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MELDUNG/1842: Ein klares Wort aus berufenem Munde (SB)



WBC-Präsident bekräftigt Anspruch Gennadi Golowkins

Wie der Präsident des World Boxing Council (WBC), Mauricio Sulaiman, erneut bekräftigt hat, muß der Sieger des Kampfs zwischen Miguel Cotto und Saul "Canelo" Alvarez am 21. November den Titel im Mittelgewicht im nächsten Schritt gegen Gennadi Golowkin verteidigen. Von dieser Vorgabe werde es keine Ausnahme geben, sofern die beiden Parteien nicht untereinander etwas anderes vereinbaren. Da der Kasache nicht nur Superchampion der WBA und Weltmeister der IBF sowie des kleinen Verbands IBO, sondern seit geraumer Zeit auch Pflichtherausforderer beim WBC ist, lassen dessen Statuten gar nichts anderes zu. Bekanntlich weichen jedoch Reglement und Verbandspolitik in der Praxis nicht selten weit voneinander ab, so daß die klare Aussage Sulaimans zu begrüßen ist.

Sollte die Verbandsführung ihre Position in dieser Frage beibehalten, wovon derzeit auszugehen ist, stehen dem Sieger des Kampfs zwischen Cotto und "Canelo" drei Möglichkeiten offen: Er kann wie verlangt gegen Golowkin antreten, den Gürtel zurückgeben oder abwarten, bis ihm der Titel aberkannt wird. Während die Fangemeinden aller Beteiligten sicher mehrheitlich hoffen, daß es zum Kräftemessen mit dem Kasachen kommt, ist die Wahrscheinlichkeit eher gering, daß der Puertoricaner bzw. der Mexikaner dieses Risiko einzugehen bereit wäre. Dem liegt die realistische Einschätzung zugrunde, daß derzeit keiner von beiden eine Chance gegen Golowkin hätte.

Daher stellt sich für den Sieger des 21. Novembers das Problem, wie er dem Kasachen aus dem Weg gehen kann, ohne das Gesicht zu verlieren. Leicht dürfte das nicht sein, da sich die Fans nicht ohne weiteres für dumm verkaufen lassen. Im Lager Cottos hat dessen Trainer Freddie Roach bislang argumentiert, Golowkin sei nicht populär genug, um einen Kampf mit ihm zu rechtfertigen. Diese Ausflucht wird allerdings zusehends fadenscheinig, da der Kasache bei seinem ersten Auftritt im Bezahlfernsehen den Kanadier David Lemieux auf eindrucksvolle Weise besiegt und ihm den IBF-Titel abgenommen hat.

Sehr viel ausführlicher meldet sich Oscar de la Hoya im Namen seines prominentesten Schützlings Saul Alvarez zu Wort. Der Präsident der Golden Boy Promotions orakelte jüngst, "Canelo" boxe eigentlich im Halbmittelgewicht. Er trete nur deswegen bei einem vereinbarten höheren Gewicht an, weil Cotto dies verlangt habe. Sobald Alvarez dafür bereit sei, werde er sicher auch regulär im Mittelgewicht kämpfen. Diese Aussage ist insofern irreführend, als der junge Mexikaner seit seiner Niederlage gegen Floyd Mayweather im September 2013 de facto stets mit einem Kampfgewicht in den Ring gestiegen ist, das sogar deutlich über dem Mittelgewicht gelegen haben dürfte.

De la Hoya öffnet offensichtlich eine Hintertür, indem er behauptet, "Canelo" sei vorerst noch ein echter Halbmittelgewichtler, werde aber nach einer gewissen Frist selbstverständlich gegen Golowkin antreten. Nachdem es Golden Boy gewagt hatte, mit Lemieux einen Weltmeister gegen den Kasachen kämpfen zu lassen und dabei den Titel prompt eingebüßt hat, wird man dieses Risiko kein zweites Mal eingehen. [1]

Im Grunde hat Oscar de la Hoya längst dargelegt, auf welche Route er Saul Alvarez zu steuern gedenkt. So ließ er bereits vor einigen Tagen durchblicken, daß er "Canelo" frühestens in eineinhalb Jahren grünes Licht für ein Duell mit Golowkin geben will. Man müsse diese Option reifen lassen, damit sie in Zukunft um so spektakulärer und einträglicher geerntet werden könne. Dabei nimmt der Eigner der Golden Boy Promotions natürlich das Risiko in Kauf, daß einer der beiden Boxer unterdessen durch eine Niederlage erheblich an Wert verlieren könnte. Da "Canelo" jedoch erst 25 Jahre alt ist, rechnet sich De la Hoya vermutlich aus, daß der 33jährige Kasache früher oder später nachläßt und dann eine leichtere Beute für den erheblich jüngeren Mexikaner wäre.

Davon abgesehen hat Alvarez in den Kämpfen gegen Floyd Mayweather, Austin Trout und Erislandy Lara doch erhebliche Schwächen erkennen lassen, während Golowkin noch nie verloren und seit über sechs Jahren alle Gegner vorzeitig besiegt hat. Dasselbe würde auch dem Mexikaner blühen, würde er Cotto bezwingen und danach auf den Kasachen treffen. Man darf wohl vermuten, daß De la Hoya ein Kampf zwischen Alvarez und Timothy Bradley vorschwebt, an dem auch dessen Promoter Bob Arum interessiert ist. Dieses Duell ließe sich im Bezahlfernsehen vermarkten, weshalb auch der Sender HBO nicht abgeneigt sein dürfte. "Canelo" soll den WBC-Titel, falls er ihn denn gewinnt, möglichst lange behalten. Um das zu gewährleisten, muß er gefährliche Kontrahenten wie Tureano Johnson, Jermall Charlo oder Demetrius Andrade, aber allen voran Gennadi Golowkin tunlichst meiden. [2]


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/11/wbc-yet-again-confirms-cottocanelo-winner-must-face-ggg/#more-201928

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/11/de-la-hoya-wants-golovkin-vs-canelo-to-marinate-for-1-to-1-5-years/#more-201839

16. November 2015


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