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MELDUNG/2084: Die Marke Mayweather - Plattform über den Boxsport hinaus (SB)



Ronda Rousey und Conor McGregor - Brückenschlag zum UFC

Floyd Mayweather, der seine Karriere nach 49 Siegen ungeschlagen beendet hat und bis dahin mehrere Jahre in Folge bestverdienender Sportler weltweit gewesen war, ist nicht nur im Boxsport, sondern offenbar auch aus Perspektive zweier Stars der Mixed Martial Arts eine attraktive Ausnahmeerscheinung. Nachdem ihn zunächst Ronda Rousey herausgefordert hatte und sich daraus ein verbaler Schlagabtausch in den Medien entspann, war es in jüngerer Zeit Conor McGregor, der des öfteren einen Kampf ins Gespräch brachte. In beiden Fällen wurde von Experten und Fangemeinde mehr oder minder ernsthaft darüber diskutiert, ob dies eine realistische Option sei und wer im Zweifelsfall die Oberhand behalten würde. Damit war der maßgebliche Zweck des Unterfangens erreicht, nämlich im Übertrag eine Fehde zu inszenieren, die breitere Kreise des Sportpublikums erreichte. Was davon abgesprochen und was improvisiert war, ob gar Verträge geschlossen wurden und Gelder geflossen sind, bleibt der Spekulation überlassen.

Um die Debatte nicht vollends ins Kraut schießen zu lassen, sei an dieser Stelle auf eine aktuelle Aussage Adrien Broners verwiesen. Der ehemalige Weltmeister in vier Gewichtsklassen ist selber kein Kind von Traurigkeit, und nicht jedes seiner Worte sollte man auf die Goldwaage legen. In diesem Fall muß man ihm aber recht geben, wenn er geltend macht, daß der UFC-Star Conor McGregor keine Chance gegen einen hochklassigen Boxer hätte und im umgekehrten Fall der Boxer binnen kurzem geschlagen auf der Matte läge, nähme er es mit einem herausragenden MMA-Kämpfer zu dessen Konditionen auf. Was hier sinngemäß wiedergeben ist, klang aus dem Munde Broners natürlich etwas anders, dessen Äußerungen im US-amerikanischen Original üblicherweise vor Schimpfworten oder besser gesagt deren obligatorischen Weglassungen nur so strotzen.

Wer alt genug ist, wird sich wohl noch an den skurrilen Kampf zwischen Muhammad Ali und dem berühmten Wrestler Inoki in Japan erinnern. Da keiner von beiden verlieren wollte und wohl auch sollte, passierte nicht viel. Inoki krabbelte Runde für Runde rücklings auf Händen und Füßen im Ring umher und trat Ali gelegentlich gegen die Beine, der herumtanzte und den Japaner unablässig aufforderte, er möge aufstehen und kämpfen wie ein Mann. Natürlich kam es im Laufe der Jahre immer wieder einmal vor, daß sich Boxer wie beispielsweise Francois Botha auf ihre alten Tage beim Wrestling versuchten oder wie Mike Tyson zumindest im Gespräch dafür waren. Umgekehrt waren viele Profiboxer früher als Kickboxer aktiv, so daß man natürlich nicht von einer absoluten Trennung der Sphären sprechen kann.

Was das konkrete Beispiel Conor McGregor betrifft, ist er zweifellos ein großartiger Kämpfer, dem in seinem Metier und Gewichtsbereich derzeit niemand das Wasser reichen kann. Er schlägt vor allem mit der Linken gewaltig zu, boxt aber natürlich nicht in hoher Frequenz mit schnellen Kombinationen, wie sie gegen einen Floyd Mayweather unabdingbar wären. Es sind denn doch zu unterschiedliche Anforderungen und Kampfesweisen, als daß sie sich direkt miteinander konfrontieren ließen und daraus auch noch eine attraktive Darbietung über eine längere Frist resultierte. [1]

Davon abgesehen ist der 28jährige Ire vertraglich an UFC gebunden und könnte gar nicht auf eigene Faust einen Ausflug zum Boxen machen. Das wiederum wirft die Frage auf, ob seine Avancen in Richtung Mayweathers womöglich Teil einer UFC-Inszenierung zur Förderung seiner Vermarktung sind. Floyd Mayweather, der sich aufs sportliche Altenteil zurückgezogen hat und seinen diversen sonstigen Geschäften nachgeht, ist der ideale Konterpart. Er ist reich, berühmt, medienaffin und erweckt ab und zu den Eindruck, als würde er doch noch einmal in den Ring zurückkehren, wenn nur die Kasse stimmt, was bei ihm 100 Millionen Dollar und mehr bedeutet. Andererseits bekräftigt er ein ums andere Mal, er fühle sich ohne Kämpfe ausgesprochen wohl und denke gar nicht daran, sich noch einmal der Tortur harten Trainings zu unterziehen. Mit solch widersprüchlichen Signalen hält er die Diskussion in Gang, bringt sich ins Gespräch und bietet anderen Akteuren jede Menge Fläche, ihre Interessen zu plazieren. Wenn man so will, vermarktet Mayweather seinen Namen als Plattform für namhafte Sportler, die darüber Werbung in eigener Sache machen.

Ronda Rousey, die zu diesem Zeitpunkt bereits ein MMA-Star war, bot Floyd Mayweather öffentlich eine Tracht Prügel an, sollte er es wagen, mit ihr in den Ring zu steigen. Mayweather ließ geringschätzig durchblicken, er trete sportlich und geschäftlich in einer anderen Liga als sie an, worauf Rousey noch böser zurückkeilte. Das zog sich geraume Zeit hin, womit vor allem Ronda Rousey gedient war, die damit weit über das UFC-Publikum hinaus an Popularität zulegte.

Rousey, die vom Judo kam, hatte dank ihrer hervorragenden technischen Fertigkeiten wie auch einer sehr aggressiven Kampfesweise ihre ersten zwölf UFC-Duelle stets durch einen Armhebel am Boden gewonnen. Dann traf sie am 15. November 2015 in Sydney in einem spektakulären Duell auf Holly Holm, ehemals eine der besten Profiboxerinnen weltweit, die komplett auf die Mixed Martial Arts umgesattelt hatte. Wie sich im Kampf sofort zeigte, fehlt es Ronda Rousey offenbar an Erfahrung mit Gegnerinnen, die gut boxen können. Sobald sie den ersten harten Treffer eingefangen hatte, ging sie ohne Rücksicht auf die eigene Deckung wild auf Holm los, die dadurch diverse weitere Schläge ins Ziel brachte. Das frühe Ende folgte bereits in der zweiten Runde, als Rousey nach mehreren Schlägen und einem Fußtritt zum Hals zu Boden ging und ausgezählt wurde.

Nach mehr als einjähriger Pause trat die 29jährige Ronda Rousey bei ihrem Comeback am 30. Dezember 2016 in Las Vegas sofort gegen die ein Jahr jüngere Amanda Nunes an, die Holly Holm unterdessen besiegt und als Titelträgerin im Bantamgewicht abgelöst hatte. Nach einer schweren K.o.-Niederlage ohne einen zwischenzeitlichen Aufbaukampf sofort die derzeit gefährlichste Rivalin anzugehen, war ein sehr riskantes Manöver, von dem im Boxsport wohl jeder Manager und Trainer seinem Schützling abraten würde. Rousey wirkte im Kampf gegen Nunes von Beginn an wie paralysiert, bewegte sich kaum und deckte sich schlecht, versuchte nicht einmal zu klammern, sondern wurde nach schweren Treffern der Brasilianerin bereits nach 48 Sekunden aus dem Kampf genommen. [2]

Wie konnte es zu dieser verheerenden Konstellation kommen? Ronda Rousey war bislang die prominenteste Persönlichkeit der Mixed Martial Arts, so daß ihre zweifache frühe Niederlage nicht nur ihre Karriere ruiniert, sondern auch UFC beträchtlichen Schaden zugefügt hat. Ob sie die Entscheidung, sich mit Amanda Nunes zu messen, gegen den Rat ihres Umfelds durchgesetzt hat, oder im Gegenteil sogar in diese Richtung gesteuert worden war, ist nicht bekannt. Man kann vorerst nur vermuten, daß es in der Gemengelage teils kongruenter, teils aber auch widersprüchlicher Verwertungsinteressen zu einer verhängnisvollen Verwechslung von Drehbuch und Wettkampf, Rolle und Realität gekommen ist.


Fußnoten

[1] http://www.boxingnews24.com/2016/12/broner-mcgregor-get-kod-1st-round-boxing-world/#more-224310

[2] http://www.boxingnews24.com/2016/12/mma-showed-lot-learn-boxing-ronda-rousey-come-back-fight/#more-223868

1. Januar 2017


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