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MELDUNG/935: ARD und Sauerland weisen Vorwürfe Firat Arslans zurück (SB)




Promoter dementiert Fehlentscheidung beim Punktsieg Marco Hucks

Als die Punktrichter WBO-Weltmeister Marco Huck nach zwölf turbulenten Runden einstimmig zum Sieger erklärt hatten, herrschte Unmut im Lager des Herausforderers. Dort stand man mit der Auffassung, um den verdienten Sieg gebracht worden zu sein, nicht allein. Viele der 7.000 Zuschauer im Gerry Weber Stadion und wohl auch der 3,36 Millionen bei der ARD sahen den 42jährigen Firat Arslan vorn, der von Anfang bis Ende unbeirrt marschiert war und insgesamt mehr für den Kampf getan hatte. Sein Trainer Dieter Wittmann war live mit den erbosten Worten zu hören: "Statt belohnt zu werden, wurde Firat betrogen." Der unterlegene Herausforderer bezeichnete das Urteil als "eine Schande für die ARD und Sauerland. Ihr seid alle große Betrüger."

Promoter Kalle Sauerland sah sich gezwungen, zu diesen schweren Vorwürfen umgehend Stellung zu nehmen. Wenngleich er mit der Vorstellung Marco Hucks unzufrieden war, verteidigte er das Urteil. Es sei absolut in Ordnung gewesen, nur der italienische Punktrichter habe mit seinem 117:111 "komplett daneben" gelegen. Gegenüber dem Focus [1] wies er die harsche Kritik noch einmal dezidiert zurück: "Uns oder gar die ARD als Betrüger zu bezeichnen, das geht garnicht." Die schweren Vorwürfe des Arslan-Teams seien sehr unprofessionell gewesen. Wer Probleme mit der Wertung habe, solle sich an den Verband wenden. Arslan und sein Trainer hätten sich als schlechte Verlierer erwiesen. Ein Herausforderer müsse nun einmal mehr leisten als der Titelverteidiger, um ihm den Gürtel abzunehmen. Marco Huck habe mit seinem starken Schlußspurt dafür gesorgt, daß es für Firat Arslan einfach nicht mehr reichte. Er erwarte eine schriftliche Entschuldigung, betonte Sauerland, der eigenen Angaben zufolge auch über rechtliche Schritte nachdenkt.

Man habe sich nach dem Trainingslager allerdings mehr von Marco Huck versprochen, der taktisch unklug zu Werke gegangen sei. Hingegen habe Firat Arslan den Kampf seines Lebens geboten. Lege man die Statistik der Schläge und Treffer zugrunde, schneide der Titelverteidiger jedoch in beiden Fällen besser ab. Auch die Experten der Sender ESPN und Boxnation hätten den Weltmeister in Führung gesehen, so Sauerland.

Auch bei der ARD war man natürlich nicht glücklich über die erhobenen Vorwürfe und wies sie entschieden zurück [2]. Wie Sportkoordinator Axel Balkausky erklärte, achte man auf die Unabhängigkeit von Verbänden und Veranstaltern, über die man berichte: "Wir beschweren uns als ARD ja auch nicht nach einer Schiedsrichter-Fehlentscheidung beim DFB." Balkausky betonte zudem, daß dem Sender keine Einflußmöglichkeiten zu Gebote stünden. Komme es zu Fehlurteilen - wobei man geteilter Meinung sein könne, ob das bei Huck gegen Arslan der Fall war -, würden das die Kommentatoren, Moderatoren und Experten ansprechen und bewerten.

Aufmerksam verfolgt haben das Duell zwischen Huck und Arslan auch der ehemalige Europameister Alexander Alexejew und sein Hamburger Promoter Erol Ceylan. Letzterer zeigte sich enttäuscht über die Leistung des Weltmeisters. Es sei fast unglaublich, was er im Fernsehen miterlebt habe. Der Kampf als solcher sei Spitzenklasse gewesen, und Firat habe eine außergewöhnliche Darbietung gegeben. Hingegen sei das Urteil natürlich schwer nachzuvollziehen. Der Herausforderer habe noch einmal unter Beweis gestellt, warum er in der Vergangenheit Champion war. Nach dieser beeindruckenden Energieleistung könne man die erhobenen Vorwürfe verstehen.

Auch Alexejew bezeichnete das Urteil als völlig unverständlich, da Huck seines Erachtens höchstens zwei Runden klar gewonnen habe. "Selbst ein Unentschieden wäre kaum zu vertreten gewesen", meinte der an Nummer zwei der WBO-Rangliste geführte Cruisergewichtler. Er hatte sich im Mai mit einem Unentschieden von Firat Arslan getrennt und dabei mindestens so gut wie Huck ausgesehen. Ceylan sieht seinen Boxer nachträglich rehabilitiert, zumal dieser bei dem damaligen Duell den Ton angegeben, die klareren Treffer erzielt und Arslan in den letzten drei Runden in Bedrängnis gebracht habe. Am liebsten würde Alexejew sofort gegen Huck um den Gürtel kämpfen. Sollte der Berliner jedoch ins Schwergewicht wechseln, wäre ein Kampf gegen Ola Afolabi um den vakanten Titel denkbar.


Fußnoten:

[1] http://www.focus.de/sport/boxen/boxen-huck-siegt-arslan-tobt-kalle-sauerland-arslan-ist-ein-schlechter-verlierer_aid_853499.html

[2] http://www.sueddeutsche.de/sport/boxen-ard-weist-firat-arslans-kritik-zurueck-1.1514070

6. November 2012