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FORSCHUNG/147: Entdeckung - Frosch-Pinocchio, Gargoyle-Gecko und das kleinste Wallaby der Welt (CI)


Conservation International - Montag, 17. Mai 2010

Neu entdeckt: Frosch-Pinocchio, Gargoyle-Gecko und das kleinste Wallaby der Welt

Wissenschaftler entdecken eine Schatzgrube neuer Arten in den abgelegenen Bergen von Neu Guinea, Indonesien

Der Regenwald der Foja-Berge auf Neu Guinea. Foto: Tim Laman

Der Regenwald der Foja-Berge auf Neu Guinea. Foto: Tim Laman

Arlington, Virginia (17. Mai 2010) - Eine Forschungsexpedition in eine unberührte Wildnis, die von den westlichen Medien einst "die verlorene Welt" genannt wurde, hat eine überwältigende Vielfalt spektakulärer Arten ans Licht gebracht, von denen viele vermutlich neu für die Wissenschaft sind, verkündeten heute Conservation International (CI) und die National Geographic Society in einer Woche, die durch den Tag der Biologischen Vielfalt 2010 hervorgehoben wird. Die Schar neuer Arten, die aus mehreren neuen Säugetieren, einem Reptil, einer Amphibie, nicht weniger als zwölf Insekten und dem bemerkenswerten Fund eines neuen Vogels besteht, wurde von einem Team internationaler und indonesischer Forscher entdeckt, die am Programm zur Schnelleinschätzung (Rapid Assessment Program, RAP) von Conservation International, das die abgelegenen Foja-Berge auf der Insel Neu Guinea Ende 2008 erkundet hat, teilgenommen haben. (www.conservation.org/foja)

Harry Sutrisno vom Indonesischen Institut der Wissenschaften fängt Motten. Foto: Tim Laman

Harry Sutrisno vom Indonesischen Institut der Wissenschaften fängt Motten.
Foto: Tim Laman

RAP-Erhebungen, die in der Regel drei bis vier Wochen dauern, bringen Teams von Feldbiologen zusammen, die schnelle, erste Einschätzungen des biologischen Werts ausgewählter Regionen liefern. Die an dieser Expedition beteiligten Biologen haben auf der Suche nach Arten, die sie vom Vorgebirge in der Nähe des Ortes Kwerba bis auf den Gipfel der Bergkette auf 2.200 Meter Höhe (7.200 Fuß) führte, heftige Regenstürme und lebensbedrohliche Blitzüberschwemmungen durchgemacht und berichteten über so markante Entdeckungen wie den bizarren Baumfrosch mit Rüsselnase, eine überdimensionale, aber bemerkenswert zahme Ratte, einen Gecko, der an einen Wasserspeierdämon (Gargoyle) erinnert, mit gekrümmten Zehen und gelben Augen, eine Kaisertaube und ein winziges Waldwallaby, das kleinste dokumentierte Mitglied der Känguruh-Familie.

Der Frosch (Litoria sp. nov.), an dessen Nase ein langer, an Pinocchio erinnernder Auswuchs zu beobachten ist, der nach oben zeigt, wenn das Männchen ruft, aber schrumpft und nach unten zeigt, wenn es weniger aktiv ist, ist ein so speziell gearteter Fund, daß ihn die Forscher noch weiter dokumentieren und studieren wollen. Seine Entdeckung war ein glücklicher Zufall, denn der Herpetologe Paul Oliver erblickte ihn, wie er gerade auf einem Sack Reis im Lager saß.

Langnasiger Baumfrosch (Litoria sp. nov.). Foto: Tim Laman

Langnasiger Baumfrosch (Litoria sp. nov.). Foto: Tim Laman

Weitere Entdeckungen, die in die RAP-Erhebung aufgenommen wurden, waren eine neue Blütenmotte (Syconycteris sp. nov), die sich von Regenwaldnektar ernährt, eine kleine neue Baummaus (Pogonomys sp. nov.), ein neuer schwarzweißer Schmetterling (Ideopsis fojana), der mit dem verbreiteten Monarchfalter verwandt ist, und ein neuer blühender Strauch (Ardisia hymenandroides). Der Photograph des National Geographic Magazins, Tim Laman, hat Bilder der nie zuvor erblickten Tiere eingefangen.

Schmetterling (Ideopsis fojana). Foto: Henk van Mastrigt

Schmetterling (Ideopsis fojana). Foto: Henk van Mastrigt

Zusätzlich zum neuen, mit dem Känguruh verwandten Zwergwallaby (Dorcopsulus sp. nov.), erhielten die Wissenschaftler die ersten Fotos von einem freilebenden Exemplar des extrem seltenen Goldmantel-Känguruhs, das in anderen Regionen Neu Guineas durch die Jagd vom Aussterben bedroht ist. Die vielleicht größte Überraschung der Expedition war die Entdeckung eines Paars neuer Kaisertauben (Ducula sp. nov.) mit Federn, die rostfarben, weiß und grau erscheinen, durch den Ornithologen Neville Kemp. Auf diese neuartige Kaisertaube sind die Wissenschaftler nicht weniger als viermal gestoßen, bei früheren Erhebungen hatte man sie jedoch übersehen, was auf eine sehr geringe Population hindeuten könnte.

Kaisertaube (Duculy sp. nov.). Foto: Neville Kemp

Kaisertaube (Duculy sp. nov.). Foto: Neville Kemp

Die Expedition vom November 2008 (www.conservation.org/foja) wurde mit finanzieller und wissenschaftlicher Unterstützung der National Geographic Society, des Smithsonian Instituts und des Indonesischen Instituts der Wissenschaften (Indonesian Institute of Sciences, LIPI) durchgeführt und ist der Wiederholungsbesuch in eine Bergregion, die von Wissenschaftlern aufgrund ihrer relativen Abgeschiedenheit, ihrer Höhenlage und der tropischen Umwelt als ein grundlegender Artengenerator angesehen wird.

Das Foja-Gebige, das in der indonesischen Provinz Papua auf der Insel Neu Guinea liegt, umfaßt ein Gebiet von über 300.000 ha unerschlossenen, ungestörten Regenwalds ohne Straßen. Die Unversehrtheit und biologische Vielfalt dieser Urwaldwildnis bietet eine wichtige Kohlenstoffsenke für den Planeten sowie lebenswichtige Ökosystemleistungen für eine Reihe waldbewohnender Völker, die von ihren Ressourcen leben.

Jüngste Berichte weisen darauf hin, daß die Regierungen der Welt das 2002 vereinbarte Ziel nicht erreichen werden, die Rate, mit der der Verlust der Artenvielfalt voranschreitet, bis 2010, das von den Vereinten Nationen zum Internationalen Jahr der Biologischen Vielfalt erklärt wurde, zu senken. Im Oktober wird die internationale Gemeinschaft in Japan zusammentreffen, um über neue Ziele für die nächsten 40 Jahre zu beraten.

Gecko (Crytodactylus sp. nov.). Foto: Tim Laman

Gecko (Crytodactylus sp. nov.). Foto: Tim Laman

"Mit Blick darauf, daß Tiere und Pflanzen über den Globus hinweg mit einer in Millionen von Jahren ungekannten Geschwindigkeit ausgelöscht werden, ist die Entdeckung dieser absolut unglaublichen Lebensformen eine wirklich nötige, positive Nachricht", sagt Dr. Bruce Beehler, ein führender Forscher am CI und Teilnehmer dieser Expedition. "Regionen wie diese repräsentieren eine gesunde Zukunft für uns alle und zeigen, daß es nicht zu spät ist, das derzeitige katastrophale Artensterben zu stoppen."

Eine spezielle Dokumentation über diese Expedition erscheint in der Juni-Ausgabe 2010 des National Geographic Magazins. Der Expeditionsrat der National Geographic Gesellschaft hat dieses Projekt gefördert.

Blütenfledermaus (Synconycteris sp. nov.). Foto: Tim Laman

Blütenfledermaus (Synconycteris sp. nov.). Foto: Tim Laman

"Das Foja-Gebirge stellt eine Insel dar, auf der sich die Arten über Jahrtausende entwickelt haben", sagt National Geographic Vizepräsident John Francis, der für Forschung, Erhaltung und Erkundung zuständig ist. "Wir freuen uns, daß wir eine so aufregende Expedition unterstützen können, die unsere Wertschätzung für die Biologische Vielfalt der Welt vertieft."

CI hofft, daß die Dokumentation einer so einzigartigen, einheimischen Artenvielfalt die Regierung Indonesiens dazu ermuntert, den langfristigen Schutz der Region zu stärken, die heute als Nationales Wildnisschutzgebiet klassifiziert ist.

Nach 20 Jahren erfolgreicher RAP-Erhebungen unternimmt CI jetzt das ehrgeizige Projekt, die Zahl der Artenfunde über die nächsten Jahre zu verdoppeln oder verdreifachen und Wissenschaftler dafür zu gewinnen, die Suche in den unerforschten Gebieten unseres Planeten zu intensivieren. Viele der noch nicht beschriebenen Arten könnten der Gesundheit und Ernährung des Menschen sowie der Trinkwassersicherheit dienen, und es könnte deshalb wichtig sein, sie zu erhalten.

Wallaby (Dorcopsulus sp. nov.). Das kleinste bekannte Mitglied der
Känguruh-Familie weltweit. Foto: Tim Laman

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Conservation International (CI):

Auf der Grundlage von Wissenschaft, Partnerschaft sowie Beispielen aus der Feldforschung bietet CI der Gesellschaft ein starkes Fundament, auf verantwortungsvolle und nachhaltige Weise zum Wohle der Menschheit für die Natur und die weltweite Biologische Vielfalt sorgen. Mit Hauptsitz in Washington, DC, arbeitet CI in über 40 Ländern auf vier Kontinenten.

Weitere Informationen unter www.conservation.org

CIs Programm zur Schnelleinschätzung (Rapid Assessment Program, RAP) das inzwischen das 20jährige Bestehen sowie Hunderte biologischer Entdeckungen feiert, wurde 1990 ins Leben gerufen, um schnell die erforderlichen Informationen zu gewinnen, um den Naturschutz zu fördern und den Erhalt der Biologischen Vielfalt zu verbessern. RAP-Forscher sammeln und analysieren die Vielfalt ausgewählter Gruppen von Organismen und nutzen diese Informationen, um Empfehlungen für den Schutz der Biologischen Vielfalt abzugeben. RAP-Erhebungen ergeben angemessene und realistische Schutzempfehlungen, die in den Zeitrahmen von Entscheidungsträgern passen. RAP hilft auch bei der Ausbildung örtlicher Naturschutzführungskräfte, indem es Trainingskurse über Methoden zur Schnellerkundung der Biodiversität für Wissenschaftler vor Ort und Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen durchführt.

Weitere Informationen: www.conservation.org/foja


National Geographic Society:

Die National Geographic Society ist eine der weltgrößten, nicht gewinnorientierten Wissenschafts- und Bildungsorganisationen. Die Gesellschaft wurde 1888 gegründet, um "geographisches Wissen zu vermehren und zu verbreiten", und setzt sich dafür ein, Menschen dafür zu gewinnen, Sorge um den Planeten zu tragen. Sie erreicht jeden Monat über 375 Millionen Menschen weltweit durch ihre offizielle Zeitschrift, den National Geographic, und weitere Magazine, den Sender National Geographic, TV-Dokumentationen, Musik, Radio, Filme, Bücher DVDs, Landkarten, Ausstellungen, Veranstaltungen, Schulpublikationen, interaktive Medien und Merchandising. National Geographic hat über 9.200 wissenschaftliche Forschungs-, Schutz- und Erkundungsprojekte ins Leben gerufen und unterstützt ein Bildungsprogramm, das geographisches Wissen fördert.

Weitere Informationen siehe nationalgeographic.com.


Smithsonian Institut:

Das Smithsonian Institut wurde im Jahr 1846 gegründet und hatte von Beginn an die Aufgabe Grundlagenforschung zu betreiben und die Öffentlichkeit über die Ergebnisse durch "die Steigerung und Verbreitung von Wissen" in Kenntnis zu setzen, was sich ursprünglich allein auf wissenschaftliche Erkenntnisse bezog, die aus der Erkundung der Welt durch Smithsonian-Experten gewonnen wurden. Es ist über die Jahrzehnte weiter gewachsen und umfaßt nun schätzungsweise 137 Objekte aus den Wissenschaften, der Geschichte, der Kunst und mehr, was aus ihm den weltgrößten Museums- und Forschungskomplex gemacht hat. Das Smithsonian besteht aus 19 Museen, dem Nationalen Zoologischen Garten und neun Forschungseinrichtungen und hat 2009 rund 30 Millionen Menschen aus aller Welt angezogen, mit mehr als 175 Millionen Besuchen auf den Smithsonian Websites, die alle über http://si.edu erreicht werden können.


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Quelle:
CI-Pressemitteilung, 17.05.2010
Conservation International
2011 Crystal Dr. Suite 500
Arlington, VA 22202 United States
Phone: 1 (703) 341-2400
www.conservation.org
mit freundlicher Genehmigung von Conservation International
in einer Übersetzung des Schattenblick aus dem Englischen


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Mai 2010