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MELDUNG/1139: Rehabilitierung mißlungen - Price unterliegt Thompson ein zweites Mal (SB)




41jähriger Veteran erteilt dem Briten eine weitere Lektion

Am 23. Februar hatten sich in Liverpool die Wege zweier Boxer gekreuzt, deren sportliches Schicksal absehbar schien. Der 29jährige Lokalmatador David Price war aus 15 Profikämpfen als Sieger hervorgegangen und zählte zu den Hoffnungsträgern des britischen Schwergewichts. Um ihm zu einem Sprung in den Ranglisten zu verhelfen, setzte ihm Promoter Frank Maloney einen namhaften, aber in die Jahre gekommenen Gegner vor. Der bereits 41jährige US-Amerikaner Tony Thompson, der seit seiner klaren Niederlage gegen Wladimir Klitschko im Juli 2012 nicht mehr im Ring gestanden hatte, schien geradezu für eine Abschiedsvorstellung prädestiniert zu sein. Price, mit 2,03 m Größe ein Riese von Gestalt, der fast alle seine Kämpfe frühzeitig gewonnen hatte, würde auch diesen Gegner niedermachen, glaubten die Experten, Fans und Kunden der Liverpooler Buchmacher.

Der Kampf begann, wie man es erwartet hatte. Nach einer verhaltenen ersten Runde mit klaren Vorteilen für den körperlich überlegenen Briten drehte dieser im zweiten Durchgang auf, um in gewohnter Manier kurzen Prozeß mit seinem Gegner zu machen. Unter dem tosenden Jubel der Zuschauer trieb er Thompson in die Seile und schlug wild auf ihn ein, bis er plötzlich wie vom Blitz getroffen zu Boden stürzte. Schwer angeschlagen kam er schwankend wieder auf die Beine, die ihn kaum noch zu tragen schienen, worauf der Ringrichter einschritt und den Kampf abbrach. Totenstille breitete sich im Rund der Arena aus, da niemand fassen konnte, was sich soeben im Ring abgespielt hatte. Thompson war in einem eleganten Manöver zur Seite ausgewichen und hatte seinen riesigen Gegner mit einem einzigen Schlag aufs Ohr gefällt.

Tony Thompson war als Kanonenfutter gekommen und hatte den Ring im Hochgefühl einer sportlichen Wiedergeburt verlassen, die ihn aus einem abgeschriebenen Veteranen in einen vielgefragten Kontrahenten verwandelte. David Price bezog auf sensationell anmutende Weise seine erste Niederlage und entschloß sich wenig später dazu, eine sofortige Revanche zu verlangen, die als Option vertraglich vereinbart worden war. Er schlug die Möglichkeit aus, zunächst einen Aufbaukampf gegen einen handverlesenen Kandidaten zu bestreiten, da er die Scharte umgehend auswetzen und seinen angeschlagenen Ruf wiederherstellen wollte.

Diese Entscheidung hat sich nun als verhängnisvoll für den Briten erwiesen. In der Liverpooler Echo Arena konnte sich Tony Thompson auch bei der Revanche gegen David Price durchsetzten und damit alle Kritiker eines Besseren belehren, die seinen Sieg im ersten Kampf einzig und allein auf einen Glückstreffer zurückgeführt hatten. Der Brite mußte ausgerechnet an seinem 30. Geburtstag und vor heimischem Publikum die zweite Niederlage seiner Profilaufbahn hinnehmen, die ihn weit in seinen Karriereplänen zurückwirft.

Da Price offensichtlich nicht noch einmal einem Konter zum Opfer fallen wollte, begann er recht zurückhaltend und begnügte sich mit einigen Treffern aus der Distanz. In der zweiten Runde konnte der Brite erstmals eine schwere Rechte landen, die Thompson jedoch nicht daran hinderte, unbeeindruckt auf ihn loszumarschieren. Dabei fing sich der US-Amerikaner einen Volltreffer ein, nach dem er angeschlagen wirkte. Price setzte sofort nach und verwickelte ihn in einen Schlagabtausch, worauf Thompson nach einer weiteren Rechten zu Boden ging. Der Amerikaner kam gerade noch rechtzeitig wieder auf die Beine und wurde vom Gong gerettet.

Den Sieg vor Augen versuchte Price, im dritten Durchgang eine frühe Entscheidung herbeizuführen, doch hatte sich Thompson in der Pause wieder gefangen und hielt sich den Gegner vom Leib. Offenbar war es mit der Kondition des riesigen Briten nicht weit her, da er bereits müde zu werden schien und Thompson wieder in den Kampf kommen ließ. Dieses Bild setzte sich in der vierten Runde fort, da der US-Amerikaner wesentlich frischer wirkte, Price zurückdrängte und erstmals in Schwierigkeiten brachte. Im fünften Durchgang ließ Thompson nicht mehr locker und bearbeitete den Briten mit einer Serie von Schlägen, doch wollte der Gegner einfach nicht fallen. Schließlich ging Ringrichter Marcus McDonnell dazwischen und zählte Price im Stehen an. Als der Referee merkte, daß der Brite mit seinen Kräften am Ende war, nahm er ihn aus dem Kampf. Damit stand Thompson nach einer Minute und 55 Sekunden der fünften Runde als Sieger fest. [1]

Während der in Washington lebende Tony Thompson seine Bilanz auf 38 gewonnene und drei verlorene Kämpfe verbesserte, stehen für David Price nun 15 Siege und zwei Niederlagen zu Buche. Wie der US-Amerikaner im anschließenden Interview mit Boxnation sagte, sei Price ein starker Kerl, der ihm echt Angst gemacht habe. David habe frühzeitig einen guten Niederschlag erzielt, doch sei er offenbar mental nicht ganz auf der Höhe gewesen und müsse nun von vorne anfangen. Bei ihm selbst verhalte es sich umgekehrt, da sein Körper alt, doch der Geist wach sei, so Thompson. Der Brite habe das Beste in ihm wachgerufen. Nun wolle er gegen dessen Landsmann Tyson Fury kämpfen, und falls dieser weglaufe, am liebsten mit Vitali Klitschko in den Ring steigen.

Fußnote:

[1] http://www.boxen.de/news/thompson-gewinnt-auch-rematch-gegen-price-vorzeitig-27535

8. Juli 2013