George Koltanowski war 1903 als Belgier auf die Welt gekommen, siedelte später jedoch nach Amerika aus und machte fortan im Zeichen des Sternenbanners von sich reden. Als Schachjournalist erwarb er sich jedoch größere Ehren als auf dem karierten Brett. Eine besondere Begabung allerdings ließ ihn auch in Schachkreisen zu Ruhm kommen. So konnte er in Edinburgh 1937 gleichzeitig in 35 Partien ohne Ansicht des Brettes gegen starke Amateure 24 Siege erringen, wobei er zehnmal remisierte und nur eine Partie verlor. Ein Mißgeschick, wie er hinterher beteuerte. Seine einzigartige Gedächtnisleistung ließ auch im hohen Alter nicht nach. Jahrzehnte später, sein Haar war längst ergraut und er hatte bereits 82 Lenze hinter sich, trat er erneut als Blindspieler in Erscheinung. Da auch dem Alter Respekt gebührt, standen Koltanowski im kalifornischen Belvedere an jenem Märztag des Jahres 1986 diesmal fünf Amateure gegenüber. Indes, ein Grund, die Kraftprobe zu scheuen, bestand nicht. Nicht in einer einzigen Partie mußte er sich geschlagen geben, gewann viermal und schlug einmal ins Remis ein. Im heutigen Rätsel der Sphinx konnte er seinem "sehenden" Kontrahenten Heifetz eine Lektion in guter Angriffsführung erteilen. Mit welchem Manöver erzwang der "blinde" Meister die Kapitulation, Wanderer?
Koltanowski - Heifetz
Belvedere 1986
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Ach, wäre Seirawan doch bei seinen französischen und Caro-Kann-
Kapitalanlagen geblieben. Die Bankrotterklärung auf der Börse des
Königsgambits wäre ihm dann erspart geblieben. Nach 7...Dd8-e7? konnte
sein Kontrahent Boris Spasski, ohnehin ein alter Königsritter, mit
8.Ke1-f2!! bereits in der Eröffnungsphase entscheidend in Vorteil
kommen. Der Raub des Springers wäre Seirawan teuer gekommen:
8...De7xe4 9.Lf1-b5+ Ke8-d8 10.Th1-e1 und wegen des drohenden Matts
auf e8 hätte seine Dame über die Klinge springen müssen. Über dem Rest
der Partie sei gnädigst der Mantel des Schweigens gehüllt.
Erstveröffentlichung am 08. Mai 2004
2. Mai 2017
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