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TIERVERSUCH/371: Mainz - Versuch an toten Ratten abgeschafft (tierrechte)


tierrechte 1.07 - Nr. 39, Februar 2007
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.

Mainzer Studenten schaffen Versuch an getöteten Ratten ab

Von Lena Hildermann


Die 'Tierschutz AG' der Universität Mainz hat jüngst einen beachtlichen Erfolg erreicht: Mainzer Medizinstudenten müssen keine Ratten mehr in ihrem Studium aufschneiden. Zu den Gründungsmitgliedern der 'Tierschutz AG' gehören die Jurastudentin Lena Hildermann und die Medizinstudentin Ute Teichgräber, beide auch Referentinnen des Bundesverbandes. Öffentliches Lob gab es bereits von der rheinland-pfälzischen Umweltministerin Margit Conrad, die den Mitgliedern der AG für ihre Initiative dankte und zu diesem Erfolg gratulierte.


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An der Universität Mainz gründete sich 2004 die 'Tierschutz AG'. Die Mitglieder kommen aus unterschiedlichen Fachbereichen wie Biologie, Medizin, Pädagogik oder Rechtswissenschaft. Anlass für die Gründung waren vor allem die Praktika in Biologie und Medizin, für welche eine Vielzahl von Tieren getötet wird.

Umfassende Recherche

Unsere 'Tierschutz AG' informierte sich zunächst darüber, wie sich die Situation an anderen Universitäten darstellt. Dabei wurde deutlich, dass sich die Zahl und Art der Übungen von Universität zu Universität unterscheidet. Zwar gibt es Hochschulen, die noch mehr Tiere als die Universität Mainz für die Ausbildung der Studenten töten. Allerdings wurde auch deutlich, dass andere Universitäten mit einer wesentlich geringeren Anzahl an Tieren auskommen. Diese Ergebnisse nahmen wir zum Anlass, wiederholt Gespräche mit den verantwortlichen Professoren und der Universitätsleitung über diese Praktika zu führen.

Überzeugende Argumente

Vor allem bei einem Kurs für angehende Mediziner zeigt unsere Hartnäckigkeit nun konkrete Erfolge. Medizinstudenten der Universität Mainz besuchen im ersten Semester den Kurs 'Biologie für Mediziner', der sich über das ganze Semester erstreckt und in dem unterschiedliche biologische Themen behandelt werden. Bisher wurden an einem Kurstag von den Studenten Ratten seziert. Wir hatten im Rahmen der Recherche herausgefunden, dass ein solches Praktikum nur an wenigen Universitäten stattfindet und für die Abschlussprüfungen der Mediziner keinerlei Relevanz hat. In mehreren Gesprächen wurden deshalb mit den Verantwortlichen denkbare Alternativen zu diesem Praktikum diskutiert. Für die Beibehaltung des Praktikums wurde angeführt, dass die Studenten zum ersten Mal mit einem toten Lebewesen in Berührung kämen. Durch das Öffnen der kurz zuvor getöteten Ratten würden die Studenten erkennen, wie wichtig die sorgfältige Arbeit eines Chirurgen ist, der durch einen falschen Schnitt ein Lebewesen zum Verbluten bringen könnte. Außerdem wurde argumentiert, dass die Ratte nach wie vor das Tier ist, an dem die meisten Tierversuche durchgeführt werden und die Studenten den Umgang mit diesen Tieren lernen müssten.

Die überzeugenderen Argumente waren allerdings aufseiten unserer 'Tierschutz AG' zu finden. Wir führten aus, dass die Studenten auch ohne die Präparation der Ratte den Umgang mit dem Sezierbesteck lernen. Bereits ab dem zweiten Semester sezieren die Studenten nämlich menschliche Leichen. Im Hinblick auf mögliche spätere Tierversuche konterten wir, dass nicht jeder Medizinstudent den Weg in die Forschung einschlage und die Universität besser den Umgang mit alternativen Forschungsmöglichkeiten lehren solle.

Die Universitätsleitung ließ sich schließlich von unseren Argumenten überzeugen: Zum nächstmöglichen Zeitpunkt soll das Praktikum in seiner bisherigen Form nicht mehr stattfinden. Zukünftig werden die Studenten Untersuchungen ihrer eigenen DNA durchführen. Aufbau und Körperfunktion einer Ratte werden somit vollständig gestrichen und stattdessen ein 'moderneres Praktikum' durchgeführt, wie es die verantwortliche Professorin umschrieb.

Konsequente Forderungen

Trotz dieses Erfolges stimmt es sehr nachdenklich, dass Studenten ihre Professoren auf veraltete Lehrinhalte und Unterrichtsformen hinweisen müssen. Momentan scheint dies jedoch noch in vielen Fällen erforderlich. Der Appell unserer 'Tierschutz AG' lautet daher:

Liebe Studierende, schließt euch zusammen und setzt euch konsequent für ethisch vertretbare Lehrmethoden ein! Denn der Weg zum Examen ist möglich, ohne über Tierleichen zu gehen!


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SATIS

Seit Experimente mit Tieren im Studium durchgeführt werden, regt sich auch Widerstand dagegen. An vielen Universitäten gibt es einzelne Studierende oder kleinere Gruppen, die sich gegen den Missbrauch von Tieren wehren. Um die Tierschutzarbeit an den Hochschulen effektiver zu gestalten und ein Informationsnetz aufzubauen, wurde 1988 SATIS (Studentische Arbeitsgruppe gegen Tiermissbrauch im Studium) als gemeinnütziger Verein gegründet. Im Jahr 2000 löste SATIS seine Vereinsstrukturen auf und schloss sich als Arbeitsgruppe den 'Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.' an. (Weitere Informationen: www.satis.tierrechte.de)


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Quelle:
tierrechte - Nr. 39/Februar 2007, S. 8-9
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
E-Mail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de

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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. April 2007