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MELDUNG/1034: Francesco Pianeta hat das große Los gezogen (SB)




Gelsenkirchener tritt gegen Wladimir Klitschko an

Wer die Ereignisse im Boxsport aufmerksam verfolgt, wird mit dem Namen Francesco Pianeta sicher etwas anfangen können. Das breitere Publikum dürfte hingegen mit Erstaunen fragen, wer denn dieser Schwergewichtler sei, den Wladimir Klitschko als nächsten Herausforderer gewählt hat. Da der Ukrainer die Pflichtverteidigung gegen den Russen Alexander Powetkin auf den Sommer verschoben hat, stand ihm frei, sich einen Gegner auszusuchen. Ganz einfach war das nicht, hat er doch im Laufe seiner erfolgreichen Karriere schon so vielen Kontrahenten das Nachsehen gegeben, daß die Liste möglicher Kandidaten gewaltig geschrumpft ist. Natürlich pocht auch der Nachwuchs an die Tür des Champions und empfiehlt sich als bestmögliche Option, doch da das ukrainische Brüderpaar auch in diesem Sektor ausgiebig aufgeräumt hat, bleiben letztendlich weniger halbwegs angemessene und, nicht zu vergessen, in Deutschland vermarktbare Anwärter übrig, als man an einer Hand abzählen kann.

Pianeta hat, sofern der Weltverband WBA seine Zustimmung erteilt, das große Los gezogen: Es ist sein endgültiger Sprung ins Scheinwerferlicht auf großer Bühne, verbunden mit der ansehnlichsten Börse seiner Profilaufbahn. In sportlicher Hinsicht sieht die Sache allerdings anders aus, rechnen doch die wenigsten damit, daß er ungeschoren davonkommen könnte. Das wäre der schlimmste Schaden nicht, da er das Schicksal, an Wladimir Klitschko gescheitert zu sein, mit zahlreichen Zunftgenossen teilen würde, darunter die namhaftesten der Branche. Vor allem aber könnte er in der Folge seinen enorm gestiegenen Bekanntheitsgrad in weitere attraktive Auftritte ummünzen.

Natürlich wird sich Pianeta mit Händen und Füßen gegen die Einschätzung wehren, er könne nichts weiter als Kanonenfutter für den Champion sein. Das ist nicht nur sein gutes Recht und die Pflicht, die Werbung für den Kampf nach Kräften mitzutragen, es ist ihm vielmehr auch durchaus zuzutrauen, seine Haut teuer zu Markte zu tragen. Wladimir Klitschko, soviel ist gewiß, wird einmal mehr den Vorwurf zu hören bekommen, er suche sich zu leichte Gegner aus. Darüber könnte sich der Ukrainer einfach hinwegsetzen, da er sich gemeinsam mit seinem Bruder Vitali seit Jahren in Eigenregie vermarktet und mithin tun und lassen kann, was ihm beliebt. Er wird jedoch entgegnen, daß man diesen Herausforderer keinesfalls auf die leichte Schulter nehmen dürfe, und könnte natürlich hinzufügen, wer, bitte schön, der wirklich gefährliche und derzeit verfügbare Kontrahent sein soll, von dem immer wieder die Rede ist.

Verdichten sich kursierende Mutmaßungen zur sicheren Gewißheit, trifft der 36 Jahre alte Wladimir Klitschko am 4. Mai also auf den ungeschlagenen Gelsenkirchener. Manager Bernd Bönte verweist auf das noch ausstehende Votum der WBA, ohne das man nichts unternehmen werde. Der 28jährige Pianeta hat 28 Kämpfe gewonnen und einmal unentschieden geboxt, während der Ukrainer mit einer Bilanz von 59 Siegen und drei Niederlagen auf sehr viel reichhaltigere Erfahrungen zurückblicken kann.

Zweifel, ob so ein Kampf für Pianeta Sinn macht, äußert der frühere Schwergewichtsboxer Axel Schulz. Pianeta sei noch sehr jung, und er selbst habe ja erfahren, was es heißt, gegen Wladimir zu boxen, so der 44jährige Schulz. Er war 1999 im Kampf um die Europameisterschaft gegen den Ukrainer chancenlos und verlor damals durch technischen K.o. in der achten Runde.

Francesco Pianeta wurde 1984 in Corigliano Calabro (Provinz Cosenza) geboren. Im Alter von sechs Jahren wanderte er mit seiner Familie nach Gelsenkirchen aus, wo sein Vater in einem Fleischgeschäft Arbeit fand. Nachdem Pianeta zunächst einige Zeit in der Kampfsportart Muay Thai aktiv gewesen war, wurde er Amateurboxer. Sein Profidebüt unter der Regie von Sauerland Event am 2. Juli 2005 war der Auftakt zu einer Siegesserie, die am 30. August 2008 mit dem Gewinn der vakanten EU-Meisterschaft nach Version der EBU einen ersten Höhepunkt erreichte. Am 21. Dezember 2008 verteidigte der von Ulli Wegner trainierte Schwergewichtler seinen Titel erfolgreich gegen den französischen Herausforderer Johann Duhaupas. Dabei stand Pianeta erstmals über die volle Distanz von zwölf Runden im Ring.

Am 4. April 2009 trat Pianeta in Düsseldorf gegen den erfahrenen Polen Albert Sosnowski an, der von 45 Kämpfen 42 gewonnen hatte. Der Gelsenkirchener schlug sich gut und durfte am Ende dank eines Unentschiedens seinen Gürtel behalten. Am 19. September 2009 besiegte er mit dem Briten Matt Skelton einen weiteren international bekannten Gegner. Ende 2009 wurde bei Pianeta eine Krebserkrankung diagnostiziert, die ihn zu einer langen Pause zwang.

Ein Jahr später kehrte er in den Ring zurück und wechselte im September 2011 zum Magdeburger SES-Boxstall des Promoters Ulf Steinforth, wo ihn fortan Dirk Dzemski trainierte. Bereits einen Monat später trat Pianeta in Brandenburg gegen den US-Amerikaner Robert Hawkins an. In der Folge besiegte der 1,96 Meter große Rechtsausleger mit Ex-Weltmeister Oliver McCall und Francois Botha zwei in die Jahre gekommene, aber dennoch nicht zu unterschätzende namhafte Schwergewichtler.

2. März 2013