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MELDUNG/1089: Vic Darchinjan empfiehlt sich für einen Titelkampf (SB)




Javier Gallo muß in Runde vier die Segel streichen

In einem Kampf des Superbantamgewichts hat sich der Armenier Vic Darchinjan vorzeitig gegen Javier Gallo aus Mexiko durchgesetzt. Als Ranglistenerster der WBO war der ehemalige Weltmeister in zwei Gewichtsklassen klarer Favorit. Er wurde dieser Rolle voll und ganz gerecht, wenn man einmal von seiner Neigung absieht, keinen sonderlichen Wert auf die Deckung zu legen. Daß ihn der Angriff ohne Rücksicht auf Verluste in Schwierigkeiten bringen würde, mußte Darchinjan bereits kurz vor Ende der ersten Runde erfahren, die er bis zu diesem Zeitpunkt eindeutig dominiert hatte. Gallo verpaßte ihm plötzlich einen Volltreffer, der ihn zwar nicht erschütterte, aber doch maßlos zu ärgern schien.

Sichtlich erbost fiel er im zweiten Durchgang über den Gegner her und ließ die Schläge derart auf ihn einprasseln, daß der Mexikaner zu Boden gehen mußte, wo er zum ersten Mal angezählt wurde. Im Eifer des Gefechts ließ der Armenier seine Deckung derart hängen, daß Gallo wenig später erneut mit einem schweren Treffer zum Zuge kam, nach dem Darchinjan reichlich angeschlagen wirkte. Den Zuschauern gefiel der lebhafte Kampf, zumal die Kontrahenten mit Überraschungen aufwarteten. Noch war die Runde nicht zu Ende, nahm doch der Armenier nach einer kurzen Erholungszeit sein unterbrochenes Vorhaben wieder auf und schickte den Gegner kurz vor dem Gong erneut auf die Bretter.

Im nächsten Durchgang demonstrierte Darchinjan, daß er natürlich auch weniger spektakulär, doch dafür taktisch und mit passabler Deckung boxen kann. Allzu lange hielt er sich damit aber nicht auf, denn schon in der vierten Runde machte er seinen vorzeitigen Sieg mit einer sehenswerten Linken perfekt. Der Referee hatte genug gesehen und brach den ungleichen Kampf umgehend ab, so daß der Armenier erstmals seit dreieinhalb Jahren wieder einen K.o.-Sieg feiern konnte. Dank dieses Erfolgs verbesserte Vic Darchinjan die Bilanz seiner langen Karriere auf 39 Siege, fünf Niederlagen und ein Unentschieden. Den Mexikaner weisen 18 gewonnene und sieben verlorene Kämpfe sowie ein unentschieden beendeter Auftritt als Aufbaugegner aus, der es dem Ex-Weltmeister erlaubte, seinen Spitzenplatz in der Rangliste zu konsolidieren und seine Ansprüche auf einen Titelkampf aufrechtzuerhalten.

Die Sache hat freilich einen Haken: Amtierender Champion der WBO ist der Kubaner Guillermo Rigondeaux, dessen vermeintlich noch nicht allzu ansehnliche Ausbeute von zwölf erfolgreich absolvierten Profikämpfen in keinem Verhältnis zu seinem tatsächlichen Status steht. Daß der zweimalige Olympiasieger ein überragender Amateurboxer war, bedarf keiner besonderen Erwähnung. Wie andere seiner exilkubanischen Landsleute auch um großspurige Worte nicht verlegen, mit denen er allerdings im US-amerikanischen Boxgeschäft bestens aufgehoben ist, ließ er ihnen doch entsprechende Taten folgen. Sein letztes Opfer war kein Geringerer als Nonito Donaire, der seinem legendären philippinischen Landsmann Manny Pacquiao nacheiferte und sich unter den weltbesten Boxern aller Gewichtsklassen eingereiht hatte. Am 13. April besiegte Rigondeaux den "Boxer des Jahres 2012" in einem Vereinigungskampf um die Titel der Verbände WBA und WBO - ein Kinderspiel, wie er kürzlich selbstbewußt verkündete.

Daß Vic Darchinjan diesem Kontrahenten im Falle eines Titelkampfs gewachsen wäre, darf bezweifelt werden. Indessen hat Rigondeaux ohnehin Größeres im Sinn, als sich mit dem Armenier zu messen, forderte er doch vor wenigen Tagen Abner Mares heraus, wovon sich der Kubaner eine weitere lukrative Börse verspricht. Mares, ehemals Weltmeister im Bantam- und Superbantamgewicht, entthronte vor einer Woche gleich bei seinem ersten Auftritt im Federgewicht den amtierenden WBC-Champion Daniel Ponce de Leon durch technischen K.o. in der neunten Runde. Der 27 Jahre alte Mexikaner erklärte hinterher, er fühle sich auch im Federgewicht so stark, daß er keinen Gegner fürchten müsse.

Zwar hat der Verband WBC angeordnet, daß Abner Mares den Titel in absehbarer Zeit gegen seinen mexikanischen Landsmann Robinson Castellanos verteidigen müsse. Zugleich räumte man dem Weltmeister aber die Möglichkeit ein, zuvor eine freiwillige Titelverteidigung zu bestreiten. Wenngleich natürlich ungewiß ist, ob es bereits bei dieser Gelegenheit zu einem Kampf zwischen Mares und Rigondeaux kommt, wäre Vic Darchinjan sicher gut beraten, einen möglichen Wechsel des Kubaners in die höhere Gewichtsklasse abzuwarten, um ihm so aus dem Weg zu gehen.

Fußnote:

[1] http://www.boxen.de/news/darchinyan-knockt-gallo-in-vier-runden-aus-hofft-nun-auf-wm-kampf-gegen-rigondeaux-26481

13. Mai 2013