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MELDUNG/1082: Olympias Tore öffnen sich für Wladimir Klitschko (SB)




Gedankenspiel des Champions elektrisiert Amateurweltverband

Nicht um Geld, sondern um Ruhm geht es Wladimir Klitschko eigenen Angaben zufolge bei dem Ziel, an den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro teilzunehmen und dort seine zweite Goldmedaille nach 1996 in Atlanta zu gewinnen. Wenngleich die Statuten des Weltverbands der Amateurboxer (AIBA) eine Teilnahme des Ukrainers an den Sommerspielen 2016 ausschließen, deutet sich die Bereitschaft der Funktionäre an, das Unmögliche möglich zu machen. Der Grund liegt auf der Hand: Nach den Ringern fürchten auch die Boxer den olympischen Tod, da angesichts erbitterter Konkurrenz der bedrohten Sportarten um einen Platz im Olympiaprogramm der Druck wächst, sich spektakulär und fernsehtauglich zu präsentieren. Allein die Diskussion über einen möglichen Auftritt Klitschkos in Rio beschert dem olympischen Boxen größere Aufmerksamkeit, als diese Disziplin während der letzten Spiele in London verbuchen konnte.

Die AIBA habe den Traum Wladimir Klitschkos vernommen, teilte der Verbandssprecher Sebastien Gillot mit. Daß der 37 Jahre alte Profiweltmeister mehrere Kriterien für eine Olympiateilnahme nicht erfüllt, stelle kein Problem dar. Die AIBA blicke nach vorn, um mit Klitschko weitere Gespräche zu führen, so Gillot. Nach den katastrophalen Punktrichterentscheidungen in London könnte ein Auftritt des populären Champions den Boxsport unter positiven Vorzeichen ins Rampenlicht zurückholen. Wladimir sei ein besonderer Botschafter seines Sports. Das wisse auch die AIBA, ist sich Klitschkos Manager Bernd Bönte der Zugkraft des Ukrainers bewußt.

Offenbar ist die AIBA unter diesen Umständen nur zu gern bereit, ihre Regeln außerordentlich flexibel auszulegen. Das betrifft zum einen die vorgeschriebene Altersgrenze, die bei 40 Jahren festgelegt wurde. "Wenn der Boxer einige Wochen vor den Spielen 40 geworden ist, ist er dennoch für das AIBA-Programm geeignet", teilte der Verband mit. Klitschko erreicht bereits am 25. März 2016 und damit einige Monate vor den Spielen die Altersgrenze. Gesprächsbedarf besteht hinsichtlich der Vorgabe, daß nur jene Profiboxer teilnehmen dürfen, die maximal 15 Kämpfe bestritten haben. Da Klitschko schon heute auf 62 Profikämpfe zurückblicken kann, muß ein ansehnlicher Stolperstein aus dem Weg geräumt werden.

Doch selbst wenn das gelänge, wäre der Weg nach Rio noch längst nicht frei. Klitschko müßte sich nämlich dem neuen AIBA-Profiprogramm APB anschließen, in dessen Rahmen Qualifikationskämpfe ausgetragen werden. Auf diesem Programm ruhen große Hoffnungen des Weltverbands, der mit dem Reformwerk die künftige Olympiateilnahme sicherzustellen hofft. Schon 2013 finden erste Promotion-Kämpfe statt, 2014 folgen dann Sessions in allen olympischen Gewichtsklassen, an denen voraussichtlich auch Profis teilnehmen. Jeder Athlet bestreitet mindestens vier Kämpfe, am Ende wird ein Weltmeister gekürt. Klitschko müßte spätestens 2015 einsteigen, da sich die besten vier bzw. fünf Boxer jeder Gewichtsklasse für Rio qualifizieren. Das würde jedoch bedeuten, daß der Ukrainer in diesem Zeitraum kaum einen Profikampf bestreiten könnte. Geboxt wird zunächst über acht Runden, in den Finals geht es über volle zwölf Durchgänge. Hingegen wird bei den Olympischen Spielen nur über drei Runden gekämpft, da ein solches Turnier in vierzehn Tagen anders nicht auszurichten wäre.

Einen Kopfschutz bräuchte Klitschko bei einem Auftritt in Rio nicht zu tragen, da dieser im Amateurbereich zum letzten Mal bei den Europameisterschaften ab Ende Mai im weißrussischen Minsk zum Einsatz kommt. Medizinische Studien des Verbandes hatten ergeben, daß für die Sportler bei Wegfall des Schutzes keine größere Verletzungsgefahr bestehe.

Daß ein Profiboxer, der normalerweise über zwölf Runden geht, automatisch im Vorteil gegenüber einem Amateurboxer mit drei Runden Einsatz sei, wagt der Präsident des Deutschen Boxsportverbands (DBV), Michael Müller, zu bezweifeln. Seines Erachtens handelt es sich in technischer Hinsicht um zwei ganz verschiedene Arten des Boxens. So brauche sich der Amateurboxer Stefan Härtel vor einem Arthur Abraham oder Robert Stieglitz nicht zu verstecken.

Wladimir Klitschko ginge mit einer angestrebten Olympiateilnahme ein beträchtliches Risiko ein. Bestenfalls könnte er seinen Erfolg von 1996 wiederholen, doch stünde er im Falle eines Scheiterns in der Qualifikation vor einem Scherbenhaufen.

4. Mai 2013