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VÖGEL/1092: Vogelzug in vollem Gange (NABU NRW)


NABU Landesverband Nordrhein-Westfalen - 8. September 2017

Wo sind all die Vögel hin?

NABU NRW: Vogelzug ist jetzt in vollem Gange, Mauser neigt sich dem Ende zu


Düsseldorf - Noch vor wenigen Wochen waren Amseln, Meisen, Zaunkönige, Schwalben und Störche intensiv mit der Aufzucht ihrer Jungen beschäftigt. Überall war lautes Vogelgezwitscher zu hören und man konnte die Vogeleltern geschäftig hin und herfliegen sehen. Aufgrund des kalten Frühjahrs haben viele Vögel erst spät mit dem Brutgeschäft begonnen. Diese späten Bruten waren für den Arterhalt deshalb besonders wichtig. Doch jetzt ist es still geworden in unserer Kulturlandschaft. "Dies hat aktuell vor allem zwei Gründe", erklärt Heinz Kowalski, Vogelexperte des NABU NRW. "Zum einen fliegen zahlreiche Brutvögel schon wieder in ihre Überwinterungsgebiete, zum anderen ist jetzt Mauserzeit." Zudem setze das Usutu-Virus aktuell den Amselbeständen in NRW wieder zu.

Nach der anstrengenden Brutzeit befinden sich die meisten unserer heimischen Standvögel in der Mauser. "Da werden aus schwarzen Amselmännchen mit leuchtend gelben Augenringen schon mal struppige Kerle", so Kowalski. Den Weibchen gehe es nicht besser. Etwa drei bis vier Wochen Zeit benötigten die Tiere für die 'Runderneuerung' ihres Federkleides. In dieser Zeit seien sie oft nur eingeschränkt flugfähig und daher schnell leichte Beute für jegliche Räuber. Deshalb und weil die Mauser eine sehr anstrengende Prozedur ist, lebten die Vögel, dann sehr zurückgezogen. Da sie zudem ihren Gesang fast vollständig einstellen, seien sie für uns Menschen zumeist 'plötzlich verschwunden'. Kowalski: "Ab Mitte bzw. Ende September haben die meisten Singvögel aber ihre Mauser beendet und tauchen dann auch wieder in unseren Gärten auf".

Gesteuert werde der Mauserprozess nach einem angeborenen Zeitplan durch das Hormon Thyroxin. Jede Vogelart verfüge - vorwiegend unter dem Diktat klimatischer und biologischer Zyklen - über eine auf ihre Bedürfnisse und Lebensweise abgestimmte Mauserstrategie. "Die Mauser ist für alle Vögel unvermeidlich, weil sich ihr Gefieder abnutzt", erklärt der NABU-Vogelexperte. Exakt an der Stelle, wo die alte Feder gesessen hätte, entstehe eine passende neue. Gleichzeitig werden so auch Farben und Muster des Gefieders erneuert.

Der weitere aktuelle Grund für das Verschwinden unserer heimischen Singvögel sei natürlich der Vogelzug, der jetzt schon wieder in vollem Gange sei. Beginnend mit den Mauerseglern, die bereits Ende Juli in ihre Überwinterungsgebiete starten, erstrecke sich der Vogelzug je nach Witterungsverhältnissen bis weit in den November hinein. Den Mauerseglern folgten im August Nachtigall, Grasmücken, Kuckuck, Wespenbussard, Gartenrotschwanz und die Störche. Jetzt im September starten neben Rauchschwalben und Buchfinkenweibchen auch Fischadler in Ihre Winterquartiere.

Zur Hauptzugzeit Anfang Oktober verlassen laut Expertenschätzungen mehr als 50 Millionen Zugvögel ihre Brutgebiete in Deutschland, um eine Reise in wärmere Gefilde anzutreten. Eine noch größere Zahl wird Deutschland und damit auch Nordrhein-Westfalen überqueren und dabei an geeigneten Rastplätzen wie dem 'Unteren Niederrhein', der 'Weserstaustufe Schlüsselburg' oder den 'Rieselfeldern Münster' auftanken, weiterziehen oder aber hier den Winter über Station machen.

"Dann lassen sich Stare und Wildgänse, aber auch zahlreiche Durchzügler aus Osteuropa, Sibirien oder Skandinavien besonders gut beobachten", weiß Kowalski. Deshalb lädt der NABU auch in diesem Jahr wieder alle Vogelfreunde zum gemeinsamen Vogelbeobachten ein. Im Rahmen des Birdwatch 2017 am 30. September und 1.Oktober bietet der NABU bundesweit wieder zahlreiche fachkundig geleitete Exkursionen zum Höhepunkt des sichtbaren Vogelzuges über Deutschland an. Unter www.birdwatch.de gibt es die Möglichkeit zur direkten Online-Eingabe der Zugvogelbeobachtungen. Hier findet sich auch eine aktuelle bundesweite Terminübersicht zum BirdWatch.

Der NABU weist allerdings wiederum darauf hin, dass es neben den aktuellen Gründen für "wenig Vögel" auch einen generellen Grund gibt. In den letzten 30 Jahren hat Europa rund 450 Millionen Vögel verloren. Hauptgrund dafür ist die industrielle Landwirtschaft mit ihren Monokulturen, der Gülle und den Spritzmitteln. "Diesen massenhaften Verlust an heimischen Vögeln merken wir inzwischen auch in den Gärten", sagt Kowalski. Der NABU fordere deshalb eine die Natur schützende Landwirtschaftspolitik.

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 54/2017, 08.09.2017
NABU Nordrhein-Westfalen
Völklinger Straße 7-9, 40219 Düsseldorf
Tel.: 0211/15 92 51-14, Fax: 0211/15 92 51-15
E-Mail: Presse@NABU-nrw.de
Internet: www.nabu-nrw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. September 2017

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