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MELDUNG/952: Hattons Rückkehr endet mit einem Debakel (SB)




Viacheslaw Senchenko verdirbt Comeback des Briten

Manny Pacquiao, gegen den Ricky Hatton vor dreieinhalb Jahren seinen letzten Kampf bestritten und durch Knockout in der zweiten Runde verloren hatte, sollte Recht behalten. Er konnte dem Comeback des Briten nach so langer Unterbrechung nichts abgewinnen und warnte im Vorfeld, wie schwierig es sei, sich auch nur nach drei Monaten ohne Trainingslager wieder in Form für einen Kampf zu bringen. Der 34jährige britische Publikumsliebling, den vermutlich Probleme mit seiner Promotionsfirma, die ihren Vertrag mit dem Fernsehsender Sky Sports zu verlieren droht, zur Rückkehr in den Ring bewogen haben, unterlag dem ukrainischen Ex-Weltmeister Viacheslaw Senchenko durch K.o. in der neunten Runde. Ob Hatton, der damit 45 Kämpfe gewonnen und drei verloren hat, nach diesem Debakel einen weiteren Anlauf unternimmt oder die Boxhandschuhe wieder an den Nagel hängt, ist derzeit noch ungewiß.

Wie sich frühzeitig abzeichnete, hatte Hatton mit dem erheblich größeren Ukrainer beträchtliche Probleme, solange sich der Kampf in der Ringmitte abspielte. Drängte er den Gegner jedoch zurück und ging zum Infight über, machte er eine wesentlich bessere Figur. Das sah zunächst nicht schlecht aus, zumal er in der dritten Runde sogar mit einem linken Haken Schlagwirkung erzielte. Allerdings revanchierte sich der Ex-Weltmeister gegen Ende des Durchgangs mit einigen Treffern.

Nach dieser relativ gut verlaufenen ersten Hälfte geriet Hatton zunehmend ins Hintertreffen. Zum einen wurde er beim Versuch, dicht an den Gegner heranzurücken, immer häufiger getroffen. Doch nicht nur das Timing des Briten stimmte an diesem Abend noch nicht, auch seine Kondition ließ zu wünschen übrig. Wenngleich beide Boxer inzwischen deutlich gezeichnet waren, gewann doch der Ukrainer zusehends an Zuversicht, da er spürte, daß seinem Gegner die Ideen ausgegangen waren. Immer wieder lief Hatton regelrecht in die Schläge Senchenkos hinein, während er selbst etliche Luftlöcher schlug.

In der neunten Runde schien es für den Briten endlich wieder besser zu laufen, doch traf ihn kurz vor Ende des Durchgangs plötzlich ein schwerer Leberhaken, der ihn augenblicklich auf die Bretter schickte, wo er ausgezählt wurde. Dieser Ausgang des Kampfs war insofern unglücklich für Hatton, als er zu diesem Zeitpunkt auf den Zetteln der Punktrichter noch knapp in Führung gelegen haben dürfte und im Falle eines passablen Endspurts vielleicht noch gewonnen hätte. Die geplante Revanche gegen den New Yorker Paulie Malignaggi, der inzwischen WBA-Weltmeister im Weltergewicht ist, dürfte nun kein Thema mehr sein.

Tief enttäuscht erklärte Hatton im anschließenden Interview mit Prime Time, er sei der Meinung gewesen, mit vier Runden zu führen. Er habe zweifellos etwas Rost angesetzt, dem Ukrainer aber doch einige Male wehgetan. Seit dem letzten Kampf seien dreieinhalb Jahre vergangen, und mehr als 25 Kilo Gewicht, die er vor dem Comeback verlieren mußte, seien natürlich eine große Belastung gewesen. Er sei der Auffassung, sich gut geschlagen zu haben, da der Ukrainer früher Weltmeister gewesen sei und erst einen Kampf verloren habe. Da ihm daran gelegen habe, einen Titelträger herauszufordern, sei ein Sieg gegen einen so namhaften Gegner wie Senchenko Voraussetzung gewesen. Er sei nun am Boden zerstört und wolle in dieser Situation keine überhastete Entscheidung treffen. Zunächst müsse er ernsthaft über seine nächsten Schritte nachdenken. So solle seine Karriere aber nicht zu Ende gehen, da er es satt habe zu verlieren.

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Martin Murray nun WBA-Interimsweltmeister im Mittelgewicht

Erfolgreicher als das Comeback Ricky Hattons verlief der Auftritt seines ungeschlagenen Landsmanns Martin Murray im Vorprogramm. Der 30 Jahre alte Mittelgewichtler aus Manchester setzte sich gegen den Venezolaner Jorge Navarro in der sechsten Runde entscheidend durch und ist nun Interimsweltmeister der WBA in dieser Gewichtsklasse. Vor elf Monaten hatte der Brite unentschieden gegen Felix Sturm geboxt, wobei sich der damalige Superchampion glücklich schätzen konnte, den Titel behalten zu dürfen. Mit dem Sieg über den bei der WBA an Nummer sieben geführten Navarro verbesserte Murray seine ansehnliche Bilanz auf 25 gewonnene Kämpfe und das besagte Unentschieden.

Der Kampf gegen den 27jährigen Venezolaner hätte zur Freude des Publikums nicht besser beginnen können, da Navarro schon kurz vor Ende der ersten Runde nach einem rechten Haken zu Boden gehen mußte und sich soeben noch in die Pause retten konnte. In den folgenden Durchgängen hielt sich der Lokalmatador zurück, als wolle er Ringpraxis für seinen nächsten Auftritt sammeln, bei dem ein regulärer Weltmeister sein Gegner sein könnte.

Allzu lange wollte sich Murray aber auch nicht mit diesem Kontrahenten aufhalten, der ihm offensichtlich nicht das Wasser reichen konnte. Zwar war der Venezolaner bis dahin in zwölf Profikämpfen ungeschlagen, doch hatte er mit keinem hochklassigen Rivalen im Ring gestanden. Daß der ambitionierte Brite eine Nummer zu groß für ihn war, zeigte sich in der sechsten Runde, als Murray seinen Gegner mit einer Rechten ein zweites Mal auf die Bretter schickte. Als Navarro noch einmal auf die Beine kam und der Kampf freigegeben wurde, setzte der Brite so energisch nach, daß die Ecke des chancenlosen Venezolaners das Handtuch zum Zeichen der Aufgabe warf.

Wie Martin Murray im Interview zufrieden zum besten gab, habe er um die nicht zu unterschätzende Wucht hinter Navarros Schlägen gewußt. Treffer einfangen durfte er also nicht und so habe er nach der Maxime geboxt, Treffer zu landen, das Herz des Gegners zu brechen und die Sache zu Ende zu bringen. Er stehe nun seit Jahresbeginn unablässig im Training und wolle 2013 endlich die großen Kämpfe bekommen. Für den Briten käme ein Duell mit den Weltmeistern Daniel Geale (IBF) oder Gennadi Golowkin (WBA) in Frage, aber auch mit dem weltbesten Mittelgewichtler Sergio Martinez. Auf einen möglichen Kampf gegen den Argentinier angesprochen verkündete Murray wie nicht anders zu erwarten, er scheue keinen Gegner. Er würde sehr gern nach Argentinien reisen, um Martinez zu besiegen.

26. November 2012