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MELDUNG/076: Literaturhinweis - Johannes Daniel Falk, Pionier der Jugendsozialarbeit (idw)


Friedrich-Schiller-Universität Jena - 15.07.2016

Pionier der Jugendsozialarbeit

Ralf Koerrenz und Michael Haspel von der Universität Jena edieren Publikation "Johannes Daniel Falk - Impulse für Pädagogik, Diakonie und Sozialpolitik"


Er war einer der größten Wohltäter in der Weimarer Geschichte, verkehrte mit Goethe, Herder, Wieland und war im klassischen Weimar stets in der zweiten Reihe präsent. Dennoch ist der Schriftsteller, Pädagoge, evangelische Theologe und Pionier der Jugendsozialarbeit Johannes Daniel Falk (1768-1826), Schöpfer des Weihnachtsliedes "Oh Du fröhliche...", heute allgemein nur wenig bekannt. Das könnte sich mit dem rechtzeitig vor dem 500. Reformationsjubiläum erschienenen Band "Johannes Daniel Falk - Impulse für Pädagogik, Diakonie und Sozialpolitik" ändern. Herausgegeben wurde er von Prof. Dr. Dr. Ralf Koerrenz und Prof. Dr. Michael Haspel - Koerrenz ist Professor für Historische Pädagogik und Globale Bildung der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU), Haspel ist Direktor der Evangelischen Akademie Thüringen und außerplanmäßiger Professor für Systematische Theologie der FSU. Sie setzen damit die langjährige interdisziplinäre, fakultätsübergreifende und durch verschiedene Vernetzungen etablierte Kooperation der Bereiche Theologie und Pädagogik an der Jenaer Universität fort.


Vom Sozialanalytiker zum Sozialpraktiker

Die Publikation vereint zehn Beiträge renommierter deutscher Wissenschaftler. Einige der Texte gehen zurück auf eine Tagung zum 200. Jubiläum der "Gesellschaft der Freunde in der Not", die Falk 1813 gemeinsam mit dem Stiftsprediger Karl-Friedrich Horn in Weimar gegründet hatte. Ergänzt wurden diese Texte um im Kontext des Falk-Jahres 2013 entstandene Studien. Anliegen des Bandes sei es, "Falk einerseits aus der unverdienten Vergessenheit zu holen und andererseits die Interpretationen um kritische und differenzierte Perspektiven zu ergänzen, um so mehr über, aber auch von Falk zu lernen", machen die Herausgeber in ihrem einleitenden Text deutlich. Dabei ziehe sich die sehr spannende Entwicklung Falks vom Sozialanalytiker, über den vielfach bissigen Literaten bis zum Sozialpraktiker wie ein roter Faden durch das Buch. Es ordnet Falks Leben und Werk in den historischen Kontext ein, spürt seinen theologischen Orientierungen nach, zeigt pädagogische Perspektiven und sozialpolitische Impulse auf. "Ungeachtet der Tatsache, dass es in den Archiven immer noch einiges zu entdecken gibt, dokumentiert diese Edition den aktuellen wissenschaftlichen Stand der Falk-Forschung", unterstreicht Prof. Koerrenz, ebenso Theologe und Pädagoge wie Falk.

Als Sohn eines Perückenmachers in einem frommen Danziger Elternhaus geboren, ermöglichte ein Stipendium Johann Daniel Falk ab 1787 ein Theologiestudium in Halle, das er jedoch nicht abschließen konnte. Er ließ sich als Privatlehrer, Gelehrter und Literat in Weimar nieder, gab u. a. das "Taschenbuch für Freunde des Scherzes und der Satyre" heraus, schrieb Gedichte und bissige Satiren sowie Arbeiten über Luther und Goethe.


Falks Pädagogik folgt dem Prinzip des Vorlebens

Von den Schrecken des Napoleonischen Krieges selbst hart getroffen, öffnete Falk sein Haus für Kinder und Jugendliche, die durch die Kriegswirren eltern- und heimatlos geworden waren. Das als Falksches Institut bekannt gewordene Rettungshaus wurde von privaten Spenden getragen. Die jungen Leute wurden bei Handwerksmeistern praktisch ausgebildet und lernten in der eigens eingerichteten Sonntagsschule. Das sei eine Reaktion auf die veränderten Verhältnisse gewesen, um vor dem Hintergrund gleicher Rechte für alle Menschen auch diesen Kindern und Jugendlichen eine Chance zu geben, betont Prof. Koerrenz, der seit 17 Jahren zu Johann Daniel Falk forscht. Die Pädagogik Falks habe nach dem Prinzip des Vorlebens in gestalteten Strukturen funktioniert. "Falk war sehr modern, hat damals schon in Netzwerkstrukturen gedacht und den Grundstein für das gelegt, was wir heute als duale Berufsausbildung bezeichnen. Er wollte keine Armenfürsorge, sondern die Integration der jungen Menschen in die Gesellschaft, damit sie über das Lernen ihren eigenen Lebensweg finden. Das kann als Beginn der Jugendsozialarbeit und als einer der Gründungsimpulse der Diakonie angesehen werden", resümiert der Jenaer Wissenschaftler.


Bibliographische Angaben:
Ralf Koerrenz/Michael Haspel (Hg.):
Johannes Daniel Falk - Impulse für Pädagogik, Diakonie und Sozialpolitik;
Evangelische Akademie Thüringen und Wartburg-Verlag GmbH 2016;
268 Seiten; 14 Euro; ISBN 978-3-86160-271-2


Weitere Informationen unter:
http://www.uni-jena.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution23

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Uschi Lenk, 15.07.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Juli 2016

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