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INSEKTEN/298: WWF-Urwaldprojekt in Thüringen: Seltener Eremit nahe der Wartburg gefunden (WWF)


WWF Pressemitteilung - 22. November 2018

WWF-Urwaldprojekt in Thüringen: Seltener Eremit nahe der Wartburg gefunden


Zwei seltene Käfer sind von Experten der Naturschutzorganisation WWF Deutschland, dem Naturkundemuseum Erfurt und Thüringen Forst gefunden worden. Entdeckt wurde der Eremit (Osmoderma eremita) in den Wäldern rund um die Wartburg und der Eliashöhle. Außerdem wurde im Biosphärenreservat Thüringer Wald ein Ripidius-Käfer (Ripidius quadriceps) gesichtet, der letztmalig 1853 in Thüringen nachgewiesen wurde. "Eremit und Ripidius sind jeweils spezialisierte Käferarten der heimischen Insektenwelt. So kommt der Eremit oft nur noch in weitgehend intakten Wäldern mit altem Baumbestand vor. Verschwinden diese ökologischen Inseln, verschwinden mit ihnen auch wichtige Lebensräume. Angesichts des zunehmenden Insektensterbens in Deutschland ist es eine kleine Sensation, dass wir den Ripidius quaduriceps in Thüringen nachgewiesen haben, da es bis zum jetzigen Zeitpunkt nur drei Orte in Deutschland gibt, in denen er nachgewiesen wurde", erklärt Dr. Jochen Schaub, Projektleiter des WWF in Thüringen.

Der Eremit (Osmoderma eremita) gehört zur Familie der Rosenkäfer. Sie verbringen meist ihr ganzes Leben in den Höhlen und Hohlräumen alter Bäume. Ihr Domizil verlassen sie nur zur Paarung. Und selbst dann nicht allzu weit. Die Männchen locken die Weibchen dabei über einen aprikosenähnlichen Geruch an. Weshalb der Eremit im Volksmund auch Aprikosenkäfer heißt. Diese geringe Verbreitungsfähigkeit ist heute eine Gefahr für den Eremit. Deshalb wird er sowohl in der europäischen Flora Fauna Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) als auch der Roten Liste Deutschlands und Thüringens geführt. Eremit-Käfer findet man derzeit nur noch in wenigen, naturbelassenen Wäldern und in Parkanlagen mit altem Baumbestand.

Der Ripidius-Käfer (Ripidius quadriceps) zählt nicht zu den Urwaldreliktarten. Er gilt als äußerst selten und ist in Thüringen (eigentlich) ausgestorben. Umso erfreulicher der Fund im Biosphärenreservat Thüringer Wald. Der Käfer lebt selbst nur drei bis vier Tage, die Zeit davor verbringt er als Larve. Aufgrund der geringen Flugzeit sind Nachweise selten, sodass es kaum weitere wissenschaftliche Fakten zu seiner Biologie gibt.

"Diese Funde sind natürlich klasse. Zeigen sie doch die Qualität der Waldbestände. Alte Waldbestände sind kostbar und müssen gepflegt und erhalten werden, um solche Arten zu erhalten", " kommentiert Forstamtsleiter Ansgar Pape den seltenen Fund. "Die Entdeckung des Eremiten an der Eliashöhle hat natürlichen einen besonderen Charme: Der Sage nach soll zur Zeit der heiligen Elisabeth hier ja ein echter Eremit gelebt haben."

Hintergrund "Thüringer Urwaldpfad"

Durch die Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie (TLUG) wurden bereits im Vorfeld geeignete Projektflächen ("Urwaldperlen") ausgewählt, die fast vollständig dem Natura 2000-Netz angehören und naturnahen, teils urwaldähnlichen Charakter aufweisen. Fast alle Flächen stehen bereits als "Urwälder von morgen" fest, bzw. stehen unmittelbar vor der Aufgabe ihrer Nutzung. Anhand der einzelnen Rundwege der Urwaldpfade werden die zukünftigen "Urwaldperlen" in Thüringen erlebbar gemacht. Dazu dienen natur- und wildnispädagogische Stationen, die das Tor zum jeweiligen "Urwald von morgen" bilden. Mit der Schaffung der Marke Thüringer Urwaldpfade soll zudem eine naturverträgliche regionale Entwicklung unterstützt sowie eine zusätzliche Wertschöpfung im Tourismus generiert werden.

Das Projekt wird über die Förderinitiative Ländliche Entwicklung in Thüringen (FILET), Programm zur Förderung von Maßnahmen zur Entwicklung von Natur und Landschaft (ENL) gefördert. Die Fördermittel werden von der Thüringer Aufbaubank ausgereicht. Hier investieren Europa und der Freistaat Thüringen in die ländlichen Gebiete.

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Quelle:
WWF Pressemitteilung, 22.11.2018
Herausgeber: WWF Deutschland
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Tel.: 030 311 777 - 0, Fax: 030 311 777 - 603
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Internet: www.wwf.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. November 2018

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