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DEBATTE/045: Biomasseprojekt abgeschlossen - Bioenergiepolitik fehlt es an Glaubwürdigkeit (FUE Rundbrief)


Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 2/2013 Ziele(n) für nachhaltige Entwicklung - Wer hat noch Pfeile im Köcher?

Biomasseprojekt abgeschlossen

Bioenergiepolitik fehlt es an Glaubwürdigkeit

von László Maráz



Nach sechsjähriger Laufzeit hat die Plattform »Nachhaltige Biomasse« im April das Verbändeprojekt Nachhaltige Landnutzung und ressourcenschonende Biomassepolitik abgeschlossen. Viele Umwelt- und Entwicklungsorganisationen hatten die Debatte um Nachwachsende Rohstoffe und Biokraftstoffe mitverfolgt und auch gemeinsam über Positionen und Lösungsstrategien diskutiert und damit die Politik spürbar mit beeinflusst. Gefördert wurde das Projekt durch das Umweltbundesamt.


Während des Projektes wurden zahlreiche gemeinsame Treffen und Fachtagungen organisiert, bei dem sich sowohl die Umwelt- und Entwicklungsverbände, als auch Vertreter aus Wissenschaft, Politik und Agrarverbänden austauschten. Die Erarbeitung von Positionspapieren und Stellungnahmen war ebenso Teil des Projekts, wie die Erstellung von Kurzstudien und zahlreiche Vorträge und Fachbeiträge zu Themen der Bioenergie- und Biomassepolitik.

Biomasse ist inzwischen eine der wichtigsten erneuerbaren Energiequellen, doch im Fokus der Kritik steht vor allem die Biokraftstoffpolitik. Zwar sind mittlerweile Nachhaltigkeitsverordnungen in Kraft und es haben sich verschiedene Zertifizierungssysteme etabliert. Doch da sowohl wichtige Umweltaspekte wenig Berücksichtigung finden und soziale Kriterien fast völlig unbeachtet bleiben, wird die Kritik so schnell nicht nachlassen.

Denn der Klimaschutzbeitrag des Biomasseeinsatzes bleibt bestenfalls bescheiden und ist heftig umstritten. Biomasse ist erneuerbar, aber nicht unendlich. Angeheizt wird die Debatte auch wegen der zunehmenden Verwendung von Energieholz, das für Knappheit bei holzverarbeitenden Betrieben sorgt und den Nutzungsdruck auf die Wälder steigert. Weitere Verwendungen vor allem in der stofflichen Nutzung werden vorangetrieben, sodass die Nachfrage weiter steigen wird.


Zu viel Geduld - zu geringe Erfolge
Die Debatte der letzten Jahre war stets von einer sehr unterschiedlichen Auffassung der beteiligten Verbände geprägt. Akteuren, die etwa der Biokraftstoffpolitik mehr oder weniger wohlwollend gegenüberstanden und sich um die Verbesserung der Anwendung bemühten, standen andere Verbände gegenüber, die eine sofortige Abkehr vom Einsatz des unbeliebten Agrosprits forderten. Beide hatten gute Gründe dafür, denn angesichts der massiven Probleme vor Ort ist heftige Kritik berechtigt. Seitens der Koordination haben wir es als unsere Aufgabe gesehen, den Dialog zu fördern und wir deswegen den Einsatz von Biokraftstoffen in gewissem Maße als durchaus machbar betrachtet haben. Dies hat sicher dazu geführt, dass die Verbände den konstruktiven Austausch mit den Befürwortern dieser Politik gefunden haben und auch dort zur Versachlichung der Debatte beitragen konnten.

Was aber hat es genutzt? Wenig. Im Nachhinein muss man konstatieren, dass unsere Geduld zwar durchaus angebracht, aber wohl doch zu groß war. Zu viele Entscheidungen wurden gegen bessere Standards und gegen eine schonendere Landnutzungspolitik gefällt - von der Klimaschutzpolitik mal ganz abgesehen.


Fossile Energieträger auf der Überholspur
Angesichts wachsender Treibhausgasemissionen und der verstärkten Suche nach neuen fossilen Energiequellen muss sich die Politik fragen lassen, wie relevant der Ausbau der Biomassenutzung für den Klimaschutz ist. Denn andere, effektivere Maßnahmen zum Schutz von Weltklima und Naturressourcen, wie eine Verkehrswende oder die Reduktion des Fleischverbrauches, werden erst gar nicht angepackt. Spätestens seit der Debatte um die Förderung von Schiefergas und die Nutzung neuer Braunkohlevorkommen wird deutlich, dass die Nutzung nachwachsender Rohstoffe lediglich dazu dient, zusätzliche Energie- und Rohstoffmengen für ein nicht-nachhaltiges Wachstumsmodell zu liefern.

Es reicht also nicht aus, sich lediglich mit den Problemen der steigenden Biomassenutzung zu befassen. Die Förderung einer nachhaltigen Land- und Ressourcennutzung bleibt eine wichtige Herausforderung. Es müssen aber vor allem erheblich größere Anstrengungen unternommen werden, um unseren Energie- und Ressourcenverbrauch zu verringern und den Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energieträger einzuleiten, ohne den das Klima nicht geschützt werden kann.

Wegweisend ist hier das Positionspapier des Umweltbundesamtes »Globale Landflächen und Biomasse nachhaltig und ressourcenschonend nutzen«(1), das der landwirtschaftlichen Anbaubiomasse nur geringen Stellenwert einräumt und sowohl die Begrenzung der energetischen Nutzung auf die Verwendung der knappen Reststoffe, als auch die Senkung des Gesamtverbrauches an entsprechenden Rohstoffen empfiehlt.


Autor László Maráz war von 2008 bis 2013 der Koordinator der Plattform Nachhaltige Biomasse.


(1) http://www.umweltbundesamt.de/uba-infomedien/4321.html


Das Forum Umwelt & Entwicklung wurde 1992 nach der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung gegründet und koordiniert die Aktivitäten der deutschen NRO in internationalen Politikprozessen zu nachhaltiger Entwicklung. Rechtsträger ist der Deutsche Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände (DNR) e.V.

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Quelle:
Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 2/2013, S. 31
Herausgeber: Projektstelle Umwelt & Entwicklung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. August 2013