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ENERGIE/192: Kommunen als Klimaschützer - Vorbildhafte Energieversorgung in Wildpoldsried (BN)


Bund Naturschutz in Bayern e.V. - München, 14. Mai 2010

Kommunen als Klimaschützer gefragt

Vorbildhafte Energieversorgung in der Gemeinde Wildpoldsried


"Auf internationale Klimaabkommen können wir uns nicht verlassen, Klimaschutz muss vor Ort angegangen und umgesetzt werden" sagt Prof. Dr. Hubert Weiger, BN-Landesvorsitzender angesichts der wenig hoffnungsvollen internationalen Klimaverhandlungen in Kopenhagen und Bonn.

Die Gemeinde Wildpoldsried im Oberallgäu ist ein bundesweit herausragendes Beispiel für kommunalen Klimaschutz. "Klimaschutz in der Praxis kann nur mit den Bürgern und nicht gegen Sie umgesetzt werden. Es kann nur mit Begeisterung und Überzeugung, nicht mit Zwang funktionieren" so der Wildpoldsrieder Bürgermeister Arno Zengerle. Es ist notwenig, dass viele Gemeinden diesem Beispiel folgen. "Allerdings müssen die politischen Rahmenbedingungen in Berlin und München richtig gestellt werden" betont Prof. Weiger bei seinem Besuch in Wildpoldsried.

Seit dem Jahr 1999 engagiert sich die rund 2.500 Einwohner zählende Gemeinde unter dem Motto "Wildpoldsried innovativ richtungsweisend" für eine regenerative Energieerzeugung und Energieeinsparung.

Die starke Einbindung lokaler Akteure trägt dazu bei, dass Projekte wie Nahwärmenetz, Solar-Sammeleinkäufe, Pumpenaustauschaktion, kostenlose Energieberatung sowie Bürgerwindkraftanlagen mit einer breiten Beteiligung der Bürger umgesetzt wurden.

Aktuell werden über 300% des gesamten Strombedarfs durch fünf Windkraft-, vier Biogas-, drei Wasserkraft- und über 100 Photovoltaikanlagen erzeugt. Ein Biomasseheizwerk deckt den kompletten Wärmebedarf der kommunalen Gebäude. Zusätzlich sind viele private Gebäude an das Nahwärmenetz angeschlossen. Ziel ist es, bis zum Jahr 2020 rechnerisch den gesamten Energiebedarf des Ortes regenerativ zu erzeugen.

Wildpoldsried ist auch im Bereich der Energieeinsparung aktiv. Als eine der ersten Gemeinden begann sie ab 2001 mit einem kommunalen Energiemanagement. Das Programm läuft bis heute. Dabei werden kommunale Gebäude systematisch nach Energieeinsparmöglichkeiten abgesucht.

Neben Projekten zur regenerativen Energieerzeugung bzw. Energieeinsparung, gibt es auch Vorzeigeprojekte wie die Sporthalle und Holzparkhaus (Holzbauten) sowie die Wildpoldsrieder Wasserlandschaften im Moor (Schutz der ober- und unterirdischen Wasservorkommen sowie ökologische Abwasserreinigung), die das Ökologische 3-Säulen-Konzept der Gemeinde komplettieren.

Die Aktivitäten für den Klimaschutz werden von gezielter Öffentlichkeitsarbeit begleitet. Nicht zuletzt deshalb kamen bereits über 100 Besuchergruppen nach Wildpoldsried, um sich über das ökologische und bürgernahe Konzept der Gemeinde zu informieren und Projekte zu besichtigen. "Das Rad muss nicht immer neu erfunden werden. Auch wir klauen anderen Ideen und verschenken sie weiter", so Bürgermeister Arno Zengerle, bei der Vorstellung verschiedener umgesetzter Projekte.

Darüber hinaus hat das Energiekonzept von Wildpoldsried eine Reihe von innovativen Unternehmen angelockt, die die Energievisionen der Gemeinde wiederum unterstützen und die regionalen Wirtschaftskreisläufe ankurbeln.

Die Gemeinde Wildpoldsried wurde im Jahr 2009 zur Klimaschutzkommune ernannt und mit dem Deutschen Solarpreis ausgezeichnet.


Damit erfolgreicher Klimaschutz vor Ort betrieben werden kann, müssen aber die politischen Rahmenbedingungen auf Landes- und Bundesebene stimmen. Der Bund Naturschutz sieht folgenden Handlungsbedarf:

Dringend notwendig ist ein Energieeffizienzgesetz. Das vom Bundeskabinett verabschiedete "Energiedienstleistungsgesetzes" bringt aufgrund der Blockade von CSU und FDP keine verbindlichen Ziele und wirksame Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz.
Der Anfang Mai von der Bundesregierung verhängte Förderstopp für erneuerbare Wärme muss umgehend aufgehoben werden. Jeder hier eingesetzte Euro trägt nicht nur zum Klimaschutz bei, sondern entfacht ein Vielfaches an weiteren privaten Investitionen, was letztlich auch wieder dem Staatshaushalt zu Gute kommt.
Die geplante massive Reduktion der Solarstrom-Einspeisevergütung gefährdet den erfolgreichen Ausbau der Photovoltaik in Deutschland. Der BN fordert von den Regierungsparteien eine Anpassung mit Augenmaß.
Eine Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke würde den weiteren starken Ausbau der erneuerbaren Energieträger massiv gefährden, da beide Energiesysteme nicht miteinander vereinbar sind. Es darf daher keine Änderung an dem Atomkraft-Ausstiegsbeschluss geben.
Die Bayerische Staatsregierung muss ein Programm für den Aufbau von Energieagenturen in allen bayerischen Regionen einrichten. Als Vorbild kann das Energie- und Umweltzentrum Allgäu (eza!) dienen, welches wertvolle Beratungsarbeit bei Bürgern und Gemeinden in den Bereichen Energieeinsparung und Ausbau erneuerbarer Energien leistet.
Des weiteren ist ein Förderprogramm zur Erstellung von regionalen Potenzialstudien notwendig. In solchen Studien werden die regionsspezifischen Möglichkeiten für den Ausbau erneuerbarer Energiequellen und Energieeinsparmöglichkeiten fundiert ermittelt. Ein gutes Beispiel ist die PEESA-Studie (Potentiale erneuerbarer und effizienter Stromerzeugung im Allgäu).

Der Bund Naturschutz engagiert sich seit Jahren für eine Energiewende. Im Allgäu veranstaltet der BN zusammen mit dem eza! im Jahr 2010 zum zweiten mal die Allgäuer Solarmeisterschaft. Ausgezeichnet werden die Kommunen, die in ihrer Größenklasse die meisten Solaranlagen installiert haben.

Der BN befürwortet einen weiteren Ausbau der Windenergie im Allgäu. Um die Konflikte mit dem Arten- und Landschaftsschutz möglichst gering zu halten, ist ein Masterplan Windenergie für das Allgäu nötig, an dem die Vertreter der unterschiedlichen Interessensverbände mitarbeiten.

Mit dem Umweltbildungsprogramm "Energie-Führerschein" setzt auch die BN-Kreisgruppe Oberallgäu ein deutliches Zeichen für eine Energiewende vor Ort. Beim Energie-Führerschein werden Schüler der 3. bis 5. Jahrgangsstufen aus dem Landkreis Oberallgäu und der Stadt Kempten mit vielen anschaulichen und selbst durchzuführenden Experimenten zum Thema "Energie und Klimaschutz" zu Energiedetektiven ausgebildet. Mit einem Energiecheck zu Hause und der Verleihung des "Energieführerscheins" zum Abschluss haben die Kinder gelernt, wie sie selbst, zu Hause und in der Schule Energie einsparen und etwas für den Klima- und Umweltschutz tun können.


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Quelle:
Presseinformation, 14.05.2010
Herausgeber:
Bund Naturschutz in Bayern e.V.
Landesgeschäftsstelle
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Tel. 0 941/ 2 97 20-0, Fax 0 941/ 2 97 20-30
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Internet: www.bund-naturschutz.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Mai 2010