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MELDUNG/1609: Großspurigkeit macht noch keinen Champion (SB)




Hughie Fury bekommt es mit Andrej Rudenko zu tun

Im Vorprogramm des Titelkampfs zwischen Gennadi Golowkin und Martin Murray, der am 21. Februar in Monte Carlo über die Bühne geht, kehrt der britische Schwergewichtler Hughie Fury nach acht Monaten in den Ring zurück. Wie sein berühmterer Cousin Tyson Fury wird auch er von seinem Vater Peter trainiert und ist bislang ungeschlagen. Der 20jährige hat vierzehn Gegner besiegt, mußte aber zuletzt wegen gesundheitlicher Probleme eine längere Pause einlegen. Er trifft in Monaco auf den 31 Jahre alten Ukrainer Andrej Rudenko, der 24 Kämpfe gewonnen und nur einen verloren hat, so daß man von einem echten Prüfstein für den Briten sprechen kann.

Wie Fury versichert, sei er vor all seinen Kämpfen fokussiert und motiviert. Nachdem er nun gesundheitlich voll wiederhergestellt sei, habe er es in der Hand, sich zu beweisen. Er wolle den Zuschauern einfach zeigen, wozu er in der Lage ist, denn er könne jeden Gegner im Schwergewicht besiegen.

Sollte der hochgewachsene Brite tatsächlich glauben, was er da behauptet, müßte man ihm einen erheblichen Realitätsverlust attestieren. Bislang hat er weder die erforderliche Deckung noch die unverzichtbare Schnelligkeit und Schlagwirkung erkennen lassen, die Grundvoraussetzungen wären, um sich in den höheren Rängen des Schwergewichts zu behaupten. Bei seinem letzten Auftritt im Mai 2014 besiegte er Danny Hughes über acht Runden nach Punkten, ohne dabei zu überzeugen. Möglicherweise spielte dabei seine gesundheitliche Beeinträchtigung eine Rolle, so daß er sich künftig in besserer Verfassung präsentieren kann.

Fest steht jedoch, daß er seit Beginn seiner Profikarriere im Jahr 2013 nie sonderlich wirksam zuzuschlagen verstand. Inzwischen müßte er sich in dieser Hinsicht eigentlich verbessert haben, wovon jedoch bislang nichts zu erkennen war. Selbst gegen allenfalls mittelmäßige Kontrahenten wie Hrvoje Kisicek, Dorian Darch und Moses Matovu riß er nicht gerade Bäume aus, weshalb nicht abzusehen ist, daß aus dem Briten je mehr als ein durchschnittlicher Akteur werden könnte. Sein Umfeld wäre gut beraten, ihn sehr langsam aufzubauen und seine Fähigkeiten Schritt für Schritt zu verbessern. Läßt man ihn frühzeitig gegen gefährliche Rivalen antreten, droht absehbar ein Debakel. [1]

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Wjatscheslaw Hlaskow trifft auf Steve Cunningham

Bevor Sergej Kowaljow am 14. März in Montreal mit Jean Pascal in den Ring steigt, um seine drei Gürtel gegen den Kanadier zu verteidigen, kommt es im Vorprogramm zu einem Kampf zwischen Wjatscheslaw Hlaskow und Steve Cunningham im Schwergewicht. Das ist insofern etwas enttäuschend, da ein wesentlich attraktiveres Duell im Halbschwergewicht zwischen Artur Beterbijew und Isaac Chilemba im Gespräch gewesen war. Hlaskow und Cunningham sind keine Kandidaten, denen man Titelchancen einräumen würde. Der bislang ungeschlagene Ukrainer, für den 19 Siege und ein Unentschieden zu Buche stehen, ist in den Ranglisten dreier Verbände vertreten (WBC 6, WBO 9, WBA 12). Sein US-amerikanischer Kontrahent weist mit 28 gewonnenen und sechs verlorenen Auftritten eine wesentliche schlechtere Bilanz auf. Er taucht ebenfalls bei drei Verbänden unter den Top 15 auf (IBF 4, WBO 14, WBA 14).

Wjatscheslaw Hlaskow erinnert von seiner Statur her an den Polen Tomasz Adamek, der im Grunde zu leicht für das Schwergewicht war und nicht über die erforderliche Schlagwirkung verfügte, um die führenden Akteure zu besiegen. Im Jahr 2013 bekam der Ukrainer im Kampf mit Malik Scott ein Unentschieden geschenkt. Zieht man in Betracht, daß dieser von Deontay Wilder bereits in der ersten Runde besiegt wurde, wird der Abstand Hlaskows zur Spitze der Gewichtsklasse deutlich. Seither hat er fünf Kämpfe gewonnen, darunter auch einen gegen Adamek, der sich im März 2014 nach Punkten geschlagen geben mußte. Im August setzte sich Hlaskow umstritten gegen den Aufbaugegner Derric Rossy durch, so daß sich bei vielen Fans der Eindruck verfestigte, der Ukrainer könne sich selbst gegen allenfalls durchschnittliche Kontrahenten oftmals nur mit viel Glück behaupten.

Der inzwischen 38 Jahre alte Steve Cunningham war früher IBF-Champion im Cruisergewicht, bis er von Yoan Pablo Hernandez abgelöst wurde. Er wechselte später ins Schwergewicht, wo ihm jedoch auf Dauer die Voraussetzungen fehlten, es mit körperlich weit überlegenen Gegnern aufzunehmen. So verlor er vier von fünf Kämpfen, darunter auch gegen den riesigen Briten Tyson Fury, den er allerdings zwischenzeitlich sogar am Boden hatte. Zuletzt setzte er sich in drei Auftritten durch und rang dabei im April 2014 in einem erbittert geführten Duell den 42jährigen Amir Mansour nieder. [2] Cunningham ist ein erfahrener und technisch versierter Boxer, der sicher im Schwergewicht noch einige Zeit seine Kreise ziehen wird und sich gegen nicht allzu massive und hochklassige Kontrahenten behaupten kann. Der Zugang zum engeren Kreis der Kandidaten, unter denen ein Weltmeister bei einer freiwilligen Titelverteidigung einen Herausforderer auswählen würde, dürfte ihm jedoch verwehrt bleiben.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/01/hughie-fury-vs-andriy-rudenko-on-february-21st-in-monte-carlo-monaco/#more-186662

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/01/steve-cunningham-vs-vyacheslav-glazkov-the-co-feature-on-kovalev-pascal-card-on-march-14th/#more-186650

16. Januar 2015


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