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FORSCHUNG/149: Fledermausnacht - Sie können mit den Ohren 'sehen' & reden auch miteinander (NABU NI)


NABU Landesverband Niedersachsen - Hannover, 13. August 2010 - Fledermäuse / Naturschutz / Batnight 2010

Sie können mit den Ohren 'sehen' und sie reden auch miteinander

NABU: Faszinierende Ultraschallechoortung der Fledermäuse hautnah erleben!


Hannover - Wer Fledermäuse in einer lauen Nacht entdecken will, muss schon sehr genau hinsehen, um die schwarzen Silhouetten der wendigen Flugkünstler gegen den dämmerigen Nachthimmel zu erkennen. Einfacher geht es auf geführten Fledermauswanderungen bei der Europäischen Fledermausnacht am letzten Augustwochenende, bei denen mit Hilfe von Ultraschalldetektoren den Fledermäusen bei der Insektenjagd zugehört werden kann.

Nur weil sie den Teufel im Leibe haben können Fledermäuse in tiefdunkler Nacht mit rasender Geschwindigkeit durch die Lüfte kreisen, ohne anzustoßen: Diese Erklärung reichte dem Naturforscher und Bischof von Padua, Lazzaro Spallanzani, Ende des 18. Jahrhunderts nicht mehr und er begann mit Fledermäusen zu experimentieren. Mit aus heutiger Sicht rüden Methoden - er stach den Versuchstieren die Augen aus - konnte er nachweisen, dass die blinden Fledermäuse ebenso geschickt Hindernisse umflogen und bei der Jagd erfolgreich waren, wie unversehrte Tiere. Fledermäusen, denen er die Ohren verschloss, verloren allerdings ihre erstaunlichen Fähigkeiten. Kurz vor seinem Tode notierte Spalanzani dann den Satz: "Kann man mit den Ohren sehen?". Die endgültige Aufklärung des Phänomens brauchte dann allerdings noch fast 200 Jahre, bis der Harvard-Student Donald Griffin 1930 zusammen mit dem Physiker G. W. Priece die Ultraschallrufe der Fledermäuse entdeckte.

Es dauerte dann noch über 50 Jahre, bis die Erforschung der Ultraschall-Echoortung im Freiland durch die Entwicklung der ersten mobilen Ultraschall-Ortungsgeräte möglich wurde. "Eine der wichtigsten Neuerungen, der heutigen Fledermausforschung", erläuterte NABU-Fledermausexperte Axel Roschen, denn damit können die sonst im nächtlichen Dunkel verborgenen, lautlosen nächtlichen Insektenjäger 'hautnah' erlebt werden.

Alle heimischen Fledermäuse jagen und orientieren sich mit Hilfe der so genannten Ultraschall-Echoortung. Die Laute werden in einem Bereich von etwa 15 bis zu 100 Kilohertz (KHz) erzeugt. "Anders als bei den Vögeln, die mit ihrem arttypischen Gesang ein Revier abgrenzen, sind die Rufe der Fledermäuse ein 'Arbeitsinstrument', dass sie je nach Situation und Umgebung variieren und anpassen", erklärte Roschen, dabei würden tiefere Frequenzen besonders für die 'Weitsicht' genutzt, die hohen Frequenzen dienten dem Erkennen der Beutetiere, so der Biologe weiter. Beides wird in einem Ruf vereint, der typischerweise bei sehr hohen Frequenzen beginnt und dann bei einer niedrigen Frequenz, bei der die auch die Lautstärke anhebt, endet. Weil ein einzelner Ruf innerhalb weniger Millisekunden erfolgt, hört der Mensch im Bat-Detektor ein Stakkato von 'singenden', 'knackenden' oder 'klickenden' Geräuschen. Im normalen Suchflug ruft eine Fledermaus vielleicht 10 Mal pro Sekunde. Wird Beute 'erhört' steigert sich die Ruffrequenz auf 100 und mehr Einzelrufe pro Sekunde bis der Fang erfolgt. "Die Echoortung funktioniert so perfekt, dass die Hörbilder dieser Tiere unserem farbigen Sehen vergleichbar sind", fasst der NABU-Fledermausexperte zusammen.

Ganz neue Forschungsergebnisse konnten zeigen, dass Fledermäuse per Ultraschallrufe auch miteinander kommunizieren und gemeinschaftlich jagen. "Ein kaum fassbare Sinnesleistung", staunt selbst der erfahrene Fledermausexperte Roschen, "denn eine Fledermaus ist ja bei der Echoortung darauf angewiesen, die Schallwellen ihres soeben ausgestoßenen Rufes zu erfassen und dies im Millisekundentakt. Aus diesem Geräuschedschungel werden dann auch noch die Zurufe der Artgenossen herausgefiltert."

Dieses Phänomen selbst einmal mit zu erleben ist Thema vieler Veranstaltungen, die von NABU-Fledermauskundlern im Rahmen der 14. Europäischen Fledermausnacht am 28. / 29. August bundesweit angeboten werden. Bei den nächtlichen Exkursionen mit dem Bat-Detektor geht es zu Fledermaus-Jagdrevieren, meist Stillgewässer oder blütenreiche Wiesen in Parks oder andere Gebiete, wo hohes Insektenaufkommen zu erwarten ist. Dort können dann mit etwas Glück Abendsegler, Wasser- und Zwergfledermäuse oder andere Fledermausarten bei ihrem nächtlichen Treiben gehört und beobachtet werden.

Die Europäische Fledermausnacht ist eine Erfolgsgeschichte für die lautlosen Nachtjäger. Während es im Anfangsjahr bundesweit 60 Veranstaltungen gab, stieg diese Zahl kontinuierlich an. Von 122 im Jahr 2000, auf 164 im Jahr 2001 und auf knapp 400 im vergangenen Jahr. Für dieses Jahr sind bis jetzt fast 200 Veranstaltungen angemeldet. Ein Blick auf die Internetseite zur Aktion www.batnight.de lohnt sich auf jeden Fall, um festzustellen ob auch in Ihrer Region eine Aktion zur Europäischen Fledermausnacht stattfindet.


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Quelle:
Pressemitteilung, 13. August 2010
Naturschutz aktuell - NABU Pressedienst
Herausgeber: NABU Niedersachsen, Alleestr. 36, 30167 Hannover
Redaktion: Ulrich Thüre (ViSdP), NABU Pressesprecher
Telefon: 05 11 / 9 11 05 - 27, Fax: 05 11 / 9 11 05 - 40
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Internet: www.NABU-Niedersachsen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. August 2010