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MELDUNG/1880: Keine gute Idee! (SB)



Bob Arum plant Kampf zwischen Andy Ruiz und Ike Ibeabuchi

Bob Arum möchte das Vorprogramm des Kampfs zwischen Manny Pacquiao und Timothy Bradley, mit dem der Philippiner am 9. April im MGM Grand in Las Vegas seine außergewöhnliche Karriere beendet, auf eine Weise anreichern, die harsche Kritik auf den Plan gerufen hat. Der 84jährige Promoter trägt sich mit dem Gedanken, einen Kampf im Schwergewicht zwischen Andy Ruiz und Ike Ibeabuchi ins Programm aufzunehmen. Da Ruiz in 26 Auftritten ungeschlagen ist, während sein möglicher Kontrahent 20 Siege vorzuweisen hat, wirkt dieses Duell auf den ersten Blick wie eine angemessene Kombination zweier annähernd gleichwertiger Akteure. Doch dieser Eindruck trügt!

Der Mexikaner ist 26 Jahre alt und wird bei den Verbänden WBO (8), WBC (11) und IBF (11) an Positionen der Rangliste geführt, die einen Titelkampf nicht ausschließen. Ruiz setzte sich 2014 knapp nach Punkten gegen den früheren Champion Sergej Liachowitsch durch und gewann 2015 gegen Joell Godfrey wie auch Raphael Zumbano Love. Wenngleich es sehr unwahrscheinlich ist, daß er jemals Weltmeister wird, kann er sich doch Hoffnungen auf recht attraktive und einträgliche Auftritte machen. Er hat daher gute Gründe, weiter unbesiegt zu bleiben und sich die Suppe nicht durch einen Ausrutscher versalzen zu lassen. Zwar zeichnet ihn weder eine überragende Technik noch besondere Schnelligkeit aus, doch kann er gehörig zuschlagen.

Ike Ibeabuchi hat sechs Kämpfe weniger als Ruiz bestritten, wird aber in Kürze 43 Jahre alt. Der enorme Altersunterschied erklärt sich damit, daß der gebürtige Nigerianer seit März 1999 nicht mehr im Ring gestanden hat, weil er eine 15jährige Haftstrafe absitzen mußte. Er wurde damals wegen Vergewaltigung zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt und kam nach Verbüßung des halben Strafmaßes auf freien Fuß. Ibeabuchi hatte auf dem Höhepunkt seiner Karriere David Tua 1997 einen spektakulären Kampf geliefert und knapp gewonnen, der sich durch eine für das Schwergewicht außergewöhnlich hohe Schlagfrequenz auszeichnete. Bei seinem letzten Auftritt setzte er sich vorzeitig gegen Chris Byrd durch.

Offenbar ist nicht vorgesehen, daß Ibeabuchi nach seiner 17 Jahre währenden Abwesenheit zunächst einen Aufbaukampf gegen einen leicht zu besiegenden Kontrahenten bestreitet, um wieder in Schwung zu kommen. Ihn sofort ins kalte Wasser eines Duells mit Andy Ruiz zu werfen, mutet schlichtweg verantwortungslos an, zumal bekannt ist, daß er schon in der Vergangenheit relativ problemlos zu treffen war und der Mexikaner eine gehörige Schlagwirkung aufzubieten hat. [1]

Man kann daher nur hoffen, daß die Sportkommission von Nevada dem geplanten Kampf die erforderliche Zustimmung verweigert und zumindest verlangt, daß sich der bald 43jährige zunächst einer Überprüfung seiner boxerischen Verfassung anhand einfacherer Anforderungen unterzieht. Wenngleich durchaus nachzuvollziehen ist, daß Ibeabuchi versucht, sich nach seinem langen Gefängnisaufenthalt eine Existenz mit jenen Mitteln aufzubauen, die ihn vordem ausgezeichnet haben und mehr oder minder einträglich gewesen sind, sollte doch der Schutz seiner Gesundheit an erster Stelle stehen.

Man fühlt sich in diesem Zusammenhang an den ehemaligen Weltklasseboxer Donovan "Razor" Ruddock erinnert, der 2015 nach einer 14jährigen Abwesenheit im Alter von 52 Jahren ein Comeback im Schwergewicht wagte. Er setzte sich gegen zwei namenlose Gegner durch, wurde dann aber von dem gleichermaßen unbekannten und zudem unerfahrenen Dillon Carman, der zuvor erst sieben Kämpfe gewonnen und zwei verloren hatte, in der dritten Runde geschlagen auf die Bretter geschickt.

Hinzu kommen im Falle Ibeabuchis Bedenken, die auch dann nicht ausgeräumt wären, sollte der Boxer die üblichen Tests der Sportkommission zur Überprüfung seiner physischen Verfassung problemlos absolvieren. Er litt in der Vergangenheit an psychischen Problemen, die unter anderem dazu geführt haben, daß er den Sohn einer ehemaligen Freundin entführte und mit ihm im Auto absichtlich gegen einen Brückenpfeiler fuhr, wodurch das Kind dauerhafte Schäden davontrug. Er soll an einer Persönlichkeitsstörung gelitten haben, die sich nach Angaben seines damaligen Promoters Lou DiBella darin äußerte, daß er in Verselbständigung seines Kampfnamens "The President" zeitweise darauf bestand, von seinem gesamten Umfeld mit "Präsident" angesprochen zu werden, womit er offenbar nicht nur die Vereinigten Staaten, sondern scheinbar die ganze Welt meinte. [2]

Nun ist es natürlich unmöglich zu sagen, wie aussagekräftig die damaligen Einschätzungen oder Diagnosen tatsächlich waren. Zudem sollte man keinem Menschen absprechen, etwaige Probleme dieser Art womöglich längst in den Griff bekommen zu haben. Die Aussage, man müsse jemanden vor sich selber schützen, ist jedenfalls auch im Falle Ibeabuchis mit größter Vorsicht zu genießen. Indessen ist die Warnung nicht von der Hand zu weisen, daß sich Promoter Bob Arum, vielleicht auch der Sender HBO und womöglich sogar die Aufsichtsbehörde zu einer Vorgehensweise hinreißen lassen könnten, bei denen die schützenswerten Belange eines 43jährigen Boxers, der eine kleine Ewigkeit nicht mehr aktiv war, keinen absoluten Vorrang genießen.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2016/01/will-nevada-commission-sanction-ike-ibeabuchi-vs-andy-ruiz/#more-203749

[2] http://www.boxingnews24.com/2016/01/should-ike-ibeabuchi-be-protected-this-time-around/#more-203728

5. Januar 2016


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