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FISCHE/069: Die Flunder - Fisch des Jahres 2017 (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 198 - Juni/Juli 2017
Die Berliner Umweltzeitung

Die Flunder
Fisch des Jahres 2017

von Jörg Parsiegla


Die Flunder hat es geschafft: Bereits im November 2016 wurde sie zum Fisch des Jahres 2017 gekürt. Der Deutsche Angelfischerverband, das Bundesamt für Naturschutz und der Verband Deutscher Sporttaucher möchten damit auf die Verschmutzung der Lebensräume dieser wanderfreudigen Fischart aufmerksam machen und gleichzeitig auf die Gefahr der Überfischung durch die Berufsfischerei hinweisen. Auch von anderen Veränderungen dieser Lebensräume wie Flussvertiefungen, Ufer- und Querverbauungen sowie Schadstoffbelastungen sind neben der Flunder viele weitere Fischarten und andere im (Brack-)Wasser siedelnde Lebewesen betroffen.

Die Kür zum Fisch des Jahres findet schon seit 1984 statt - vorzugsweise von Arten, die infolge schädigender Einflüsse auf die Gewässer oder aus anderen Gründen stark beeinträchtigt oder gar vom Aussterben bedroht sind. Für die Flunder trifft dies nicht zu, sie ist nicht bestandsgefährdet. In Fließgewässern findet man sie flussaufwärts aber oft nur noch bis zur ersten Querverbauung, also Staustufe oder Kraftwerksanlage.

Im Süß- und Salzwasser zu Hause

Platichthys flesus aus der Familie der Schollen kommt in allen europäischen Küstengewässern vor. Sie fühlt sich in der Biskaya ebenso wohl wie im Weißen Meer und in der Ägäis. Außerdem kommt sie im Schwarzen Meer und vor der Atlantikküste Marokkos vor. Ab 1979 wurden Flundern im Aralsee ausgesetzt. Die Art stellt auch nach der Austrocknung von nahezu neun Zehnteln des Beckens einen der wichtigsten Nutzfische im nördlichen Teil des mittlerweile zweigeteilten Sees dar.

Die Flunder fühlt sich sowohl in Salz- als auch in Brackwasser wohl, einzelne Populationen steigen auch in die Flüsse auf. Bevorzugt hält sie sich in Buchten, Flussmündungen und Fjorden auf. Sie ist nachtaktiv und gräbt sich tagsüber in Sand, Schlamm oder Schlick ein. In ihrem marinen Lebensraum frisst die Flunder Asseln, Würmer und Weichtiere, im Süßwasser Zuckmücken- und andere Insektenlarven.

Einzigartige Metamorphose

Zur Laichzeit von Januar bis Juni - in südlichen Verbreitungsgebieten eher, in nördlichen später - wandern die Flundern in tiefere Meeresgewässer. Die Weibchen legen bis zu zwei Millionen Eier, aus denen bei einer Wassertemperatur um zehn Grad Celsius schon nach einer Woche bis zehn Tagen die Larven schlüpfen. Sie sind dann etwa drei Millimeter lang und halten sich zunächst in den oberen Wasserschichten auf. Bis zu einer Größe von circa sieben Millimetern ist ihr Körper noch symmetrisch.

Nun beginnt jedoch eine Metamorphose, die in der Fischwelt einzigartig ist. Wie bei den übrigen Plattfischen auch, wird zunächst die Schwimmblase zurückgebildet, dann verschiebt sich der Mund seitwärts, und schließlich wandert ein Auge auf die andere Körperhälfte. Meist liegen dann beide Augen auf der rechten Seite, bei rund einem Drittel der Flundern ist es umgekehrt.

Während dieser Zeit werden viele Flunderlarven durch die Gezeitenströmungen zurück an die Küsten befördert. Später beginnt hier ein Teil der Larven in die Flüsse einzuwandern. Die Elterntiere dagegen verbleiben nach der Paarung im Salzwasser und kehren in der Regel nicht wieder in ihre Brackwasser-Habitate zurück.

Schiefer Mund und Schmirgelpapierhaut

Der Körper der Flunder ist stromlinienförmig, oval und seitlich stark abgeflacht. Durch die beschriebene Metamorphose einschließlich schiefem Mund kommt eine Asymmetrie im Bau dazu. Flundern werden 20 bis 30 Zentimeter lang und haben ein durchschnittliches Gewicht von rund 300 Gramm. Ausnahmefälle von bis zu 50 und sogar 60 Zentimetern Länge bringen ein Gewicht von zwei bis drei Kilogramm auf die Waage. Entlang des Seitenlinienorgans der Flunder liegen tastbare Knochenhöcker, entlang der Basis von Rücken- und Afterflosse raue, knotige Schuppen.

Die mit kleinen schwarzen oder auch gelblichen Flecken übersäte, grünlich-braune Oberseite der Flunder kontrastiert deutlich mit der cremig-weißen Unterseite. Von anderen Plattfischen wie zum Beispiel der Scholle unterscheidet sie sich durch ihre raue Haut, die sich beim Darüberstreichen anfühlt wie Schmirgelpapier. Tritt man in einem Fluss auf einen Plattfisch, handelt es sich immer um eine Flunder, denn nur sie aus ihrer Familie kann im Süßwasser überleben. Die Flunder ist ein wichtiger heimischer Nutzfisch. Entgeht sie den Fischernetzen und der Angel, kann sie bis zu 20 Jahre alt werden.

Der Name der Flunder wurde wahrscheinlich aus dem Dänischen (flynder) entlehnt und geht letztlich auf das Wort "flat" zurück, das in vielen westgermanischen Sprachen "flach" oder "platt" bedeutet. Im norddeutschen Raum wird die Flunder umgangssprachlich häufig als Butt bezeichnet, so kommen die Bezeichnungen Elbbutt oder Weserbutt zustande. Sie ist aber nicht mit den Butten im wissenschaftlichen Sinne zu verwechseln.

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Quelle:
DER RABE RALF
27. Jahrgang, Nr. 198 - Juni-Juli 2017, Seite 8
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 8, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
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Internet: www.raberalf.grueneliga-berlin.de
 
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Abonnement: jährlich, 20 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juni 2017

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