden die Klage Schwedens unterstützt.

"Nach diesem Richterspruch müssen nun politische Entscheidungen getroffen werden, damit die EU-Kommission schnellstens ihre Aufgaben umsetzt, so dass endokrinschädigende Substanzen gemäß der Verordnung reguliert werden können. Nur dies garantiert das demokratisch vereinbarte Schutzniveau des EU-Rechts. Es ist bekannt, dass massive Lobbyaktivitäten der Industrie Auslöser der illegitimen Folgenabschätzung und für die Untätigkeit der EU-Kommission waren. Diese undemokratische Entwicklung muss gestoppt werden", so Susanne Smolka, Biozidexpertin bei PAN Germany.

"Diese Entscheidung ist ein wichtiger Schritt zur Regulierung von EDCs in anderen Produkten, Pestiziden und unter REACH", so Alexandra Caterbow, Chemikalienexpertin bei WECF. "Der EU Kommission lagen schon Ende 2013, also fristgerecht, alle nötigen wissenschaftlichen Experteninformationen und Berichtefür die Implementierung von Kriterien vor. Es stellt sich die Frage, warum sich die EU Kommission nun hartnäckig hinter dem Deckmäntelchen der angeblichen Komplexität versteckt und sämtliche Handlungen verschleppt." Biozide werden gegen Schädlinge und Lästlinge eingesetzt und finden sich in zahlreichen Gebrauchsgegenständen, in antimikrobiellen Reinigern, Desinfektionsmitteln, Holzschutzmitteln, als Topfkonservierer, in Schutzbeschichtungen und Antifoulingfarben sowie in

Schädlingsbekämpfungsmitteln. PAN Germany hatte eine erste Liste verdächtiger hormonell wirksamer Biozidwirkstoffe 2014 in der Broschüre "Hormonell wirksame Biozide - Warum hochgefährliche Biozide verbannt werden müssen" publiziert. (2) Auch in vielen Alltagsprodukten wie Kosmetik, Renovierungsartikel, Spielzeug oder Reinigungsmittel sowie in Pestiziden finden sich hormonell wirksame Stoffe. WECF setzt sich seit vielen Jahren für eine strenge Regulierung von EDCs ein (www.wecf.eu).


(1) EU-Kommission wegen Säumigkeit bei hormonell wirksamen Chemikalien vor Gericht. GEMEINSAME PRESSEINFORMATION PAN Germany, HEAL, WECF, EDCfree Europe , 18. November 2015:
http://www.wecf.eu/german/pressemeldungen/2015/EUKommission-Saumigkeit.php

(2) PAN Germany (2014): Hormonell wirksame Biozide - Warum hochgefährliche Biozide verbannt werden müssen.
http://www.pan-germany.org/download/biozide/ED-Biozide_Hintergrundpapier_PAN-Germany_F.pdf
http://www.pan-germany.org/download/biocides/ED-Biocides_backgroundpaper_PAN-Germany_F.pdf

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Quelle:
Pressemitteilung, 17.12.2015
WECF Deutschland
St. Jakobs-Platz 10, 80331 München
Internet: www.wecf.eu
Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany)
Nernstweg 32, 22765 Hamburg
Internet: www.pan-germany.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Dezember 2015

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