Schattenblick →INFOPOOL →TIERE → TIERSCHUTZ

POLITIK/489: "Masthühner" - Quälerei ohne Ende (tierrechte)


tierrechte 4.08 - Nr. 46, Norember 2008
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.

"Masthühner" - Quälerei ohne Ende

Von Marion Selig


Die "Hähnchenmast" boomt, vor allem im Münsterland. Allein im ersten Halbjahr 2008 wurden dort 40 Anträge auf den Bau neuer Mastanlagen bei den Kreisbauämtern eingereicht. Hunderttausende "Mastplätze" für Hühner sollen so entstehen. Für die Tiere bedeutet dies ein Leben, das kaum länger als fünf Wochen währt, in dieser Zeit jedoch voller Leiden ist.


*


"Masthühner" sind männliche und weibliche Hühner der sogenannten Fleischrassen. Zucht über Generationen auf eine hohe "Fleischleistung" hat dazu geführt, dass die Tiere besonders schnell heranwachsen und nur eins im Sinn haben: fressen.


Qualzucht "Masthuhn"

Knochen, Herz und Lunge können mit dem extremen Muskelwachstum nicht Schritt halten. Die Folgen für die Tiere sind dramatisch: Herzversagen, Gelenkerkrankungen, Knorpelwucherungen, Knochenbrüche, Leberverfettung und Atemwegserkrankungen sind an der Tagesordnung. Eine aktuelle Untersuchung[*] an über 50.000 Hühnern ergab, dass über ein Viertel der Tiere am Mastende klare Bewegungsstörungen zeigte und dass sich mehr als drei Prozent gar nicht mehr fortbewegen konnten. Bei mehr als 400 Millionen "Masthühnern", die allein in Deutschland pro Jahr geschlachtet werden, bedeutet das alles Schmerzen und Leiden für Millionen Tiere - wochenlang.


Strafanzeigen gegen Hühnermäster

Im letzten Jahr hatte der Bundesverband die Quälerei im Hühnerstall anhand aktueller Aufnahmen aus mehreren Betrieben in Niedersachsen dokumentiert. Wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz erstatteten wir Strafanzeige gegen die Hühnermäster sowie auch gegen einige Amtstierärzte, die einen der Betriebe kurz vor Erstellung der Aufnahmen kontrolliert und nicht beanstandet hatten. Wie leider so oft konnten die zuständigen Staatsanwälte den Beschuldigten jedoch keine "strafbare Handlung mit der für die Anklageerhebung erforderlichen Sicherheit" nachweisen und stellten alle Verfahren ein - bis auf eines. Die Foto- und Filmaufnahmen aus diesem Betrieb offenbarten besonders erschütternde Details der Hühnermast und zeigten sterbende und tote, z. T. schon skelettierte Tiere. Dort ermittelt die Staatsanwaltschaft noch. Der Ausgang ist jedoch ungewiss. Werden solche Verfahren eingestellt, hat der Bundesverband wegen der bislang fehlenden Tierschutz-Verbandsklage keine Möglichkeit mehr, rechtlich weiter vorzugehen.


Sand ins Getriebe

Trotz Tierschutzgesetz und Staatsziel Tierschutz wird den "Masthühnern" der rechtliche Schutz bislang also verwehrt. Und auch die Möglichkeiten, gegen geplante Neuanlagen oder die Erweiterung bestehender Betriebe vorzugehen, sind begrenzt. Zum Teil haben sich im Münsterland und anderen Orten Bürgerinitiativen gegen die Mastanlagen gebildet, welche die Genehmigungen zu verhindern versuchen. Auch der Bundesverband hat in einigen Fällen Einwendungen gegen geplante Anlagen eingereicht und damit Sand ins Getriebe der Genehmigungsverfahren gestreut. Dies kann zwar einen zeitlichen Aufschub bedeuten, doch die Genehmigungen werden am Ende meistens erteilt.


Macht der Verbraucher

Um auf rechtlicher Ebene etwas für die Tiere zu erreichen, sind Vorschriften für bessere Haltungsbedingungen sowie die Einführung der Tierschutz-Verbandsklage also bitter nötig. Für beides kämpft der Bundesverband. Jedoch sollten auch die Verbraucher ihre Macht nutzen und die für wenige Euro angebotenen "Grillhähnchen" meiden - denn den wahren Preis zahlen die Tiere.
(Weitere Informationen: www.masthuehner.de)

[*] Toby Knowles et al: Leg Disorders in Broiler Chickens: Prevalence, Risk Factors and Prevention; PLoS One, Februar 2008.


*


Quelle:
tierrechte - Nr. 46/November 2008, S. 17
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
E-Mail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de

"tierrechte" erscheint viermal jährlich.
Der Verkaufspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Dezember 2008