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MELDUNG/877: Tritt Stieglitz aus dem Schatten Sturms und Abrahams? (SB)




Vor dem Kampf in Berlin meldet sich auch Felix Sturm zu Wort

Am 25. August verteidigt der 31jährige Robert Stieglitz den Titel der WBO im Supermittelgewicht in Berlin gegen den ein Jahr älteren Herausforderer Arthur Abraham. Im Vorfeld dieses Kampfs hat sich Felix Sturm zu Wort gemeldet, den die WBA als ihren Superchampion im Mittelgewicht führt. Wie der 33jährige ankündigte, möchte er gegen den Sieger des bevorstehenden Duells antreten. Sturm bestreitet eine Woche später am 1. September einen Vereinigungskampf mit IBF-Weltmeister Daniel Geale aus Australien. In den Jahren 2008 und 2009 hatte Abrahams Promoter Wilfried Sauerland dem deutschen Rivalen mehrfach ein Millionenangebot unterbreitet, das Sturms damaliger Promoter Klaus-Peter Kohl jedoch stets abgelehnt und die Offerte als unseriös bezeichnet hatte.

Mit Blick auf den Kampf am Samstag gab Sturm die Prognose ab, daß Robert Stieglitz der komplettere Boxer und schnell auf den Beinen sei. Gehe es über die Runden, sei der Magdeburger sein Favorit. Respekt zeigte der Superchampion aber auch vor Abraham, den er als klassischen Puncher einschätzt. Lasse man gegen ihn die Deckung offen, handle man sich einen Niederschlag ein. Trotz der drei Niederlagen im Supermittelgewicht habe der Berliner seinen Biß nicht verloren und sei immer noch gefährlich. Abraham reagierte auf die überraschende Kampfansage Sturms mit den Worten, er trete jederzeit gegen ihn an. Stieglitz gab sich betont zurückhaltend und fragte: "Wer bitte ist Felix Sturm? Er soll einen Termin mit meinem Management machen."

Inzwischen hat die WBO auch die Offiziellen für den Kampf zwischen Stieglitz und Abraham benannt. Als Punktrichter fungieren Noel Monnet (Frankreich), Roark Young (USA) und Cesar Ramos (Puerto Rico). Ringrichter ist der erfahrene US-Amerikaner Joe Cortez, der allerdings einige Male an umstrittenen Entscheidungen beteiligt war. Seine spektakulärste Fehlentscheidung datiert vom September 2011, als Floyd Mayweather jun. gegen Victor Ortiz gewann. Damals hatte der Referee Ortiz wegen eines absichtlichen Kopfstoßes einen Punkt abgezogen, aber danach nicht eindeutig zu verstehen gegeben, ob der Kampf schon wieder freigegeben war. Mayweather nutzte die Situation aus und schlug Ortiz nieder. Cortez hatte sich in diesem Augenblick abgewendet, da er mit dem Zeitnehmer kommunizierte. Umstritten war auch die Disqualifikation Humberto Sotos im Kampf gegen Francisco Lorenzo. Der Verband WBC weigerte sich, den Sieg Lorenzos anzuerkennen, und ließ Soto ein zweites Mal um den Interimstitel kämpfen. In der Berliner o2 Arena wird WBO-Präsident Francisco Valcarcel persönlich als Supervisor anwesend sein, um angesichts der Bedeutung des Kampfs für einen ordnungsgemäßen Verlauf zu sorgen.

Der 1980 in Jeisk (Rußland) geborene Robert Stieglitz hat sich in der Vergangenheit nicht allein auf seinen Erfolg im Boxring verlassen. Wie er berichtet, sei ihm 2009 vor einem wichtigen Kampf gegen Lukas Wilaschek klar gewesen, daß er sich im Falle einer Niederlage Gedanken über eine andere Arbeit machen müsse. Da er nicht plötzlich mit leeren Händen dastehen wollte, bildete er sich per Fernstudium zum Sportlehrer aus. Das sei zwar neben seiner Laufbahn als Profiboxer sehr anstrengend gewesen, doch habe er dank der Unterstützung vieler Leute auch etwas für seinen Kopf tun können.

Stieglitz, der in den deutschen Medien jahrelang im Schatten Felix Sturms und Arthur Abrahams stand, ist fest entschlossen, seine große Chance zu nutzen. Dem von Dirk Dzemski trainierten Weltmeister aus dem Magdeburger SES-Boxstall Ulf Steinforths fehlte es vor allem an einem großen Fernsehpartner, um sich einem breiteren Publikum zu empfehlen. Mit Abraham als Gegner präsentiert sich Stieglitz zu besten Sendezeit in der ARD, und da der Berliner nach wie vor ein Sympathieträger bei den hiesigen Boxfans ist, könnte ein Sieg dem WBO-Champion den langersehnten Durchbruch in der öffentlichen Wahrnehmung bescheren.

Wie der Titelverteidiger berichtet, habe er zusammen mit seinem Trainer die früheren Auftritte Abrahams sorgfältig analysiert. Der Berliner habe einige Stärken und könne er diese umsetzen, gewinne er. Es seien jedoch nicht viele, was den Herausforderer ausrechenbar mache. Arthur verdiene absoluten Respekt, doch werde er den Ring als Verlierer verlassen. Von seiner Zuversicht abgesehen ist Stieglitz ein Boxer, der eher leise Töne anschlägt. Er habe gelernt nachzudenken, bevor er über irgend etwas spreche oder sich entscheide.

Ursprünglich sollte Robert Stieglitz seinen Titel gegen den wie Abraham bei Sauerland unter Vertrag stehenden Mikkel Kessler verteidigen. Der Däne sagte jedoch mehrmals ab, da er eine andere Option vorzog und statt dessen im Halbschwergewicht gegen Allan Green antrat. Daraufhin wurde George Groves von der WBO zum neuen Pflichtherausforderer ernannt, doch mußte auch der Brite wegen einer Verletzung passen. Unterdessen hatte sich Abraham nach seinem Scheitern im Super-Six-Turnier durch einen Punktsieg über den Polen Piotr Wilczewski so günstig positioniert, daß er nach den Absagen der vor ihm plazierten Kandidaten nachrücken konnte und gegen Stieglitz antreten darf. Wie dieser dazu sagte, respektiere er die Entscheidung des Weltverbands. Arthur habe das Recht, ihn herauszufordern: "Alles andere geht mich nichts an und ist vergessen, wenn ich gewonnen habe."

23. August 2012