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MELDUNG/352: Mit Trainer Emanuel Steward träumt Tyson Fury vom Überflug (SB)



Britischer Aufsteiger nimmt Landsmann David Haye aufs Korn

Nimmt man Emanuel Stewards Äußerung für bare Münze, er arbeite in der gegenwärtigen Phase seiner Trainerlaufbahn nur noch mit Boxern, die wahre Größe erreichen können, darf sich der britische Schwergewichtler Tyson Fury auf die Schulter klopfen. Der legendäre US-Coach hat 41 Weltmeister hervorgebracht und mittlerweile auch ihn unter seine Fittiche genommen, was den in dreizehn Profikämpfen ungeschlagenen Aufsteiger beflügelt, sich voreilig zum Titelaspiranten auszurufen.

Im Interview mit der britischen Zeitung "The Mirror" gab sich Tyson Fury verärgert angesichts der Pläne seines Landsmanns David Haye, der spätestens an seinem 31. Geburtstag am 13. Oktober die Boxhandschuhe an den Nagel hängen will, gleich ob er bis dahin einen der Klitschkos vor die Fäuste bekommen hat oder nicht. Sollte der WBA-Weltmeister diese Ankündigung wahrmachen, könnte Fury nicht mehr gegen ihn antreten und ihm womöglich den Gürtel abnehmen. Er sehe keinen Grund, warum Haye in seinem Alter zurücktreten und dem britischen Boxsport einen richtigen Titelkampf verwehren sollte, übt sich Stewards Schützling in der Rolle des Erzrivalen, der es gar nicht erwarten kann, sich mit dem Champion zu messen und ihn vom Thron zu stoßen.

Was David Haye mit seiner Ankündigung bezweckt, kann man nur vermuten. Die Karriere rechtzeitig zu beenden, bevor sich Langzeitschäden einstellen, wäre eine weise Entscheidung, die freilich den wenigsten Boxern gegeben ist. In der öffentlich vorgetragenen Lebensplanung des Briten schwang stets der Unterton mit, er habe es weder nötig noch vor, sich wie viele seiner Konkurrenten trotz nachlassender Fähigkeiten immer wieder in den Ring zu stellen. Im Kern handelte es sich um eine Kampfansage an die Klitschkos, bei der Haye sein eigenes Zögern, gegen die Ukrainer anzutreten, auf den Kopf stellte und erklärte, die beiden müßten sich beeilen, wenn sie noch mit ihm kämpfen wollten. Möglicherweise hat sich der Londoner mit dem vorab festgelegten Zeitpunkt seines Rücktritts sogar gezielt eine Hintertür offengehalten, um den Klitschkos aus dem Weg zu gehen, ohne das Gesicht zu verlieren. Vielleicht kommt aber auch alles ganz anders und Haye läßt sich bitten oder drängen, dem Boxsport auch über seinen Geburtstag hinaus erhalten zu bleiben.

Unterdessen machen Gerüchte die Runde, wonach die Verhandlungen zwischen Wladimir Klitschko und David Haye bereits sehr weit fortgeschritten sein sollen. Der Streit um die Aufteilung der Börse sei mittlerweile beigelegt, so daß man nur noch Ort und Datum des Kampfs festlegen müsse. Das hört sich recht einfach an, ist aber durchaus kompliziert, da beide Haussender einen für sie geeigneten Termin finden und ihre Vorstellungen miteinander abstimmen müssen, wobei die Optionen von Sky Sports dem Vernehmen nach wesentlich beschränkter als die von RTL sind.

Als möglicher Zeitpunkt ist demnach der 30. April oder ein Termin im Mai am wahrscheinlichsten, während hinter dem Austragungsort noch ein großes Fragezeichen steht. Beide Lager stehen mit verschiedenen Arenen in Verhandlungen, wobei ungewiß ist, ob das beste Angebot aus Deutschland, England oder den USA kommt. Im Umfeld Klitschkos ist man jedenfalls guten Mutes, daß dieser seit langem geforderte Kampf der Weltmeister endlich über die Bühne geht. Während der Ukrainer mit der Trophäe der WBA auch den letzten der vier maßgeblichen Titel in Familienbesitz bringen möchte, könnte David Haye endlich den Beweis antreten, daß seine boxerischen Qualitäten auch gegen Klitschko mit der Größe seines Mundwerks Schritt halten.

4. Januar 2011