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SCHACH-SPHINX/06281: In die Gedanken hineinhorchend (SB)


Bedauerlicherweise sperrt der Hirnkasten die Gedanken und Pläne eines Schachspielers vor seiner Umwelt ab. So läßt sich allenfalls erraten, welche Einfälle in einer komplizierten Stellung das Grübeln des Spielers umschleichen. Was für einen Laien wie Böhmische Wälder anmutet, das reift vor dem Auge des Meisters zu einem nach und nach immer konkreter werdenden Plan aus. Im heutigen Rätsel der Sphinx hatte der in Ellwangen wohnhafte Widenmann in einer Fernpartie mit den weißen Steinen gegen seinen Kontrahenten Gilde aus Sottrum eine etwas bessere Stellung erwirtschaftet. Die Eröffnung war abgeschlossen, nun stand er im dichten Wald der zahlreichen Wege und Abzweigungen und mußte einen Plan fassen. Hören wir einfach in seine Gedankengänge hinein: "Weiß plant folgendes Vorgehen: 1.) den schlechten weißen Läufer gegen einen Springer abzutauschen, 2.) einen Springer gegen einen Springer abzutauschen, 3.) eventuell einen Springer oder Läufer gegen den schwarzfeldrigen Läufer abzutauschen, um dann mit den Bauern auf dem Damenflügel vorzugehen, die b-Linie zu öffnen und mit den Türmen einzudringen. Dabei ist ein schwarzer Gegenangriff auf dem Königsflügel mit eben ausreichenden Kräften zu verteidigen." Kurzum: Abtausch, Öffnung und Angriff und die notwendige Aufmerksamkeit für die Abwehr eines möglichen Konters! Als Laie hegt man die woher auch immer herrührende Vorstellung, im Kopf eines Schachspielers müßten tausend Variantenketten und Wirbelstürme an Zügen toben. Das Umgekehrte scheint der Fall zu sein. Reduktion auf einfache, nachvollziehbare Schritte im Erfassen strategischer Zielsetzungen, mehr bedarf es offenbar nicht, um komplexen Positionen das Gift der Undurchschaubarkeit zu nehmen. Also, Wanderer, kannst du dir vorstellen, wie die Partie verlief, nun, nachdem der Plan ausgeplaudert wurde?



SCHACH-SPHINX/06281: In die Gedanken hineinhorchend (SB)

Widenmann - Gilde
Fernpartie 1981

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
1...Kd8-e7 hätte Weiß nach 2.Lf7-b3 Ta8-d8 3.Dd1-g1 oder 2...e3xf2 3.Dd1-e2 noch einiges Gegenspiel überlassen. Daher wählte der schwedische Fernschachmeister Krantz die Fortsetzung 1...Kd8-c7!, wohlwissend, daß Weiß nach 2.f2xe3 Se5xf7 3.Dd1-g4 Sf7-d6 hätte aufgeben können. Sein österreichischer Kontrahent Niedermayr suchte sein Heil daher in der Fortsetzung 2.Lf7-d5 e3xf2 3.Dd1-e2 Ta8-d8 und beging nun in ohnehin verlorener Stellung den Fehler 4.Ld5-c4? Td8-d6! und aus wegen 5.De2xf2 Se5xc4 6.Df2-c5+ Td6-c6. Doch auch nach dem "besseren" 4.c3-c4 Th8-e8 5.De2xf2 Kc7-b8 stünde er verloren.


Erstveröffentlichung am 09. August 2004

03. August 2017


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