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KOHLEALARM/266: Klimakampf und Kohlefront - trotzdem ... (Lausitzcamp)


6. Lausitzcamp - Klima- und Energiecamp - Pressemitteilung vom 18. Mai 2016

Größtes Lausitzcamp aller Zeiten war voller Erfolg


Proschim, 18.05.2016 - Am Montag, dem 16.05.2016, endete das sechste Lausitzcamp mit einem neuen Teilnehmerrekord. Zwischen 3.500 und 4.000 Menschen aus Europa und der ganzen Welt nahmen am Camp teil. Am Samstag, dem 14.05.2016, gingen über 1500 Menschen zu einer Demonstration gegen Kohleverstromung. Zeitgleich zum Lausitzcamp hatte das Bündnis "Ende Gelände" zu einer Massenaktion des zivilen Ungehorsams aufgerufen, an der über 3.500 AktivistInnen teilnahmen. Am Rande des Camps kam es gehäuft zu Gewalttaten und verbalen Angriffen von Kohlebefürwortern, sowohl auf CampteilnehmerInnen als auch auf AktivistInnen von "Ende Gelände". "Das diesjährige Lausitzcamp zeigt, dass der Protest gegen Kohle in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. TeilnehmerInnen aus der ganzen Welt machen deutlich, der Braunkohleabbau in der Lausitz ist kein lokales, sondern ein globales Problem", kommentiert Mit-Organisator Marvin Kracheel den Verlauf des Camps. Insgesamt ziehen die Veranstalter in positives Fazit. "Wir sind alle erschöpft aber überaus zufrieden. Die harte Arbeit und der Zeitaufwand haben sich gelohnt", erzählt Josephine Lauterbach.


Vernetzung, Austausch und Protest gegen Kohlekraft

Das Lausitzer Klima- und Energiecamp fand vom 9. bis 16. Mai im vom neuen Tagebau Welzow Süd II bedrohten Dorf Proschim statt und setzte damit ein deutliches Zeichen gegen den Klimawandel, Kohleverstromung und für die Energiewende. Neben politischen Workshops und Vorträgen zum Kohleabbau, zu erneuerbaren Energien und verschiedenen anderen gesellschaftskritischen Themen wie dem Handelsabkommen TTIP, standen auch ein Volleyballturnier, ein Theaterstück sowie vielfältige Aktionsworkshops auf dem Programm. Die Demonstration zwischen den Orten Welzow und Proschim, zu der verschiedene Umweltorganisationen aufgerufen hatten, bildete mit rund 1.500 TeilnehmerInnen einen der Höhepunkte des Camps. Die starke internationale Beteiligung sorgte bei den Organisatoren für besondere Freude. "Das so viele Menschen aus der ganzen Welt zusammenkommen, um selbstorganisiert, basisdemokratisch und friedlich miteinander umzugehen, ist ein Lehrstück von gelebter Demokratie", sagt Josephine Lauterbach, Mitorganisatorin des Lausitzcamps. "Von uns können Europas Politiker noch einiges lernen", ergänzt Marvin Kracheel.

Eingebettet war das sechste Lausitzcamp in die vom 03.05. bis 15.05.2016 weltweit stattfindenden Aktionstage. Unter dem Motto "Break Free from Fossil Fuels" protestierten tausende Menschen auf unterschiedlichste Weise gegen die Nutzung fossiler Rohstoffe wie Kohle und Öl.


Gewalt gegen Kohlegegner überschattet Erfolge

Das Camp und seine TeilnehmerInnen wurden mehrfach von KohlebefürworterInnen sowohl verbal als auch körperlich angegriffen. Bereits beim Aufbau des Camps wurde Infrastruktur attackiert und Feuerwerkskörper gezündet. Trauriger Höhepunkt dieser Einschüchterungsversuche war die Nacht zum 16. Mai, in der sich im Ortskern von Proschim eine größere Gruppe Kohlebefürwortern versammelte. Die Polizei führte bei 57 Personen eine Identitätsfeststellungen durch. Bei Übergriffen wurde ein Campteilnehmer so schwer verletzt, dass er ins Krankenhaus gebracht werden musste. Laut Polizeiangaben handele es sich überwiegend um Personen, die der rechten Szene zuzuordnen und zum Teil auch der Polizei als rechtsmotivierte Straftäter bekannt seien. "Wir verurteilen jede Art von Gewalt, die CampteilnehmerInnen erfahren mussten. Eine gewisse Überlagerung der Kohlebefürworter mit dem rechten Spektrum, die zum Teil zu bestehen scheint, beobachten wir mit großer Sorge", kommentiert Josephine Lauterbach, Mit-Organisatorin des Lausitzcamps. Von Seiten des Camps ging jedoch keine Gewalt oder Eskalation aus. "Trotz der massiven Bedrohungslage, und entgegen den Behauptungen seitens der Kohlelobby, haben alle Campteilnehmer besonnen und deeskalierend agiert", kommentiert Marvin Kracheel die Ereignisse. Von Kohlelobbyisten, wie dem Verein Pro Lausitzer Braunkohle, wird seit Jahren Stimmung gegen die Energiewende gemacht und der menschgemachte Klimawandel geleugnet. "Wer Kohlegegner als Terroristen und Gewalttäter denunziert und ganz bewusst Ängste schürt, trägt eine Mitschuld an der Gewalt", warnt Marvin Kracheel.

Enttäuscht zeigen sich die OrganisatorInnen von der Polizei. Nachdem man zuerst auf einen gegenseitigen Dialog gesetzt hatte, spitzte sich die Lage zum Wochenende zu. Als CampteilnehmerInnen bedroht wurden, ignorierte die Polizei die Anrufe der Organisatoren. Bei einem Anruf in der Notrufzentrale wurde die Hilfe sogar verweigert. "Wenn die Polizei Notrufe ignoriert, haben wir ein ernstes Problem in diesem Land. Dieses Wochenende hat mein Bild von der Polizei nachhaltig verändert", äußert sich Marvin Kracheel.


Welzower Bürgermeisterin wollte Camp gewaltsam räumen

Am Abend des 14.05.2016 wurde den CamporganisatorInnen eine Ordnungsverfügung der Stadt Welzow überstellt. Mit der Begründung, "dass aus dem Klimacamp heraus massive Straftaten begangen werden", forderte Bürgermeisterin Birgit Zuchold (SPD) "alle Campteilnehmer auf, bis zum Sonntag, 15.05.2016, 13:00 Uhr das Klimacamp zu verlassen". Andernfalls wolle sie das Camp von der Polizei räumen lassen. Die erste Ordnungsverfügung wurde vom Rechtsanwalt des Lausitzcamps geprüft und aufgrund grober Fehler für rechtswidrig befunden. "Frau Zuchold ist uns schon länger als Verbündete der Kohlelobby bekannt", kommentiert Josephine Lauterbach. Zuchold ist unter anderem an der "Gewalt stoppen"-Plakatkampagne beteiligt, mit deren Hilfe Ängste bei der lokalen Bevölkerung gegen Lausitzcamp und "Ende Gelände" geschürt werden sollten. "Es verwundert uns daher nicht, dass Frau Zuchold versucht, ihre Position als Bürgermeisterin auszunutzen, um uns gewaltsam daran zu hindern, unsere Meinung kund zu tun", ergänzt Marvin Kracheel. Am Sonntagnachmittag wurde gegen 16:00 Uhr eine zweite, nachgebesserte Ordnungsverfügung an das Camp überstellt. In dem Schreiben wurden die CamporganisatorInnen wieder auffordert, das Camp bis Sonntag 13:00 Uhr zu räumen. Neben den widersprüchlichen Zeitangaben wurden weitere Fehler durch den Rechtsanwalt des Camps in der Verfügung angekreidet. "Die Verfügungen von Frau Zuchold waren laienhaft und ohne Sachkenntnis, letztendlich mussten wir nicht einmal Widerspruch einlegen", äußert sich Marvin Kracheel zum Geschehen. Das Lausitzcamp wurde, in Absprache mit den zuständigen Polizeikräften, ganz normal fortgesetzt und endete wie geplant am Montag, dem 16.05.2016, mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Dorfkirche von Proschim.

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Quelle:
Presse AG - 6. Lausitzcamp - Klima- und Energiecamp
E-Mail: presse@lausitzcamp.info
Internet: www.lausitzcamp.info


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Mai 2016

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