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MELDUNG/1452: Geld regiert die Welt - zumindest aus Sicht Floyd Mayweathers (SB)




Monopolist in neofeudaler Manier

Warum die mangels spartenspezifischer medialer Präsenz und Kompetenz hierzulande unterbelichtete Dauerdebatte um jeden Schritt und Tritt Floyd Mayweathers in der angloamerikanischen Szene dauerhaft hohe Wellen schlägt, liegt auf der Hand. Der weltweit bestverdienende Sportler verkörpert neben hochentwickelter Boxkunst insbesondere den Triumph des Monopols, das zwangsläufig nur zu Lasten niederkonkurrierter Rivalen das Feld beherrschen kann. Nirgendwo sonst in der Branche spricht man auf vergleichbare Weise zuallererst über Geld, zumal sich der Superstar kurzerhand selbst diesen Beinamen gegeben hat. "Money Mayweather" wählt in der Art eines Potentaten seine Gegner ausschließlich nach ihrem aktuellen Marktwert aus, sind doch die Erträge des Bezahlfernsehens sein Lebenselixier. Da auch in seinem Fall die Monopolbildung tendentiell die Geschäftsgrundlage in ihrer Gesamtheit ruiniert, weil die Konzentration von astronomischen Börsen und neofeudaler Verfügungswillkür in seinen Händen nur über die Abwertung der Konkurrenz erwirtschaftet werden kann, spitzt sich die immer gleiche bange Frage zu: Wen wird, wen kann er überhaupt noch als nächsten Gegner auswählen?

Dabei ist Floyd Mayweather sowenig wie irgendein anderer Profiteur der gesellschaftlichen Verhältnisse ein Sklave oder Opfer "des Systems", das als Begriffskonstrukt zu dem Zweck in die Welt gesetzt wurde, sich von einer Konfrontation mit jeglichen Repräsentanten und Akteuren der vorherrschenden Gesellschaftsordnung zu verabschieden. Was er verdient, nimmt er anderen weg, was er dem einen wie einen Gunsterweis zukommen läßt, enthält er dem anderen vor. Wie viele Millionen Dollar er pro Kampf verdient, wird eher geschätzt als sicher ermittelt, zumal ihm neben den angegebenen Börsen weitere Einkünfte in ungenannter Höhe zufließen. Daher muß man es wohl bei der Angabe des Forbes Magazine vom Juni 2014 belassen, das seine Einkünfte auf umgerechnet 78 Millionen Euro im Jahr beziffert.

Wenngleich er kaum das Schicksal anderer Zunftgenossen teilen wird, am Ende einer langen Karriere mittellos dazustehen, ist ein Sturz von seinem überhöhten Thron nie gänzlich auszuschließen. Der Nimbus des in 46 Profikämpfen ungeschlagenen Weltmeisters diverser Gewichtsklassen und Verbände, der seit etlichen Jahren als bester Boxer der gesamten Branche gehandelt wird, will sorgsam gehegt und gepflegt sein. Mayweather gehört dem Zirkel der Macht um den Berater Al Haymon, den Sender Showtime und den ehemaligen Golden-Boy-Geschäftsführer Richard Schaefer an, die dem gesamten US-amerikanischen Boxgeschäft eben jenes Modell der Konzentration in wenigen Händen aufzwingen wollen, wie es "The Money" vorexerziert hat.

Was an dieser Stelle allenfalls aus freier Hand skizziert werden kann, läßt sich keinesfalls mit einer unzulässigen Gleichsetzung von Einkünften und Verfügungsgewalt einem Pseudoverständnis zuführen. Mayweather ist reich, verfügt über beträchtlichen Einfluß und pflegt Umgang mit den derzeit mächtigsten Akteuren der Branche. In welchen Anteilen er jedoch eine Steuerfunktion ausübt oder eher der Nutznießer einer Vorzugsposition ist, in die ihn diverse Interessen und Umstände gespült haben, bedarf weiterer Klärung und wird sich vermutlich erst retrospektiv erschließen.

Mayweather kämpft stets im MGM Grand von Las Vegas und hat gewissermaßen die Vorzugstermine Mitte September und Anfang Mai für sich gepachtet, an denen das mexikanische Publikum in Feiertagsstimmung ist. Ohne die hispanischen Konsumenten läuft gar nichts, sofern man auf extrem hohe Zuschauerzahlen angewiesen ist. Vergleichsweise früh ist diesmal die Katze aus dem Sack, mit wem der Superstar in den Ring steigen wird: Er trifft am 13. September noch einmal auf Marcos Maidana, der ihm zuletzt ordentlich Zunder gegeben hat.

Angesichts der monatelangen Kontroverse um die Einschätzung des ersten Aufeinandertreffens der beiden und der allzu klaren Punktwertung zugunsten Mayweathers bietet sich die sofortige Revanche natürlich unter sportlichen Gesichtspunkten an. Das ist jedoch nur eine unter mehreren möglichen Erwägungen, aus denen sich die Peilung der mutmaßlichen Gunst des zahlungskräftigen Publikums zusammensetzt. Nach Lage der Dinge fehlt schlichtweg eine aussichtsreichere Alternative, zumal Amir Khan wegen der islamischen Fastenzeit als Kandidat diesmal ausfällt.

Ende 2013 war der Brite die einzig lukrative Option für den nächsten Auftritt Mayweathers im Frühjahr, obgleich er seit der Niederlage gegen Danny Garcia von 2012 nur zwei Gurkenkämpfe gewonnen hatte. In Erwartung des Zuschlags trat Khan von einem möglichen Duell mit Devon Alexander zurück, worauf er plötzlich mit leeren Händen dastand. Maidana entthronte nämlich Adrien Broner, so daß seine Aktien in den Himmel schossen und ihn mit Mayweather zusammenführten. Dabei verkaufte sich der Argentinier so gut, daß die Niederlage seiner Reputation keinen Abbruch tat.

Andere namhafte Kandidaten wie Manny Pacquiao oder Timothy Bradley stehen im kalten Krieg der Sender und Promoter, der die Branche teilt, auf der feindlichen Seite. Erislandy Lara und Saul "Canelo" Alvarez kämpfen am Wochenende gegeneinander, Miguel Cotto hat erst kürzlich Sergio Martinez demontiert. Weitere potentielle Gegner Mayweathers haben bereits andere Auftritte vereinbart. So bleibt letzten Endes nur Marcos Maidana, um hohe Umsätze einzufahren. Damit ist die aktuelle Kardinalfrage geklärt, und was Floyd Mayweathers sibyllinische Ankündigung betrifft, er könne für Anfang May 2015 eine Überraschung in Aussicht stellen, bleibt ihm noch jede Menge Zeit abzuwarten, wie dann die Karten seiner Konkurrenten gemischt sind. [1]


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2014/07/mayweather-maidana-ii-confirmed-and-why-im-not-surprised/#more-178810

11. Juli 2014