Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → FAKTEN

EUROPA/202: Rückwärtsgewandt - Schiffsabwrackung à la IMO (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände

EU-Koordination - 20.05.2009

Rückwärtsgewandt: Schiffsabwrackung à la IMO


Zum ersten Mal gibt es weltweit gültige Regeln für das Abwracken von alten Schiffen. Die neue unter dem Dach der Internationalen Schifffahrtsorganisation IMO beschlossene Konvention "Sicheres und umweltgerechtes Recycling von Schiffen" soll 2013 in Kraft treten und schreibt für 50.000 Schiffe weltweit eine zertifizierte Schadstoffliste (Inventory of Hazardous Materials, IHM) vor. Die IHM soll von Gefahrstoffspezialisten erstellt werden, die nach Prüfung ein Zertifikat ausstellen. Neue Schiffe dürfen nur mit IHM-Liste in Betriebe gehen. Auch Recyclingwerften müssen vor ihrer Zulassung einige Anforderungen an Sicherheit und Umweltschutz erfüllen.


Harsche Kritik von Umweltverbänden

Doch die neue IMO-Konvention zum Schiffsrecycling, auf die sich die Regierungen in der letzten Woche in Hongkong geeinigt haben, haben Umwelt-, Menschenrechts- und Gewerkschaftsverbände als "großen Schritt rückwärts" bezeichnet. Die Konvention halte den gefährlichen und umweltverschmutzenden Status Quo an den Stränden der ärmsten Länder der Welt ("beaching") aufrecht und verhindere bessere und schonendere Formen des Schiffrecyclings, kritisierte das globale Nichtregierungsorganisationenbündnis für Schiffabwrackung. Ein weiter gehender Vorschlag von 107 NGOs, der einen schrittweisen Ausstieg aus der derzeitigen Praxis gefordert hatte, konnte sich nicht durchsetzen. Die neue Konvention unterstütze vielmehr die Verlagerung von der giftigen Arbeit in arme Länder. Sie verstoße gegen die Basler Konvention, weil reiche Industriestaaten nicht verpflichtet seien, die alten Schiffe vor ihrem Export selbst von Giftstoffen zu befreien und legitimiere die Abwrackung direkt an empfindlichen Küstenstränden am Meer - eine Praxis, die in Industriestaaten niemals durchkommen würde. Auch vorsorgende Maßnahmen wie die Verpflichtung, auf giftige Stoffe schon beim Schiffsbau zu verzichten, wurden von den 700 Delegierten nicht angenommen. Darüber hinaus gibt es weiterhin keinen für Schiffskonzerne verpflichtenden Fonds, der das Verursacherprinzip auch finanziell durchsetzen könnte.


EU soll es besser machen

Die Goldmanprize-Trägerin Rizwana Hasan aus Bangladesch forderte, der IMO das Mandat für die Regelung dieser Angelegenheit zu entziehen. Die IMO habe bewiesen, dass sie in Sachen globales Abfallmanagement nicht kompetent sei. Das NGO-Bündnis hofft nun auf die EU, die im November 2008 eine EU-Strategie zum Schiffsrecycling vorgelegt hat und darin weiter gehende Schritte fordert. [jg]

NGO-Bündnis Shipbreakingplatform
http://www.shipbreakingplatform.com/index.php?option=com_content&view=article&
id=130:imo.shiprecycling.convention&catid=51:breaking%20news

EU-Strategie zum Schiffsabwracken
http://ec.europa.eu/environment/waste/ships/pdf/com_2008_767de.pdf

Index: Abfall, Chemie, Globalisierung, Schifffahrt


*


Quelle:
Newsletter zur EU-Umweltpolitik
Nr. 18/09, 20.05.2009
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination, 20.05.2009
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Mai 2009