Schattenblick → INFOPOOL → SCHACH UND SPIELE → SCHACH


SCHACH-SPHINX/06507: Geschöpfe ehrlosester Gesinnung (SB)


Ja, wir gestehen es ein. Schach ist ein gewalttätiger Sport. Schon der surrealistische Maler Marcel Duchamp sah in allen Schachspielern Künstler mit einem perfiden Hang zum rigoros Kämpferischen. Er wußte durchaus, wovon er sprach. Schließlich war er 1930 bei der Schacholympiade in Hamburg neben Alexander Aljechin Mitglied der französischen Mannschaft gewesen. Wer einmal das grauenhafte Vergnügen hatte, durch einen Turniersaal zu schreiten, der wird wohl auch die Atmosphäre kaltblütigen Grimmes mit bleicher Nase in sich eingesogen und die giftig-dünnen Blicke auf den Gesichtern der Brütenden gesehen haben, wie sie in Gedanken Intrigen, bösartige Ränke, Mordpläne der schlimmsten Art schmiedeten. Ja, Mord, Mord, Mord schrie es stumm aus ihren Lippen heraus. Was für eine gemeine Gattung und Geschöpfe von ehrlosester Gesinnung hatten sich hier nur versammelt. Nicht einmal vor einer Dame machte ihr blinder Ehrgeiz halt. Ohne mit der Wimper zu zucken, wird die treue Gemahlin dem Tod überantwortet. Und dann, als der Höhepunkt perfider Lust seinem Höhepunkt entgegenschwillt, hört man die endgültige Worte - - - Schachmatt, der König ist tot! Ja, wir gestehen es ein. Schachspieler sind gewalttätige Menschen. Auch im heutigen Rätsel der Sphinx geht es einem Monarchen zu Leibe, und die Boten des Untergangs sind die beiden schwarzen Bauern auf e4 und f4. Vollstrecker der Bluttat wird allerdings der schwarzfeldrige Damenläufer sein, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/06507: Geschöpfe ehrlosester Gesinnung (SB)

Ismailow - Waiser
UdSSR 1976

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Schachfreund Hennings sah wohl voraus, daß er seine Entwicklung baldigst abschließen mußte, um nicht in große Schwierigkeiten zu geraten. Also forcierte er die Ereignisse mit 1.Lf1-b5! a6xb5 2.a4xb5. Zieht der Turm, so erobert er die Figur mit Vorteil und Bauernzins zurück. Schachfreund Lorenz konterte daher verwegen mit 2...Sa5-c4 3.b5xc6 Sc4xe3 4.f2xe3 Dg5xg2 5.Th1-f1 Le6-c4?, was jedoch eine Fehlkalkulation war, denn nach 6.Dd1-f3 mußte er bereits kapitulieren, weil sowohl 6...Dg2xb2 als auch 6...Lc4xf1 an 7.Ta1-a8+ gescheitert wären. 6...Dg2xf1+ 7.Df3xf1 Lc4xf1 ging natürlich nicht wegen 8.c6xb7! Das Denken scheint eine recht launische Angelegenheit zu sein. Wohl dem, der Fortunas Lächeln erntet!


Erstveröffentlichung am 21. März 2005

17. März 2018


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang