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SCHACH-SPHINX/06123: Arabische Anekdoten IV (SB)


In den frühen ungesitteten Zeiten des Schachspiels ging es zuweilen recht blutig zu, sowohl in Europa als auch in Arabien. Das Schwert war schnell bei der Hand und ein Menschenleben zählte nicht viel. Bei den Kalifengeschichten weiß man nie so recht, wieviel davon Wahrheit und wieviel Dichtung ist. Über eines geben sie jedoch in aller Rechtschaffenheit bescheid, nämlich daß das Schach mit großer Ernsthaftigkeit betrieben wurde. Der Kalif Walid I. war bekannt für seine Grausamkeit. Unnachgiebig verfolgte er die Feinde seines Glaubens und alle, die sich seinem Machtanspruch nicht beugten. Um sich herum wollte er nur Leute seines Vertrauens wissen. Wer sich ihm nicht redlich näherte, auf den fiel der Schatten seines Argwohns. Nun begab es sich, daß er, als er eines Tages mit einem seiner Höflinge Schach spielte, bemerkte, wie dieser absichtlich schwächere Züge machte, um seinen Kalifen im Falle eines Sieges nicht zu erzürnen. Nun war Heuchelei Walid mehr als alles andere verhaßt. Als der Höfling auch noch anfing, der Schachkunst seines Kalifen zu schmeicheln, packte Walid die Wut. Erbost griff er seine Dame, die bei den Arabern "fers", der Wesir, genannt wurde und schlug sie dem Höfling mit solcher Wucht auf den Schädel, daß dieser noch zur selben Stunde an der Verwundung starb. Ein Glück für Meister Parma, daß er nicht gegen den Kalifen spielte, denn dieser hätte sonst annehmen müssen, daß sich der weiße König absichtlich in eine Mattposition gebracht hatte. Nun, Wanderer, im heutigen Rätsel der Sphinx bezahlt man nicht mit Blut, und außerdem läßt sich mit einer Schachdame Besseres anfangen, als Schädel zu spalten.



SCHACH-SPHINX/06123: Arabische Anekdoten IV (SB)

Parma - Bielicki
Basel 1959

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Trotzdem der weiße König in argen Schwierigkeiten steckte, ging es seinem Gegenkönig zuerst an den Kragen: 1.Dd7xg7+!! Kg8xg7 2.Lg5-d8+! Kg7-h8 3.Tg3-g8+ Tf8xg8 4.Ld8-f6+ Tg8-g7 5.Lf6xg7+ Kh8-g8 6.Lg7xd4+ Kg8-f7 7.Tg1-f1+ Kf7-e7 8.Ld4xb2 und Schwarz gab wegen akuter Materialnot auf.


Erstveröffentlichung am 06. März 2004

26. Februar 2017


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