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ATOM/1274: Zunächst kein Atommüll von Jülich nach Ahaus - Zukunft der Langzeit-"Zwischen"-Lager (BBU)


Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) e.V. - Bonn, 16. Januar 2018

Zunächst kein Atommüll von Jülich nach Ahaus / Zukunft der Langzeit-"Zwischen"-Lager


(Bonn / Düsseldorf / Hannover, 16.01.2018) Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) begrüßt es, dass derzeit keine Einlagerung von Atommüll aus Jülich in Ahaus droht. Dennoch ruft der BBU zur Wachsamkeit auf: "Das letzte Wort zum Verbleib des umstrittenen Jülicher Atommülls ist noch nicht gesprochen und die Möglichkeit des Exportes in die USA ist nicht vom Tisch", so BBU-Vorstandsmitglied Udo Buchholz.

Zur Situation in Ahaus schreibt die Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" in einer Pressemitteilung vom 15.01.2018: "Freude und zugleich Skepsis bei der Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus": Die Aussetzung des Sofortvollzugs für die Einlagerung von Atommüll aus Jülich bedeutet zunächst einmal einen Zeitgewinn, denn die Klage der Stadt Ahaus und von Theo Schwarte gegen die Genehmigung hat nunmehr aufschiebende Wirkung. Jedoch ist nicht automatisch davon auszugehen, dass diese anhält, bis über deren Klage in der Hauptsache entschieden ist:"

Die Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" und die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, beide sind im BBU organisiert, haben am Samstag (13. Januar 2018) an einer Tagung in Karlsruhe teilgenommen, bei der es um die "Langzeitzwischenlagerung" von Atommüll ging. In einer Pressemitteilung der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg heißt es dazu: "Die Zwischenlagerung wird deutlich länger als 40 Jahre dauern, und damit verbunden ist ein Bündel von Fragen, die die Sicherheit der Anlagen und deren Alterung betrifft, aber auch, wie Zwischenlager gegen Flugzeugabsturz oder terroristische Attacken in Zukunft gesichert werden können. (...) Ratlos blieben die TeilnehmerInnen der Veranstaltung mit der Frage zurück, wer sich in Zukunft der Probleme der Zwischenlagerung annehmen wird. Es sickerte durch, dass das BUMB verhindern will, dass das Nationale Begleitgremium sich mit dieser Frage beschäftigt."

In Ahaus und Gorleben werden am kommenden Sonntag (21. Januar 2018) traditionelle "Sonntagsspaziergänge" stattfinden. Mehr zur Situation in Ahaus und Gorleben unter http://www.bi-ahaus.de, http://www.bi-luechow-dannenberg.de

Raute


Folgend zur Dokumentation die Pressemitteilungen der Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" und der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg vom 15. Januar 2018:

Pressemitteilung der Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" vom 15.01.2018

Freude und zugleich Skepsis bei der Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus": Die Aussetzung des Sofortvollzugs für die Einlagerung von Atommüll aus Jülich bedeutet zunächst einmal einen Zeitgewinn, denn die Klage der Stadt Ahaus und von Theo Schwarte gegen die Genehmigung hat nunmehr aufschiebende Wirkung. Jedoch ist nicht automatisch davon auszugehen, dass diese anhält, bis über deren Klage in der Hauptsache entschieden ist: "Das Bundesamt für Entsorgungssicherheit (BfE) könnte den Sofortvollzug jederzeit wieder anordnen, wenn aus seiner Sicht neue Gründe dafür vorliegen. Ein solcher Grund könnte z.B. die Erteilung der noch ausstehenden Transportgenehmigung sein", so BI-Mitglied Hartmut Liebermann. Ein Mitarbeiter des BfE bestätigte ihm gegenüber diese Sichtweise der Behörde am Samstag in einem Gespräch am Rande eines Workshops in Karlsruhe.

Zu dem Workshop mit dem Titel "Zwischenlager ohne Ende?" hatte das Nationale Begleitgremium (NBG) zum 13.1.2018 eingeladen. Das NBG ist ein von Bundestag und Bundesrat berufenes Gremium, das die Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle sicherstellen soll. Vorsitzende sind Prof. Dr. Miranda Schreurs und der ehemalige Bundesumweltminister Prof. Dr. Klaus Töpfer.

Da spätestens durch die Regelungen des Standortauswahlgesetzes klar geworden ist, dass die bisher auf 40 Jahre angelegte Zwischenlagerung von hochradioaktivem Atommüll nicht ausreichen wird und neue Lösungen für weitere Jahrzehnte benötigt werden, befasst sich das NBG nunmehr auch mit der Problematik der Zwischenlagerung. An dem Workshop nahmen Vertreter von Umweltverbänden und Bürgerinitiativen sowie Genehmigungsbehörden und Betreibern teil; auch etliche Vertreter von Stadtverwaltungen und Bürgermeister von Standortgemeinden waren zugegen.

Die Vertreter der BI Ahaus legten ihre Auffassung dar, dass das Scheitern des bisherigen Zwischenlagerkonzeptes offenkundig sei. Die Genehmigungen für die zentralen Zwischenlager in Gorleben und Ahaus laufen 2034 und 2036 aus, die der insgesamt 13 Standortzwischenlager in den 40er Jahren. "Eine Verlängerung der Genehmigung für das Lager in Ahaus über den Zeitpunkt 2036 hinaus oder gar über weitere Jahrzehnte ist für uns keinesfalls akzeptabel, zumal der Sicherheitsstandard des TBL Ahaus bei weitem nicht den der später errichteten Standortzwischenlager erreicht. Daran ändern auch die gegenwärtig laufenden 'Härtungsmaßnahmen' nichts", so Felix Ruwe, Sprecher der Bürgerinitiative. Es müsste deshalb für die Langzeitlagerung von Atommüll über ganz neue Konzepte nachgedacht werden. Diese Auffassung der Bürgerinitiative erhielt viel Zustimmung auf der Tagung.


Pressemitteilung der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg vom 15.01.2018

Das Nationale Begleitgremium (NBG) lud zu einer Tagung in Karlsruhe ein. Aber nicht zum Thema "Endlagersuche", sondern zu einem anderen, damit verbundenen Themenkomplex, der Langzeitzwischenlagerung.

2031 soll ein Endlagerstandort definitiv feststehen und 2050 wird die Einlagerung von hochradioaktivem Müll in ein tiefengeologisches Lager beginnen - das ist der offizielle Fahrplan der Bundesregierung. Doch an diesen Zeitplan glaubt niemand wirklich, nicht einmal mit Gorleben als "schnelle Lösung" im Paket.

Die Zwischenlagerung wird deutlich länger als 40 Jahre dauern, und damit verbunden ist ein Bündel von Fragen, die die Sicherheit der Anlagen und deren Alterung betrifft, aber auch, wie Zwischenlager gegen Flugzeugabsturz oder terroristische Attacken in Zukunft gesichert werden können.

Das Nationale Begleitgremium (NBG), das eigentlich die Endlagersuche begleiten soll, lud deshalb am Samstag (13. Januar) in Karlsruhe zu einer Tagung ein, um einen Impuls an die Politik und die zuständigen Behörden zu geben, sich mit dieser "Lücke" zu befassen.

Das NBG traf offensichtlich den "Nerv der Zeit", denn dessen Vorsitzende, Prof. Miranda Schreurs und Prof. Klaus Töpfer, konnten auf der gut besuchten Veranstaltung Bürgermeister und Anti-Atom-Aktivisten von rund der Hälfte der sechzehn Zwischenlagerstandorte begrüßen, darunter auch die Gartower Ratsfrau Asta von Oppen, die niedersächsische Landtagsabgeordnete Miriam Staudte (Grüne) und die BI-Vorständler Elisabeth Hafner-Reckers und Wolfgang Ehmke. Töpfer drückte sein Bedauern darüber aus, dass Jochen Flasbarth, der neue Chef der bundeseigenen Gesellschaft für Zwischenlager (BGZ) und Staatssekretär im Bundesumweltministerium, seine Teilnahme abgesagt hat.

Beate Kallenbach - Herbert vom Öko-Institut Darmstadt verwies in ihrer gutachterlichen Stellungnahme auf die vielen ungeklärten Fragen. Es gebe erheblichen Forschungsbedarf hinsichtlich der Frage, welchen Einfluss eine überlange Lagerzeit auf das Behälterinventar habe. Bisher gebe es nur das Instrument einer periodischen Sicherheitsüberprüfung, Messungen und eine Inaugenscheinnahme von außen. Für die Reparatur eines defekten Primärdeckels sei eine "heiße Zelle" vonnöten, wegen der starken Strahlung also eine ferngesteuerte Arbeit hinter dicken Betonmauern. Doch weil bisher eine Langzeitlagerung nicht angedacht worden ist, gebe es nicht einmal ein Regelwerk zur Überprüfung des Behälterinventars.

Das räumte auch Dr. Christoph Bunzmann vom Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BFE) ein. Prof. Bruno Thomauske, einst zuständig im Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), warnte in der Diskussion eindringlich davor, bestehende Genehmigungen einfach zu verlängern. Defekte Hüllrohre von abgebrannten Brennelementen könnten zerbröseln, Thomauske schloss die Gefahr einer Kritikalität nicht aus. Zu bedenken sei auch, dass die 1.900 Castorbehälter, die es bis zum Ende der Atomkraftnutzung geben wird, noch einmal bewegt werden müssen - hin zu einem Endlager. In dem zweiten Punkt, ob die bestehenden Wandstärken von Ahaus und Gorleben ausreichten, um Anschläge verhindern zu können, wurde er noch deutlicher und plädierte für Neubauten oder eine gänzlich neue Zwischenlagerstrategie.

Ein geeignetes "Übungsfeld" für die angestrebte Partizipation bei der Endlagersuche sei die notwendige gesellschaftliche Verständigung über eine Ertüchtigung von Zwischenlagern bzw. erforderliche Neubauten, damit es keine Sicherheitslücke bis zur Endlagerung gibt - damit befassten sich die der Partizipationsexperte Hans Hagedorn und Rechtsanwalt Hartmut Gaßner in der zweiten gutachterlichen Stellungnahme. Auch hier spielte die Tatsache, dass die Genehmigungen in Gorleben und Ahaus 2034 bzw. 2036 auslaufen, eine große Rolle.

Schlussbemerkung

Ratlos blieben die TeilnehmerInnen der Veranstaltung mit der Frage zurück, wer sich in Zukunft der Probleme der Zwischenlagerung annehmen wird. Es sickerte durch, dass das BUMB verhindern will, dass das Nationale Begleitgremium sich mit dieser Frage beschäftigt. Deshalb muss jetzt vom BUMB nachdrücklich gefordert werden, ein Gremium zu schaffen, bei dem sich die interessierte Öffentlichkeit, die Initiativen und die betroffenen BürgermeisterInnen einbringen können.


* Gutachterliche Stellungnahme zur Beteiligung von Bürger*innen an einem Zwischenlager-Diskurs (PDF, 1MB, Datei ist nicht barrierefrei)
http://www.nationales-begleitgremium.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gutachten-Diskurs-Zwischenlagerung.pdf;jsessionid=BB0FD38F5E9B109F4B045BA79C977A56.2_cid292?__blob=publicationFile&v=3

* Gutachterliche Stellungnahme zu wichtigen Sicherheitsaspekten der Zwischenlagerung (PDF, 733KB, Datei ist nicht barrierefrei)
http://www.nationales-begleitgremium.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gutachten-Sicherheitsfragen-Zwischenlagerung.pdf;jsessionid=BB0FD38F5E9B109F4B045BA79C977A56.2_cid292?__blob=publicationFile&v=2

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Quelle:
BBU-Pressemitteilung, 16.01.2018
Herausgeber:
Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) e.V.
Prinz-Albert-Str. 55, 53113 Bonn
Tel. 0228/21 40 32, Fax.: 0228/21 40 33
Internet: www.bbu-online.de
Facebook: www.facebook.com/BBU72


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Januar 2018

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