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SCHACH-SPHINX/06000: Narren der Raffgier (SB)



Der schlimmste Verrat ist die Habgier. Nie gibt man, ohne den Gegenwert des Nehmens fest ins Auge zu fassen. Jedes Staubkorn wird so zum beherrschenden Universum im Kopf des Buchhalters im Menschen. Skrupel, dem Materiellen einen unermeßlichen Stellenwert im Gefüge seines Denkens einzuordnen, beschleichen ihn selten. Mur dann, wenn der Gewinn nicht zu Buche schlägt, sondern vielmehr zum Stolperstein wird für die eigene Niederlage. Möglicherweise geben im Leben wie auch im Schachspiel andere Kräfte den Ausschlag als der primitiv atavistische Griff nach dem Besitz. "Zustand", so belehrte schon Goethe alle Narren der Raffgier, "ist ein albernes Wort; weil nichts steht und alles beweglich ist". Meister Taimanow hatte seinen Goethe jedoch nicht gelesen, und so verschlang er im heutigen Rätsel der Sphinx nach dem letzten weißen Zug 1.h2-h4 in blinder Rage mit 1...Dg5xg2? den mickrigen weißen g-Bauern. Daß er seine Dame damit auf ein ungedecktes Feld stellte, während 1...Dg5-g4! die Balance der Stellung gehalten hätte, begriff er erst nach dem starken Antwortzug Cholmows. Nun, Wanderer, wie rächte sich die Lust am Raub am Räuber selbst?


SCHACH-SPHINX/06000: Narren der Raffgier (SB)

Cholmow - Taimanow
Leningrad 1967

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Man muß das Überflüssige eben mit dem Reibeisen bearbeiten: 1.f6-f7! Tf8xf7 2.Tf1xf7 De8xf7 3.Dg5-e5+ Df7-g7 4.De5-b8+! Le6-g8 5.Db8xg8+! Dg7xg8 6.Se7xg8 und plötzlich glänzt das Metall hell auf. Auf 6...Kh8xg8 geht der weiße Bauern mit 7.c5-c6 in eine neue Dame. Also spielte Meister Kavalek, ohne zu überlegen, 6...b5-b4. Doch der Weg des schwarzen Freibauern war lang, länger als der des weißen Springers nach 7.Sg8-f6!


Erstveröffentlichung am 04. November 2003

26. Oktober 2016


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