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AKTION/310: Kreative "Klimawelle" fordert wirksamen Klimaschutz & Klimagerechtigkeit (ROBIN WOOD-Magazin)


ROBIN WOOD-Magazin Nr. 106/3.2010
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie

tatorte

Klimawelle


Während in Bonn die UN-Klimakonferenz vom 31.5. bis 11.6.10 tagte, organisierte ein breites Bündnis von NGOs eine Klimawelle, die in kreativen, bunten und deutlichen Bildern wirksamen Klimaschutz und echte Klimagerechtigkeit forderte. In Bonn begleiteten ROBIN WOOD-Aktive eine Klimademonstration, am Frankfurter Flughafen besetzte ROBIN WOOD einen Kran der Baustelle zur Flughafenerweiterung.

In Frankfurt, am 3. Juni, machten ROBIN WOOD-AktivistInnen mit einer Kletteraktion deutlich, was Klimaschutz für sie bedeutet. "Save the Climate - Stop Airport Expansion" (Rettet das

Klima - Stopp Flughafenausbau). Ein rund 130 Quadratmeter großes Transparent mit dieser Forderung hängten vier ROBIN WOOD-AktivistInnen auf einen Baukran an einer Baustelle des Frankfurter Flughafens. Die Baustelle ist Teil der Flughafenerweiterung. Allein am Rhein-Main-Airport starten und landen derzeit eine halbe Million Flugzeuge pro Jahr. Durch den Bau der neuen Landebahn, die Ende 2011 in Betrieb gehen soll, ist eine Steigerung auf bis zu eine Million Maschinen möglich. Um Platz für die neue Piste zu schaffen, ließ Fraport im vergangenen Jahr rund 250 Hektar Mischwald roden - gegen den erbitterten Widerstand von örtlichen Bürgerinitiativen und ROBIN WOOD-AktivistInnen.

Bonn, 5. Juni 2010: Begleitet von Sambabands und bei strahlendem Sonnenschein forderten ca. 2000 Demonstranten in Bonn als gemeinsame "Klimawelle" von den Delegierten der UN-Klimakonferenz endlich Taten statt Worte. ROBIN WOODMitglieder appellierten mit Schildern an die PassantInnen, den Klimaschutz von unten zu betreiben, anstatt auf die Politik zu hoffen. "Solar aufs Dach, Fairtrade kaufen, weniger Fleisch essen", waren einige ihrer Vorschläge.

Von vielen PassantInnen erntete die Demo Zustimmung - nicht zuletzt wegen der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko. Einige Werbeplakate am Wegesrand wurden spontan mit Slogans zum Klimaschutz überklebt und ein Banner mit der Aufschrift "Klimagerechtigkeit jetzt" über einer riesigen Werbewand postiert. Nach Ende der Abschlusskundgebung bewegten sich einzelne Demonstrationszüge auf verschiedenen Wegen durch die Stadt zu einer Total-Tankstelle, um diese symbolisch zu blockieren. Die Aktivisten, die sich vom darüber liegenden Parkhaus abseilten, entrollten ein Banner mit der Aufschrift "Total = Aral = Shell = BP: Bohrlöcher zumachen !" Die Polizei griff nicht ein.


Kranbesetzung in Frankfurt am Flughafen:

In Bonn liefen schon seit ein paar Tagen die UN-Klimaverhandlungen, aber unsere Erwartungen an mögliche Ergebnisse der Konferenz waren gering. Wie wenig die Politik bereit ist, wirksame Maßnahmen für den Klimaschutz zu ergreifen, hatte die erfolglose Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen deutlich gemacht. Unsere Aktion unter dem Motto: "Save the Climate - Stop Airport Expansion" sollte sich nicht nur an die KonferenzteilnehmerInnen richten, sondern unsere Botschaft an Alle war: Wartet nicht darauf, dass die Regierungen das Klima retten. Werdet selbst aktiv und wehrt euch gemeinsam gegen extrem klimaschädliche Bauvorhaben wie den Ausbau von Flughäfen.

Den Kran wollten wir kurz vor dem Morgengrauen im Schutz der Dunkelheit erklettern. Allerdings hatten wir uns eine der kürzesten Nächte des Jahres ausgesucht und nicht bedacht, dass es wegen des Streulichts am Flughafen nie wirklich dunkel wird. Aber am frühen Morgen waren erst wenige Leute unterwegs. Im Dämmerlicht stiegen wir die Leiter im Kran hoch. Eine schwierige Kraxelei, denn wir mussten 40 Meter mit einem riesigen Seesack, der das Transparent enthielt und den wir nicht auf dem Rücken tragen konnten, weil der Aufstieg zu eng war, überwinden. Oben angekommen kletterten wir durch das Führerhäuschen, dessen Luken zum Glück unverschlossen waren. Oben warteten wir, bis es richtig hell wurde.

Neben uns dröhnten die Flugzeuge und auch die nahe Autobahn machte den Ort nicht gerade idyllisch. Aber der Anblick der gerodeten Fläche, die gerade planiert und betoniert wurde und das Wissen, dass das der Ort ist, an dem ich in den Bäumen gewohnt hatte, um das Roden des Waldes für den Flughafenausbau zu verhindern, machten mir noch mehr Lust darauf, gleich das Banner aufzuhängen. Endlich war es soweit: Wir gingen raus auf den Ausleger, befestigten die Seile und das Banner am Kran und seilten uns damit ab. Als das riesige Transparent ausgebreitet und gespannt war und wir in den Seilen hingen, kam unser Bodenteam zum Einsatz. Die Presse wollte Interviews und die Polizei am liebsten, dass wir sofort wieder runterkämen. Das sahen wir natürlich anders und stiegen erst nach rund zwei Stunden Kranbesetzung ab. Glücklich über die gelungene Aktion stürzten wir uns direkt anschließend in einen Badesee, in dem wir auch schon zu Waldbesetzungszeiten gebadet hatten.


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Keine A44 - Wald statt Asphalt

Helsa, 25.05.2010: Beim ersten Spatenstich für den Bau eines weiteren Teilstücks der A44 forderten Aktive von ROBIN WOOD den Verzicht auf diese überflüssige und teure neue Autobahn. Die A44 soll von KasselOst bis Wommen bei Eisenach führen, rund 1,4 Milliarden Euro kosten und sieben europäische Naturschutzgebiete sowie große Waldgebiete zerschneiden.

Prognostiziert wird für die A44 ein Verkehrsaufkommen von 14.700 Kfz pro Tag. Das liegt weit unter dem Schnitt bundesdeutscher Autobahnen mit täglich 47.600 Kfz. Der Bedarf ist also ebenso fragwürdig wie bei der Verlängerung der A4 ins Sauerland - und der hatte der hessische Verkehrsminister Posch Anfang Mai wegen zu geringer Verkehrsmengen und zu hoher Kosten eine klare Absage erteilt: Man könne nicht alles machen, was wünschenswert sei, sondern müsse mit den Steuergeldern vernünftig umgehen. Deshalb forderten die ROBIN WOOD-AktivistInnen Konsequenz von Herrn Posch: "Was für die A4 gilt, kann für die A44 nicht falsch sein. Stoppen Sie diese milliardenschwere Fehlinvestition!" Noch könnte der Bau der A44 abgebrochen werden. Die 64 Kilometer lange Strecke ist in elf Abschnitte unterteilt. Erst einer davon, die Ortsumgehung Walburg, ist fertig, bei anderen ist noch nicht einmal die Planung offen gelegt.

Am 13. Juni lud ROBIN WOOD dort, wo die A44 gebaut werden soll, zu einem Waldaktionstag mit Waldbegehung, Schnupperklettern, Kuchenstand, Chor-Konzert und Infos zur geplanten Autobahn ein. Beim gemeinsamen Spaziergang wurde der Wald gezeigt, der für die A44 platt gemacht werden soll. Der Widerstand vor Ort gegen das unsinnige Autobahnprojekt ist ungebrochen - mehr als 200 Menschen folgten der Einladung von ROBIN WOOD.


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Atomkraftgegner entern Sparrenburg

Am 25.06.10 demonstrierten ROBIN WOOD-AktivistInnen der Regionalgruppe Bielefeld für den Ausstieg der Bielefelder Stadtwerke aus dem niedersächsischen Atomkraftwerk Grohnde. Drei AktivistInnen erkletterten den 40 Meter hohen Turm, der im Zentrum Bielefelds gelegenen Sparrenburg, hissten eine Anti-AtomFlagge und entrollten ein 50 Quadratmeter großes Transparent: "Bielefeld steigt aus - Stadtwerke raus aus Grohnde".

Die Stadtwerke Bielefeld besitzen 16,7 Prozent der Anteile am AKW Grohnde. Die übrigen 83,3 Prozent gehören dem Atomkonzern E.ON. Das AKW Grohnde zählt mit einer Nettoleistung von 1.360 Megawatt zu den größten AKWs weltweit. Der Strommix der Stadtwerke Bielefeld besteht noch zu über 50 Prozent aus Atomstrom. Über 200 meldepflichtige Ereignisse im AKW Grohnde seit 1985 zeigen, dass der Betrieb auch dieses Atomkraftwerks zu riskant ist. Die Stadtwerke Bielefeld versuchen die Risiken klein zu reden und ihren Atomstrom mit dem Werbeargument zu verkaufen, er sei klimafreundlich. Tatsächlich aber verstopft der in Grundlastkraftwerken erzeugte Atom- und Kohlestrom die Netze für klimafreundliche, erneuerbare Energien.

ROBIN WOOD forderte die Stadtwerke Bielefeld auf, aus dem AKW Grohnde auszusteigen und stattdessen eine sichere, regionale und regenerative Energieversorgung anzubieten. Solange die Stadtwerke ihren Strommix nicht atomstromfrei gestalten, kann allen BürgerInnen der Region nur empfohlen werden, dort zu kündigen und zu einem Anbieter zu wechseln, der ausschließlich mit Ökostrom handelt. Über empfehlenswerte Ökostromanbieter können sich alle Stromkunden auf der ROBIN WOOD-Internetseite informieren. ROBIN WOOD ruft alle BürgerInnen und Initiativen der Region auf, unter www.robinwood.de/Bielefeld-steigt-aus/ auch online gegen die Atompolitik der Bielefelder Stadtwerke zu protestieren.

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Klar zum Entern! Klimaschutz selber machen

Am 20. Juli in Stuttgart hieß es für die ROBINA WALD Leinen Los! Die AktivistInnen werden mit dem Holz-Floß rund vier Wochen lang auf Neckar, Rhein und Main bis nach Frankfurt unterwegs sein. Nachdem die Klimakonferenz in Kopenhagen gescheitert ist, ist nun erst recht jeder Einzelne gefragt, das Klima zu schützen. Die Flößer-Crew will neue Bewegung in die Klimadebatte bringen und sich mit Menschen entlang der Strecke darüber austauschen, wie man sich gemeinsam gegen unsinnige und klimaschädliche Bauvorhaben wehren kann. Davon gibt es auf dem Weg nach Frankfurt eine Menge: vom Kellerbahnhof Stuttgart 21 über den neuen Block fürs Kohlekraftwerk in Mannheim bis zur Erweiterung des Frankfurter Flughafens.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

• Frankfurt/Flughafen

• Bonn

• Protest am 25. Mai 2010 gegen den 1. Spatenstich für einen neuen Bauabschnitt der umstrittenen Autobahn 44, die insgesamt sieben Naturschutzgebiete von europäischem Rang zerschneiden wird

• Waldaktionstag am 13. Juni gegen die neue Autobahn mit Schnupperklettern und Waldführung im Kaufunger Wald, den die geplante A44 zerschneiden wird


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Quelle:
ROBIN WOOD-Magazin Nr. 106/3.2010, S. 32-35
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Oktober 2010