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MELDUNG/1895: Im Labyrinth der Verbandspolitik (SB)



Sammy Vasquez dominiert überforderten Aaron Martinez

Da Floyd Mayweather seine Karriere im September 2015 beendet hat und Manny Pacquiao im April seine Abschiedsvorstellung gibt, wird die Hackordnung im Weltergewicht derzeit neu ausgehandelt und ausgekämpft. Den vakanten WBC-Titel hat sich Danny Garcia durch einen Punktsieg über Robert Guerrero in Los Angeles gesichert. WBA-Weltmeister ist Keith Thurman, den Gürtel der IBF hat der Brite Kell Brook in seinem Besitz, und Champion der WBO ist Timothy Bradley. Im Vorprogramm des Kampfs zwischen Garcia und Guerrero im Staples Center wurde ein weiteres Duell im Weltergewicht über die Bühne gebracht, das der Verband WBC als Semifinale einer Qualifikation ausgewiesen hatte. Das soll wohl im Klartext bedeuten, daß den Gewinner nur noch ein weiterer Sieg von der Position des Pflichtherausforderers trennt.

Warum ausgerechnet Sammy Vasquez und Aaron Martinez in den Genuß dieser Chance kamen, künftig bedeutendere Auftritte und höhere Börsen an Land zu ziehen, folgte wie so oft im Labyrinth der Verbandspolitik keiner schlüssigen Logik. Wenngleich Vasquez in 20 Kämpfen ungeschlagen war, tauchte er in der WBC-Rangliste erst an Nummer zwölf auf. Martinez, für den 20 Siege, vier Niederlagen sowie ein Unentschieden zu Buche standen, wurde nicht einmal unter den Top 15 geführt.

Vor sieben Monaten war Aaron Martinez noch ein unbekannter Boxer aus dem Osten von Los Angeles, der seit vierzehn Monaten nicht mehr im Ring gestanden hatte. Robert Guerrero, der im März 2015 eine herbe Niederlage gegen Keith Thurman bezogen hatte, suchte ihn sich als vermeintliches Kanonenfutter aus, um wieder Tritt zu fassen. Martinez kämpfte bei diesem Duell, das im Juni in Carson ausgetragen wurde, jedoch wie ein Löwe und hätte den Sieg verdient gehabt, der jedoch umstritten Guerrero zugesprochen wurde.

Diese überzeugende Leistung bescherte dem 34 Jahre alten Martinez im Oktober einen weiteren Kampf, bei dem er in Glendale mit dem ehemaligen Weltmeister Devon Alexander erneut einem haushohen Favoriten gegenüberstand. Wieder gab der Außenseiter alles, und diesmal wurde er mit einem einstimmigen Punktsieg belohnt. Der aufsehenerregende Erfolg führte dazu, daß er nun zum dritten Mal in Folge gegen einen namhafteren Kontrahenten antreten durfte.

Der 29jährige Sammy Vasquez aus Monessen, Pennsylvania, ist ein Veteran der U.S. Army National Guard, der zwei Einsätze im Irak absolviert hat und seither an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet. Eigenen Angaben zufolge schätzt er sich dennoch glücklich, keinen schlimmeren Schaden davongetragen zu haben, und sieht im Boxsport eine Chance, seine persönliche Situation wie auch die vieler anderer ehemaliger Soldaten publik zu machen.

Wie Martinez im Vorfeld des Kampfs erklärt hatte, habe er mit seinen letzten Auftritten viele Experten und Fans überrascht. Ihm selbst sei hingegen schon lange klar gewesen, daß er dank harter und hingebungsvoller Arbeit zu solchen Leistungen fähig sei und an diesen Platz gehöre. Wenngleich ihm ein weiterer schwerer Kampf bevorstehe, trete er doch an jenem Ort auf, an dem seine Karriere begonnen habe. Er werde seinen Leuten eine großartige Vorstellung geben. Vasquez mache ihm keine Sorgen, da er ein Boxer wie jeder andere sei, außer daß er natürlich weiter ungeschlagen bleiben wolle.

Vasquez, der einen vorzeitigen Sieg binnen sechs bis acht Runden angekündigt hatte, erhoffte sich davon einen Sprung in die höheren Etagen dieser Gewichtsklasse. Wenngleich unklar sei, wo genau er nach diesem Erfolg stehen werde, trage er sich doch mit der festen Absicht, noch vor Ende des Jahres um einen Titel zu kämpfen. Im Weltergewicht versammelten sich die besten Akteure der Branche, und er sei bereit, es mit jedem von ihnen aufzunehmen. [1]

Als Sammy Vasquez und Aaron Martinez dann im Ring aufeinandertrafen, verlief ihr Kampf doch sehr viel einseitiger, als man es nach den letzten beiden Auftritten des Außenseiters erwartet hatte. Martinez kämpfte die ersten drei Runden weitgehend mit den Seilen im Rücken und schlug viel zu wenig, so daß sein Gegner unbeeindruckt schalten und walten konnte. Als der Lokalmatador im vierten Durchgang endlich etwas aktiver zu Werke ging, lag er bereits klar im Rückstand. Auch Vasquez riß keine Bäume aus, sondern bewegte sich viel umher, setzte auf einzelne Treffer und klammerte sofort, sobald ihm Martinez zu nahe kam.

Daraus resultierte ein langweiliger Kampf ohne Höhepunkte, der die Zuschauer in der sechsten Runde zu lautstarken Mißfallenskundgebungen veranlaßte. Die Frage, ob dies die beiden Akteure angespornt hätte, endlich etwas beherzter und spektakulärer zur Sache zu gehen, blieb unbeantwortet. Aaron Martinez gab nach Ende des sechsten Durchgangs auf, da er sich eine Verletzung am linken Ellbogen zugezogen hatte.

Nach dieser enttäuschenden Darbietung richtete sich die Kritik in erster Linie an die Adresse des WBC, da der Verband dem Favoriten einen Gegner zugespielt hatte, der sich als überfordert erwies. Wäre beispielsweise der an Nummer neun der Rangliste geführte Errol Spence gegen Vasquez angetreten, hätte man mit Sicherheit einen ganz anderen Verlauf erlebt. Sammy Vasquez hat zwar im Rahmen seiner Möglichkeiten geschickt geboxt und Martinez klar dominiert, dabei jedoch nur eine geringe Schlagwirkung erkennen lassen. Stünde er mit Errol Spence, Keith Thurman, Shawn Porter, Kell Brook, Danny Garcia oder Amir Khan im Ring, wäre er mit seiner Kunst vermutlich bald am Ende. [2]


Fußnoten:

[1] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/14620986/aron-martinez-confident-entering-sammy-vasquez-fight

[2] http://www.boxingnews24.com/2016/01/sammy-vasquez-stops-aron-martinez/#more-204628

26. Januar 2016


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